Thomas Frankl | „Ich sehe alles vor mir“ | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen II.

„Ich sehe alles vor mir und ich will es nicht vergessen. Meine Freunde und meine Frau Inge raten mir, dass ich damit aufhören soll an diese schrecklichen Zeiten des Holocaust zu denken. Aber ich will das nicht, ich empfinde es als meine Pflicht, darüber zu sprechen“, sagt Thomas Frankl im Gespräch für das Volksgruppenmagazin.

On demand | Rádio Dia:tón | 1.4.2019

Thomas Frankl und Familie

Thomas Frankl

Rádio Dia:tón | "Frankl | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen II.“ | 1.4.2019 | um 21:40 Uhr | Rádio Burgenland livestream

In der zweiten Sendung der Reihe „Thomas Frankl | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen“ spricht der Zeitzeuge Thomas Frankl über sein Aufwachsen in der jüdischen Kultur in einem vielseitigen Bratislava der Zwischenkriegszeit, das ab 1939 vom Erwachen der düstersten gesellschaftspolitischen Strömungen der Menschheit dunkel gefärbt wurde.

„Als Kinder haben uns viele gern gehabt. Ich hatte immer eine Pullmankappe auf und meine Schwester hatte dunkelblonde Zöpfe. Als wir in der Synagoge waren, war es immer sehr angenehm. Denn wir alle kannten einander. Wir waren in einer Gemeinschaft. Damals lernte ich noch in der Schule, aber als wir verfolgt wurden, etwa 1942, durften wir die Schule nicht mehr besuchen. Das war, als Hitler Russland überfiel“, erzählt der Zeitzeuge.

Thomas Frankl und Familie

Thomas Frankl

Thomas Frankl mit seiner Mutter René

Die Erinnerungen schwer im Herzen tragend, erinnert sich Thomas Frankl an die in schwarz getränkte Zeit, die einer unbeschwerten Kindheit gehören sollte: „Wir wohnten dann in der Wiesnerová, dann bekamen wir eine Kündigung, dass jüdische Bürger dort nicht wohnen dürfen, sondern wir mussten in die Ventúrská in die Altstadt ziehen. Gegenüber siedelte die Deutsche Jugend, immer Sonntags gingen die Jungen Leute also mit Trommeln und Trompeten an uns vorbei. Einer von ihnen sagte zu mir: ‚Verschwinde, du stinkender Jude‘. Der Zutritt in bestimme Restaurants und das Setzen auf Parkbänke im Park waren verboten. Dort waren Schilder ‚Juden dürfen hier nicht sitzen‘ und ich sah auch einige Geschäfte auf denen in Deutsch und Slowakisch stand: ‚Der Zutritt ist für Juden und Hunde verboten‘. Das hat mich wirklich überrascht, denn bis dahin lebten wir alle gemeinsam, egal welcher Glaubensrichtung.“

Jüdisches Bratislava | Thomas Frankl

ORF | yvonne strujic-erdost

Thomas Frankl vor seinem alten zu Hause in der Bratislaver Altstadt. Von hier wurde die Familie Frankl 1944 von der Gestapo abgeführt

Hören sie den zweiten Teil der Sendereihe „Thomas Frankl | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen“. In der kommenden Woche begibt sich Thomas Frankl abermals auf den Weg zurück Kriegsjahre ab 1939, die ihm seine geliebte Geburtsstadt zum grausamen Gegner machten.

Text in Slowakisch
Thomas Frankl | Povinnosť rozprávať o tom | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen II.

Thomas Frankl | Životné dielo proti zabudnutiu I.
Thomas Frankl | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen I.