Thomas Frankl | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen I.

„Ich sehe alles vor mir und ich will es nicht vergessen. Meine Freunde und meine Frau Inge raten mir, dass ich damit aufhören soll an diese schrecklichen Zeiten des Holocaust zu denken. Aber ich will das nicht, ich empfinde es als meine Pflicht, darüber zu sprechen“, sagt Thomas Frankl im Interview für das ORF Volksgruppenmagazín.

On demand | Rádio Dia:tón | "Frankl | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen“ | 25.3.2019

Rádio Dia:tón widmet sich im Gedenkjahr 1939 dem Dokument eines Mannes, dessen Kindheitsjahre vom Erwachen der düstersten gesellschaftspolitischen Strömungen der Menschheit geprägt war. Thomas Frankl wurde in ein Pressburg der 1930erJahre hineingeboren, das noch reich an Kulturen- und Sprachenvielfalt war.

Thomas Frankl

Thomas Frankl

Adolf Frankl mit seinen Kindern Erika und Thomas

Es war an einem lauen Herbstabend 1944, an dem der damals 10 jährige Thomas Frankl mit seiner Familie aus ihrer Wohnung in Pressburger Innenstadt von den Nationalsozialisten abgeführt wurde. Ein Trauma, das den Sohn des Konzentrationslagerüberlebenden und Künstlers Adolf Frankl selbst heute, im fortgeschrittenen Alter, vor Trauer beben lässt.

„Der Großteil meiner Familie ist in Bratislava geboren, das waren also alte ‚Preßburger‘. Mein verstorbener Vater ist 1903 in Bratislava geboren. Er bekam den Namen Adolf. Auch wenn der Name später, wegen Hitler nicht ganz angenehm war, behielt er ihn bei, aber alle nannten ihn ‚Dolfi‘. Meine Mama ist Renata, oder René Franklová, geboren Nachmias, sie ist 1914 geboren. Meine beiden Elternteile stammen aus großen Familien mit jüdischem Glaubensbekenntnis, ich kann sagen, dass sie nicht sehr religiös waren, die hielten zwar die Feiertage ein, waren aber nicht ultraorthodox“, erzählt der Zeitzeuge.

Thomas Frankl

Thomas Frankl

Liebevoll gestaltetes Familienalbum der Familie Frankl

Der Rassenwahn rechter Ideologien, Neid und Sündenbockdenken als dunkle Schleier über einem jungen Leben. Thomas Frankl war ein Kind, als die Nationalsozialisten ihm seine Träume, zusammen mit seinem Vertrauen in das Leben raubten. Im Neste einer liebenden Familie wurde er Zeuge eines unmenschlichen Aufruhrs in der Pressburger Öffentlichkeit, wie sie die Welt bislang nicht kannte.

1934 hielten René und Adolf Frankl in ihrem Haus in der Innenstadt Pressburgs das erste Kind Thomas in den Händen. Ein liebevolles Aufwachsen im Kreise der Familie in der ehemaligen monarchistischen Krönungshauptstadt sollte ihn erwarten. "Ich denke, meine Eltern waren nicht streng, weil sie sich freuten, dass ich auf die Welt kam und wir waren eine große Familie. 40-50 von uns kamen später in Folge der Verfolgung ums Leben.

Thomas Frankl

Thomas Frankl

Eltern Adolf und Renata Frankl mit ihrem Sohn Tommy

Ich erinnere mich auch an meine Spielsachen. Wie einen Hahn, der bewegte sich, wenn ich ihn zog. Dann hatte ich noch ein Schaukelpferd und einen Ball. Wir gingen auch regelmäßig schwimmen, sie nahmen mich oft ins ‚Grösslingbad‘ in Bratislava mit. Und auch in den Bädern Trenčianske Teplice und Piešťany waren wir oft. In Trenčianske Teplice war ein großer Frosch aus Plastik, oder Holz. Ich war als Kind sehr dunkel, hatte ganz schwarze Haare. Als ich auf die Welt kam, sagten viele, dass ich wie ein Kind aus Afrika aussehe, so dunkel war ich und langhaarig", erinnert sich Frankl.

Thomas Frankls Mutter Rene Franklová lernte Anglistik und Deutsch an der Sprach-Universität „Na Palisadoch“, sein Vater Adolf studierte Malerei und Kunst unter bekannten Lehrern wie Malý, Fulla, Reichenthal. Die junge Familie Frankl betrieb wie auch die Großeltern schon, ein Textiliengeschäft.

Rádio Dia:tón | "Frankl | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen“ | 25.3.2019 | um 21:40 Uhr | Rádio Burgenland livestream

"Es sollte normal sein, aber ich sage, warum ich es nicht gerne höre, weil in den 1940er Jahren in der Zeit der Verfolgung, der Verbote für jüdische Bürger, da beschimpften sie mich als ‚Jude‘, sie bespuckten mich, oder schickten mich weg vom Gehsteig, ich sollte auf der Strasse gehen. Daran erinnere ich mich wenn ich das Wort ‚Jude‘ höre und deshalb höre ich es nicht gerne. Für mich hat es einen sehr negativen Beigeschmack.

Thomas Frankl

Thomas Frankl

Historisches Dokument aus der NS Zeit, Auflistung der Hausbewohner

In Bratislava waren damals aber viele Bürger mit deutschem und ungarischem Hintergrund. In unserem Haus lebten auch mehrere Kulturen und Religionen miteinander. Es gab keine Unterschiede. Mein Vater spielte mit ihnen Karten. Das war eine ganz andere Welt. Ich finde es wichtig, dass wir gemeinsam leben, nicht trennen, keine Kastenbildung, jüdisch, Moslem, oder so. Ich weiß, dass in jedem Land, in jeder Kultur, in jeder Religion es gute Menschen gibt, aber auch schlechte", mahnt Frankl.

Das und mehr hören sie im ersten Teil der Sendereihe „Frankl | Ein Lebenswerk gegen das Vergessen“, heute am 25.3.2019 | um 21:40 Uhr in Radio Burgenland. In der kommenden Woche erinnert sich Thomas Frankl schmerzhaft an die Kriegsjahre ab 1939, die ihm seine geliebte Geburtsstadt zum grausamen Gegner machten.

Das TV Magazin České Ozvěny | Slovenské Ozveny berichtet am 14. April um 13:05 Uhr auf ORF 2 Wien ausführlich über Thomas Frankl und seine Familienhistorie.

Frankl | Životné dielo proti zabudnutiu I.