Ruža Nikolić-Lakatos | Lovarica, Sängerin und Botschafterin ihres Volkes

Der Lovarica Ruža Nikolić-Lakatos ist es zu verdanken, das Liedergut der Lovara von UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt wurde. Das war November 2011, als Ruža die offizielle Urkunde im Wiener Traditionscafe Weimar übernahm. Die aktuellen Sendungen Roma sam sind dieser außergewöhnlichen Frau gewidmet.

On demand | Roma sam | 20.8.2018

Ruža Nikolić-Lakatos

Ruža Nikolić-Lakatos

Roma sam | 20.8.2018 | 20:50 Uhr | Radio Burgenland livestream

Das Leben der Lovarica Ruža Nikolić-Lakatos begann 1945 und direkt mit Verfolgung, Konzentrationslager und Tod konfrontiert. Durch Zufall blieb sie am Leben und wuchs in Pápa, einer Kleinstadt in der Nähe von Győr, auf. Als Ruža elf Jahre alt war, kam es zum Ungarn-Aufstand 1956 und sie erinnert sich:

Rusza Nikolić-Lakatos

Rusza Nikolić-Lakatos

„Vorher haben sie die ganzen Zigeunermänner auf die Polizeistation mitgenommen, weil sie damals bei dem Aufstand mitgemacht haben. Wir haben schon gedacht, die werden alle erschossen. Mein Vater dachte, vielleicht bringen sie uns um, wie in der Hitlerzeit, und so sind wir über die Grenze nach Österreich. Wir waren politische Flüchtlinge, wir sind als solche hier anerkannt worden. (...) Wie wir über die Grenze gekommen sind, darüber weiß ich nur noch, dass uns Leute empfangen haben. Sie haben Essen ausgeteilt und uns Kleider gegeben. Als nächstes kamen wir in ein Barackenlager für Flüchtlinge in Wörgl (Tirol). Alle waren behilflich. (...) So sind wir von Wörgl dann wieder zurück, und die Tante in Wien hat uns aufgenommen, im 21. Bezirk.“

Es ergab sich die Möglichkeit, einen Wohnwagen am Ringelseeplatz zu mieten, der damals als Wohnstätte vieler ungarischer, aber auch österreichischer Roma diente. Dort lernte sie ihren späteren Mann Mišo Nikolić kennen.

Ruža wuchs in einer traditionellen Lovara-Familie auf. Die verschiedenen Bräuche, die mündliche Erzählkultur und vor allem Musik und Tanz bildeten einen zentralen Bestandteil des Alltagslebens. Ružas Vater erlangte als Erzähler lokale Berühmtheit und zog die Kinder und Jugendlichen der ganzen Umgebung an. Alle Familienmitglieder waren außerordentlich musikalisch. Ruža und ihren Bruder Fasoš zeichnete jedoch ein besonderes Talent aus.

Ursula Hemetek und Ruza Nikolic-Lakatos

Lisl Waltner

Ursula Hemetek | Ruža Nikolić-Lakatos

Ein Wendepunkt im Leben der Sängerin Ruža Nikolić-Lakatos war ein Treffen mit der Musikethnologin Ursula Hemetek. Sie hatte von Mozes Heinschink bereits viel über das außergewöhnliche Talent und Repertoire der jungen österreichischen Lovarica gehört und wollte sie überreden, an einer öffentlichen Veranstaltung teilzunehmen und ein oder zwei traditionelle Lieder vorzutragen. Ruža lehnte ab, besuchte jedoch zusammen mit ihrem Mann und ihren Kindern das Konzert. Mišo Nikolić beschreibt in seiner Autobiographie „Landfahrer“, dass Ruža bei der Veranstaltung nachgab und doch ein Lied sang. „Als das Lied zu Ende war, tobte das Publikum. Die klatschten und trampelten mit den Füßen und verlangten von Ruža schreiend eine Zugabe. (...) An diesem Tag fingen wir an, auch für Nicht-Roma zu singen und zu spielen,“ erzählt Mišo Nikolić.

Zusammen mit ihren Söhnen Mischa und Sascha bildeten sie das Ensemble „Ruža Nikolić-Lakatos and The Gypsy Family“, und Ruža wurde zur berühmtesten Roma-Sängerin des Landes. Sie schafften mit ihrer Musik und ihrem Bekanntheitsgrad Bewusstsein für die Roma und tragen darüber hinaus wesentlich dazu bei, dass das traditionelle Lovara-Liedgut nicht in Vergessenheit gerät. „So ist meine Frau Ruža zu einer Botschafterin ihres Volkes geworden. Mit ihrer Stimme fasziniert sie das Publikum, sie strahlt aus von der Bühne und beschenkt jeden Zuhörer mit ihren Liedern“, beschrieb damals ihr Mann Mišo Nikolić.

Durch die Sendung führt Susanne Horvath.