2. August | Gedenken an Roma 
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ORF | Yvonne Erdost
ORF | Yvonne Erdost
Diskussion im Wiener Romano Centro

„Damals war es anders als heute“

Knapp 30 Jahre ist es her, dass die Bewegung der österreichischen Roma im Burgenland ihren Anfang nahm. 1989 gründeten Angehörige der Volksgruppe die erste Organisation, den Verein Roma Oberwart, und kurz danach folgten der Kulturverein Österreichischer Roma und das Romano Centro in Wien.

On demand | Roma sam | 16.12.2019

Unter dem Titel „Damals war es anders als heute“ veranstaltete das Wiener Romano Centro eine Podiumsdiskussion mit Aktivisten/innen der ersten Stunde als Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte.

Dragan Jevremović
Mozes F. Heinschink
Dragan Jevremović

Dragan Jevremović war einer der Gründungsmitglieder des Romano Centro. Der Rom, geboren 1946 in Ibarska Slatina, albanisch Sllatinë, Kosovo (damals Serbien), wuchs in Baljevac na Ibru, Serbien auf. Jevremović gehört zu der Gruppe der Kalderash. Als Metallfacharbeiter arbeitete er sich anfangs hoch, bis er sich in Wien mit Freunden wie Ilija Jovanović und Mozes Heinschink zusammenschloss, um die Situation der aus Ex-Jugoslawien eingewanderten Roma in Österreich zu verbessern. So kam es dann zur Gründung des Romano Centro in Wien, schikldert Dragan Jevremović.

Das Hauptziel war es damals, den Roma in sozialen Fragen Hilfestellung zu leisten. Neben der Arbeitssuche, der Bekämpfung von Diskriminierung und dem Erhalt von Sprache und Kultur war vor allem die Verbesserung der Bildungssituation von Kindern und Jugendlichen aus der Volksgruppe ein großes Vorhaben der Gründer.

Mozes Heinschink
RomaArchive
Mozes F. Heinschink

Märchen und Heilkunde der Roma gingen verloren

Vieles dieser Ziele wurde umgesetzt, so Mozes Heinschink, Mitbegründer des Vereins. Die Bildungs- und Arbeitssituation der Roma sei heute um einiges besser, als vor 30 Jahren. Zahlreiche Projekte des Romano Centro seien hierfür maßgeblich gewesen. Doch auch negative Veränderungen habe es in den letzten Jahrzehnten gegeben. So sind etwa etliche Traditionen, sowie das Wissen über Märchen und Heilkunde der Roma verloren gegangen.

Roman als Kommunikationssprache nicht mehr so intakt wie früher

Grund für die Veränderungen in den Traditionen und Bräuchen der Volksgruppe sei vorwiegend die neue Art der Kommunikation. Durch Smartphones und Internet hätte sich laut Heinschink das Leben der Roma stark verändert. Die Zahl der Sprecher des Roman oder des Romanes ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Obwohl es in Volksschulen in Oberwart Angebote für Unterricht in Roman gibt, würden die Roma auch dort kaum noch in ihrer Volksgruppensprache kommunizieren, so der Sprachwissenschaftler.

Moderatorin Gilda Horvath am Wort
Int. Roma Tag 2015
Parlamentsdirektion | Johannes Zinner
Gilda Horvath

Politische Stimme der Roma um ein Vielfaches lauter

Die Journalistin Gilda Horvath, Angehörige der Wiener Lowara, sieht die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte positiv und negativ. Die alten Traditionen und das Beisammensein der Familien seien heute nicht mehr möglich. Zu stark hat sich die Gesellschaft der Roma in den letzten 30 Jahren verändert. Auf der anderen Seite sei eine positive Perspektive zu betonen: Nicht nur die Lebenssituation der Volksgruppe hätte sich verbessert, auch die Diskriminierung sei gesunken. Das Selbstbewusstsein der Volksgruppe sei laut Horvath stärker geworden und die politische Stimme der österreichischen Roma um ein Vielfaches lauter als zuvor.