Kriegsroman | Katharina Janoska
Yvonne Erdost
Yvonne Erdost
Literatur

Katharina Janoskas „KriegsROMAn“ | Über die kleinen Dinge, die das Leben verändern

An jedem Tag, mit jedem Atemzug ist ihr bewusst, dass sie vor allem diesen Menschen, ihren Vorfahren unendlich dankbar ist. Für alles das, was sie ausmacht und was sie heute sein darf, sagt die Autorin Katharina Janoska im Gespräch über ihren ersten Roman.

On demand in Romani | Radio Roma sam | 4.11.2019

On demand | Slowakisch | Rádio Dia:tón | 28.10.2019

KriegsROMAn von Katharina Janoska
Yvonne Erdost

Rádio Dia:tón | 28.10.2019 | 21:40 Uhr | Radio Burgenland livestream

Roma sam | 4.11.2019 | 20:50 Uhr | Radio Burgenland livestream

Eine Suche nach der eigenen Identität. Eine moderne Geschichte von Verbundenheit und Autonomie. Wörter, die von Gerechtigkeit erzählen, Bilder, die Zusammengehörigkeit zeigen. Katharina Janoska hat mit ihrem ersten Roman die oft so zerreißend und schonungslos scheinenden Aspekte von Minderheiten, Migration und Vorurteilen in eine liebevolle Wiege gelegt. Eine Wiege, die die Autorin mit Roma- und Tiroler Wurzeln im Laufe ihrer Recherche für den Roman und somit in der Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Familiengeschichte immer mehr erkennen ließ, dass Mut, Beharrlichkeit, Zusammenhalt und vor allem Liebe das Leben aller Generationen positiv formen können. „KriegsROMAn. Die Geschichte einer Familie“ heißt das Werk, in dem Janoska die Schicksale zweier Familien zu einem gemeinsamen verschmelzen ließ: Zu ihrem eignen.

KriegsROMAn von Katharina Janoska
Yvonne Erdost
Katharina Janoska mit ihrem Vater Ferry Janoska

„Es sind zwei so unterschiedliche Welten, aus denen ich stamme und letztendlich haben aber viele kleine Entscheidungen der Menschen in ihnen zur Entstehung meiner Existenz geführt und haben auch einen wesentlichen Einfluss auf meinen Charakter und meine Persönlichkeit gehabt“, reflektiert Katharina Janoska über ihr jüngst im Eigenverlag BU&BU herausgegebenes Werk.

Auf 235 Seiten beschrieb die gebürtige Neusiedlerin die Geschichte von „allem, was war und allem, was ich bin“, so Janoska.

Audio | Eine kleine Leseprobe

Bei gutem und kräftigen Café in ihrem Elternhaus in Neusiedl am See erzählen mir Katharina Janoska und ihr Vater, der nahmhafte burgenländische Komponist Ferry Janoska von der Unfreiwilligkeit im Kampf an der Seite des Nationalsozialistischen Regimes, der Suche nach einem Leben in Sicherheit, von Träumen und letztendlich von den Chancen, die auf den Kräften und Entscheidungen der vorhergehenden Generationen bauen.

Die beiden sprechen von einem starken Willen, der sich durch ihre gemeinsame Familienhistorie zieht. Dieser solle sich in ihren Augen weder auf ethnische Zugehörigkeit noch auf ewiges Leiden stützen, sondern auf den Mut zur Selbstbestimmung, ohne die Fäden der eigenen Zugehörigkeit zu durchtrennen.

„Ich wuchs in der damaligen Tschechoslowakei auf. Mein Vater war Musiker und spielte schon damals vor dem Jahr 1972 in Österreich. Wir lebten in Bratislava und hatten gewisse Probleme mit dem Kommunismus. Mein Vater hatte dann die Idee ein Auto zu kaufen und so umbauen zu lassen, dass zwei Personen in den Benzintank hineinpassten. So kamen wir, meine Eltern, meine Schwester und ich im Januar 1972 in zwei Etappen nach Österreich und blieben dann auch hier im Burgenland“, erzählt Ferry Janoska, der seine Kindheit und frühe Jugend in der slowakischen Stadt Bratislava verbrachte.

Lange Zeit schwieg Ferry Janoska über das Erlebte, doch hielten ihn die Gefühle des riskanten Transports über Grenzen in Atem, als 2015 einundsiebzig Menschen auf der Flucht an der burgenländischen Grenze in einem Kastenwagen brutal erstickten. „Damals fühlten meine Schwester und ich wieder tiefe Betroffenheit, denn wir fragten uns, warum wir so ein Glück gehabt haben und sie nicht“. Kurz darauf komponierte Ferry Janoska für das Stück „71 oder Der Fluch der Primzahl“ des Künstlerregisseurs Peter Wagner die Musik. Er tat es für diese Menschen, die unterwegs waren, um zu leben, nicht um zu sterben, erzählt Ferry Janoska mit gesenktem Blick, sein Cafehäferl fest umklammernd.

KriegsROMAn von Katharina Janoska
Yvonne Erdost
Katharina & Ferry Janoska

Seine Tochter Katharina durchbricht die Stille, die für kurze Zeit am bis dahin regen Gesprächstisch herrscht und ergreift das Wort: „Dieses ‚Roma Sein‘, da bin ich über die Jahre hinweg reingewachsen. Wobei das nicht die vorrangige Bedeutung für mich hat. Es ist ein Teil von mir, von uns allen, aber es hat nie einen großen Stellenwert für meine Familie gehabt. Wir sind Österreicher, wir sind Burgenländer“, sagt die Autorin, stets einen vertrauten Blick zu ihrem Vater richtend.

Katharina Janoska, auch Moderatorin des ORF Volksgruppenmagazins Servus | Szia | Zdravo | Del tuha wurde erst im Jugendalter bewusst, wie sie auch in ihrem Roman beschreibt, dass ihre Familie überhaupt Roma Wurzeln hat. Daran, dass ihre Mutter ihr im Volksschulalter nach dem Bombenanschlag in der Roma Siedlung in Oberwart ans Herz legte, zu sagen, ihr Vater sei „ein Burgenländer“, erinnert sich Janoska auch in ihrem Roman und ergänzt im Gespräch: „Für mich war ja klar, dass Papa Burgenländer war, für mich war es nie etwas anders, ich wusste damals wirklich nicht, was meine Mutter damit meinte.“

servus szia zdravo del tuha sszd katharina janoska moderatorin
ORF
Katharina Janoska moderiert das Volksgruppenmagazin auf ORF 2 Burgenland

Ferry Janoska fügt hinzu: „Ich habe es damals nicht so gesehen, dass nur die Volksgruppe der Roma hier bedroht wird, sondern alle, die nicht österreichische Wurzeln haben und, oder diejenigen, die sich für solche Menschen einsetzen“. „Es geht nicht nur darum, dass wir anders sind. Also Roma oder Nicht-Roma zu klassifizieren, ist ein Blödsinn, denn man kann kein Volk, keine Ethnie, nicht einmal eine Familie klassifizieren. Das sind Vorurteile. Darum geht es für mich auch in meinem Buch, weil es Teil der Identitätsfindung ist, sich immer wieder die Fragen zu stellen: ‚Woher komme ich? Warum bin ich eigentlich so, wie ich bin?‘ Diese Gemeinsamkeiten der beiden Familien auszuarbeiten, sie einander gegenüberzustellen, aber auch zu zeigen, dass es eigentlich keinen Unterschied gibt. Das war mein Beweggrund diesen Roman zu schreiben“, erzählt die Autorin Janoska, die sich auch in ihrer Diplomarbeit in Vergleichender Literaturwissenschaft schon mit der Darstellung von Roma in der Literatur auseinandersetzte.

KriegsROMAn von Katharina Janoska
Yvonne Erdost

Buchpräsentation | „KriegsROMAn. Die Geschichte einer Familie“ | 23.11.2019 | 19Uhr | Weihngut UMATHUM | Frauenkirchen

Auf der Coverinnenseite des ersten Romans Katharina Janoskas lese ich den Satz: „Oft sind es eben die unbedeutenden, kleinen Dinge, die das Leben verändern und letztendlich zu dem führen, was heute ist“. So zieht sich der rote Faden durch Janoskas Roman. Ein lautes Pochen auf den Wert des eigenen Lebens, getragen von sanften Hieben in die Seiten von voreiligen Urteilen und Stereotypen.

Ihr Roman sei außerdem und vor allem eine Hommage an ihre großartige Familie, ergänzt Katharina Janoska und streicht dem Hund ihres Vaters, der bis jetzt unser Gespräch von unter dem Tisch aus verfolgt hat, über den Kopf. An jedem Tag, mit jedem Atemzug sei ihr bewusst, sagt die Autorin nach einem tiefen Atemzug, dass sie vor allem diesen Menschen, ihren Vorfahren unendlich dankbar ist. Für alles das, was sie als Mensch heute sein darf.

Katharina Janoska „KriegsROMAn“ | o malých veciach, ktoré menia život