Olga Carmona feierte mit Spanien die Weltmeisterschaft. Was viele nicht wissen: Sie gehört der Volksgruppe der Roma an.
IMAGO/ZUMA Wire/Patricia Pérez Ferraro
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Warum Sinti und Roma im Sport so gut wie unsichtbar sind

Kaum eine Minderheit ist im Sport so wenig zu sehen wie Sinti und Roma. Der Forscher Pavel Brunssen geht davon aus, dass es unter anderem im Fußball zahlreiche Profis gibt, die zu den Volksgruppen gehören. Aber aus Angst, diskriminiert zu werden, halten viele diesen Teil ihrer Identität geheim.

Olga Carmona schoss Spanien im Finale der Fußball-Weltmeisterschaft zum 1:0-Sieg. Dass die 23-Jährige der Volksgruppe der Roma angehört, wurde erst nach dem Endspiel durch spanische Medienberichte und einen Tweet der Federación de Asociaciones de Mujeres Gitanas öffentlich, dem Verband der spanischen Roma.

Olga Carmona feierte mit Spanien die Weltmeisterschaft. Was viele nicht wissen: Sie gehört der Volksgruppe der Roma an.
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Olga Carmona feierte mit Spanien die Weltmeisterschaft. Was viele nicht wissen: Sie gehört der Volksgruppe der Roma an.

Carmona ist nur eine von wenigen Spitzensportlerinnen, bei der die Zugehörigkeit zu der Minderheit bekannt ist. Weitere Beispiele sind der französische Profi-Fußballer Teji Savanier (HSC Montpellier), der frühere portugiesische Nationalspieler Ricardo Quaresma und der deutsche Ex-Boxer Oswald Marschall aus Minden.

„Es gilt als offenes Geheimnis, dass mehrere Profis aus der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga (in Deutschland, Anm. d. Red.) Angehörige der Sinti und Roma sind“, sagt der Antiziganismus-Forscher Pavel Brunssen. „Aber aus Angst, diskriminiert und stigmatisiert zu werden, halten sie ihre Zugehörigkeit zur Minderheit geheim. Sie betreiben Identitätsmanagement.“ Wie hoch die Dunkelziffer im Spitzensport insgesamt ist, bleibt unklar.

Antiziganismus wird nicht als Problem wahrgenommen

Woher kommt diese Angst, sich zu den eigenen Wurzeln zu bekennen? Zum einen aus der Geschichte: Die Nationalsozialisten ermordeten zwischen 1933 und 1945 etwa eine halbe Million Sinti und Roma. Gewalt, Alltagsrassismus, Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt und im Bildungswesen sind heute noch europaweit ein Problem.

Antiziganismus wird nicht als Problem wahrgenommen
Pavel Brunssen

Auch im Fußball sind Fangesänge wie „Zick, Zack, Zigeunerpack“ oder vermeintlich lustig gemeintes „Feiern“ des Namens der eigenen Trainer und Spieler mit dem Zusatz „Du Zigeuner“ präsent. Während rassistische oder antisemitische Vorfälle von den Vereinen auch aufgrund der öffentlichen Empörung und gestiegener Sensibilisierung meist zumindest thematisiert werden, steht die Diskriminierung gegen Sinti und Roma in der Hierarchie laut Brunssen weit unten.

„Antiziganismus im Fußball wird zumeist nicht einmal als Problem wahrgenommen“, sagt der Wissenschaftler. Daher müssten Sportlerinnen und Sportler, die sich zu ihrer Herkunft bekennen, gerade in dieser Sportart wohl mit Anfeindungen leben. Auch über die sozialen Medien wäre mit Hasskommentaren zu rechnen.

Gefeierter Roma-Fußballer: Teji Savanier

Wären solche extrem negativen Reaktionen wie bei Pisont heute auch noch zu erwarten? Ein Blick nach Frankreich. Der Profi-Fußballer Teji Savanier (31) wird von den Fans des HSC Montpellier für seine Tore und Vorlagen gefeiert. Der Kapitän des südfranzösischen Teams spricht ganz offen über seine familiäre Herkunft und sein Leben in einer Großfamilie.

Gefeierter Roma-Fußballer: Teji Savanier
madeinpaillade

„Ich bin sozusagen der Sprecher der Roma-Gemeinschaft in Montpellier und darüber hinaus. Es gibt viele Gypsies in Frankreich, und ich bin stolz darauf, sie zu vertreten“, sagte er 2022 in einem Porträt der „Times“. Seine Herkunft war für den italienischen Spitzenklub AC Mailand vor einigen Jahren kein Hindernis, Savanier ein attraktives Angebot zu unterbreiten.

Er lehnte aus Verbundenheit mit seinem Heimatverein ab. Episoden über Anfeindungen von Fans lassen sich zumindest im Internet nicht über Savanier finden.