Es ist der Ethnomusikologin Ursula Hemetek zu verdanken, dass die Musik der Roma Ende der 1980er Jahre in den Fokus der Wissenschaft rückt. Durch Zufall stößt sie in einem Fernsehbeitrag auf Ruža Nikolić-Lakatos. Recherchen ergeben, dass in Österreich kaum wissenschaftliche Forschung zur Roma-Musik vorliegt. So beginnt Hemetek Feldforschung zu betreiben und begleitet Ruža über drei Jahrzehnte.

Ružake Gila
Das neuste Projekt von Ursula Hemetek trägt den Namen „Ružake Gila“ und ist Ruža Nikolić-Lakatos gewidmet. Ziel des Projekts ist es, die Ergebnisse jahrelanger Feldforschung und damit die reiche Kultur der Lovara der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ružas Vermächtnis soll weiterleben. Ihre erste Aufnahme macht Hemetek mit Ceija Stojka, die damals bereits mit ihrem Buch „Wir leben im Verborgenen“ an die Öffentlichkeit getreten war. Sie dokumentiert die von Roma in den Konzentrationslagern gesungenen Lieder. Nach anfänglichem Zögern, ermutigt durch die Auftritte von Ceija Stojka, beginnt Ruža in der Öffentlichkeit zu singen und wird über Österreichs Grenzen hinaus bekannt. So ist es auch ihrem Einsatz zu verdanken, dass das Lovara-Liedergut als immaterielles Kulturerbe der UNESCO anerkannt und geschützt wird.
Radio „Roma sam“ | 6. März 2023 | 20:50 Uhr
Präsentiert von Susanne Horvath | Live Radio Burgenland
Das Repertoire von Ruža ist österreichweit einzigartig. Ihre archivierten Lieder tragen zur Bewahrung der traditionellen Lovara-Musik bei. Die Zusammenarbeit mit Wissenschaft und Forschung macht Ruža zur Trägerin dieser Liedkultur. Doch ist die Musik der Sängerin nicht nur durch die Weitergabe alter Geschichten und Melodien geprägt, sondern erzählt in traditioneller Weise von aktuellen Ereignissen. So verwebt sie etwa das Geschehen rund um den Bombenanschlag in Oberwart in ein Lied und schafft den Opfern ein ewiges Mahnmal.

Angewandte Musikethnologie
Mit der Gründung des MMRC – Music and Minorities Research Center gelingt es Ursula Hemetek Forschung zur Musik von Minderheiten institutionell zu verankern. Schon ihr wissenschaftlicher Ansatz der angewandten Ethnomusikologie macht Hemetek zur Pionierin ihres Fachs. Mit dem Projekt „Ružake Gila“ holt sie nun die Wissenschaft aus ihrem Elfenbeinturm und macht die traditionellen Lieder der Lovara für jedermann zugänglich.