Mariella Mehr wurde am 27. Dezember 1947 in Zürich (Schweiz) geboren. Als Angehörige der Jenischen war sie seit ihrer frühesten Kindheit von der Aktion „Kinder der Landstrasse“ betroffen. Dieses von der Schweizerischen Eidgenossenschaft mitfinanzierte und von der Stiftung Pro Juventute geleitete „Hilfswerk“ nahm zwischen 1926 und 1973 rund 600 jenische Kinder ihren Eltern systematisch weg, stellte sie unter Vormundschaft und platzierte sie in Pflegefamilien, Heimen und Anstalten.
Kinder der Landstrasse
Das Ziel der Aktion war es, die „Kinder der Landstrasse“ zu „brauchbaren Gliedern der Gesellschaft“ zu erziehen, wie es Pro Juventute formulierte, und so die Nichtsesshafte Lebensweise zu beseitigen. Nach Einstellung des Projektes 1973 setzte ein zäher Kampf um die Rehabilitierung ein.
Mariella Mehr wurde früh von ihrer Mutter getrennt und unter Vormundschaft gestellt. Sie wuchs als Zögling der Pro Juventute in verschiedenen Heimen, bei Pflegeeltern und in psychiatrischen Anstalten auf. Als sie im Alter von 18 Jahren schwanger wurde, wurde sie für 19 Monate im Frauengefängnis Hindelbank sogenannt „administrativ versorgt“. Sie gehört zur mittleren von drei Generationen ihrer Familie, die Opfer des „Hilfswerks“ wurden. Bereits ihre Mutter sowie ihr 1967 geborener Sohn wurden zwangsweise fremdplatziert.
Nach einigen Jahren Fabrikarbeit begann die Autodidaktin Mariella Mehr 1975 ihre journalistische, gesellschaftspolitische und schriftstellerische Tätigkeit.