Kher
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Kher, Romafuturismo, ROLIK

Drei Literatur-Initiativen für Roma

Auch der Kulturbetrieb hat seine blinden Flecken. Minderheiten haben es schwer, sich auf dem literarischen Parkett zu behaupten. In Tschechien und der Slowakei versucht man das zu ändern – indem man eigene Strukturen schafft.

Kher (Prag)

Eine Schlüsselrolle bei der Institutionalisierung von Roma-Literatur in Tschechien spielt der Buchverlag „Kher“ (Romani: „Haus“, „Zu­hause“). Der Prager Verlag, hervorgegangen aus einer Online-Plattform, widmet sich der Förderung und Verbreitung von literarischen Arbeiten aus der Minderheit.

Milena Hübschmannová, Třeboň 2002 (FOTO: Antonín Hübschmann)
Antonín Hübschmann)
Milena Hübschmannová

Initiiert wurde das Verlagsprojekt 2012 von akademischen Schülern der 2005 verstorbenen Grande Dame der Romani Studies in Tschechien, Milena Hübschmannová: „Für viele Roma-Autoren war sie wie eine Mutter, eine Unterstützerin“, so Verlagsgründer Lukáš Houdek: „Als sie verstarb, verschwand mit ihr für viele Autoren auch die treibende Kraft. Und deshalb haben wir beschlossen, etwas zu unternehmen. Wir sahen, dass die Autoren schreiben wollen, publizieren wollen, aber keine Möglichkeiten hatten.“

40 Autorinnen und Autoren

„Kher“ fördert daher ältere wie neuere literarische Stimmen aus Tschechien und der Slowakei, vorzugsweise auf Romani, aber auch in mehrsprachigen Editionen. „Zurzeit gibt es in der Tschechischen Republik, grob geschätzt, vierzig Autorinnen und Autoren, die der Roma-Minderheit angehören; ungefähr die Hälfte von ihnen ist derzeit tatsächlich aktiv“, erzählt die Verlegerin Karolína Ryvolová. Ergänzt wird das Verlagsprogramm durch Übersetzungen.

Kher
Kher

Der Verlag, der anfangs auf E-Books setzte, hat sich inzwischen zu einem Printverlag gewandelt. Dabei greift man auch auf Crowdfunding zurück – etwa bei der Anthologie „O mulo!“ mit Erzählungen über Totengeister.

Romafuturismo (Chánov)

Eröffnet wurde die „Romafuturismo-Bibliothek“ Anfang 2018 in Anbindung an die Kunstinitiative „tranzit“ in Prag mit einem zwölfstündigen Lesemarathon aus dem Werk der Roma-Autorin Elena Lacková. Der Fokus der „Bibliothek für Roma-Literatur“, deren Sammlung rasch auf mehrere Hundert Titel angewachsen ist, liegt auf dem literarischen Schaffen europäischer Roma-Autoren.

ROLIK (Banská Bystrica)

In der Slowakei hat sich mit ROLIK (Rómsky literárny klub) ein Netzwerk von Autoren etabliert, „deren Inspiration für die literarische Arbeit das Leben der Roma ist“. Der Anstoß zur Gründung kam 2009 vom Regionalverband der Roma-Initiativen in Banská Bystrica. Mittlerweile gehören dem Roma-Literaturklub an die vierzig Lyrik- und Prosaautoren aus der ganzen Slowakei an. Zu den Zielen der Grassroot-Initiative unter der Leitung von Marián Balog zählt insbesondere die Verbreitung des Romani als Literatursprache und die Förderung jugendlicher Talente.