Ausstellung „Manuš heißt Mensch“
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KULTUR | ROMA SAM

Ausstellung „Manuš heißt Mensch“

Zurzeit findet in der Kunsthalle Wien die Ausstellung „Manuš heißt Mensch“ statt. Dahinter steht das Averklub Collective. Die Ausstellung befasst sich unter anderem mit Themen wie Armut, Identität, Lebensrealitäten und Emanzipation der Rom_nja vor dem Hintergrund des Sozialismus. Im Rahmen der Exposition gab es auch Workshops.

„Manuš heißt Mensch“ bezieht sich auf das Buch des tschechoslowakischen Politikers und Rom Daniel Vincent, das 1986 erschienen ist. Es setzt sich mit der Politik der Integration der Roma und Romnja in der kommunistischen Tschechoslowakei auseinander. Ein Thema, das sich auch in der Ausstellung sebst widerspiegelt, erklärt die Kunstvermittlerin der Kunsthalle Wien, Andrea Hubin.

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Ausstellung „Manuš heißt Mensch“

Das Averklub Collective ist ein Zusammenschluss von Künstlern und Künstlerinnen mit verschiedenen Hintergründen und Kontexten. Neben Kulturschaffenden und Aktivisten zählen auch Bewohnern einer Plattenbausiedlung in Chanov, Tschechien zu der Künstlervereinigung. In Chanov wurde auch vor einigen Jahren das Averklub-Kulturzentrum errichtet, das allen Bewohnern der Siedlung offensteht. Es handelt sich um engagierte Menschen, die um Kulturvermittlung bemüht sind, so Hubin.

Andrea Hubin
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Andrea Hubin | Kunstvermittlerin Kunsthalle Wien

Eine Frage, die sich immer wieder stellt, ist ob es so etwas wie „Roma-Kunst“ gibt und wenn ja, wie diese zu definieren ist. Das Averklub Collective geht davon aus, dass es das, was heute als „Kunst der Rom_nja“ bezeichnet wird, nicht gibt und nie gegeben hat. Es sei eine komplizierte Kategorie, die in den historischen Verhältnissen Mitteleuropas nicht entstehen konnte. Die Ausstellung wendet sich gegen eine Strategie der Inklusion, denn diese würde den Blick auf die sozialpolitischen Gründe verstellen, warum eine bestimmte Kunst nicht nur keine Aufnahme in den Kunstbetrieb erfahren hat sondern auch warum sie einfach nicht existiert hat. Dadurch entstehen Lücken, die ebenfalls eine Geschichte erzählen, erklärt die Kunstvermittlerin.

Radio „Roma sam“ | 19. Juli 2021 | 20:50 Uhr

Präsentiert von Susanne Horvath | Live Radio Burgenland

Es gibt heute die vorherrschende Meinung, dass Kunst Ausdruck der Identität sei. Die Frage dabei ist, allerdings wie Identität definiert wird, ob nun über ethnische Hintergründe, Geschlecht oder Arbeitsbereiche, der Begriff ist schwer einzugrenzen. Die Kunst sei aber eher ein Schauplatz, um komplexe Modelle, von zum Beispiel Zusammenschlüssen und Assoziationen anzubieten, um dadurch Denkmodelle jenseits einer festzugschrieben Formel von Identität zu schaffen, meint Andrea Hubin.

Ausstellung „Manuš heißt Mensch“
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Ausstellung „Manuš heißt Mensch“

Im Rahmen der Ausstellung fanden Anfang bis Mitte Juli insgesamt sechs Workshops zu verschiedenen Themen unter dem Titel „Seien wir realistisch“ statt. Verschiedene Experten und Expertinnen, gaben ihren Input – Melinda Tamás, Anti-Rassismus-Trainerin entwickelte gemeinsam mit Andrea Hubin das Konzept. In den Workshops wird die Frage gestellt welche Bedeutung Objekte der Ausstellung haben und ob diese auch eine Geschichte erzählen können. Sie folgen damit der „Biografie des Dings“ nach einer Idee des Schriftstellers Sergej Tretjakow, erklärt Tamás.

Melinda Tamás und Andrea Hubin
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Melinda Tamás und Andrea Hubin

Die Ausstellung Manus heißt Mensch erklärt nicht. Sie hinterfragt und verweist auf etwas, das nicht sofort greifbar ist. Vor allem aber schafft sie einen Raum zur Auseinandersetzung und Diskussion. Melinda Tamás erklärt, dass die Ausstellung die Fragen aufwirft wie man die Geschichte sehen kann, ob es diese Geschichte gab und wenn es diese Geschichte nicht gab, warum es sie nicht gab.

Melinda Tamás
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Melinda Tamás | Anti-Rassismus-Trainerin

Der Schriftsteller und Aktivist, Samuel Mago ist einer der Vortragenden bei den Workshops. Er gab einen Input zum Thema „Emanzipation organisieren“. Für ihn ist die Ausstellung auch ein Raum, der die Menschen einander näherbringen kann. Es sei ein Herzensanliegen Orte in Österreich und in Europa zu finden in der die Kultur der Rom_nja einen Platz hat und somit sichtbar wird, so der Autor.

Samuel Mago
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Samuel Mago | Autor und Aktivist

Morgen am 20.7. gibt es noch die Chance den letzten Workshop, dieses Mal mit Gilda-Nancy Horvath zu besuchen: Es wird um das Thema Wahrnehmung von Rom_nja und Sinti_zze gehen. Gilda-Nancy Horvath beantwortet nach einem Eingangsstatement alle Fragen rund um Rom_nja und Sinti_zze im Rahmen eines lockeren Dialogs mit den Teilnehmer_innen über Wissen/Mythen und Projektionen. Die Ausstellung „Manuš heißt Mensch“ kann man noch bis 5.9. in der Kunsthalle Wien besichtigen.