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Roma sam | Gedenken

Holocaust-Gedenkstätte in Neusiedl am See

Im Juni fand in Neusiedl am See die Einweihung einer Holocaustgedenkstätte im Kirchenpark statt. Das Mahnmal erinnert an die Opfer der Jüdinnen und Juden, der Euthanasie und der Roma und Romnja aus Neusiedl am See. Die Stätte soll ein Ort des Gedenkens an die Schrecken des Nationalsozialismus sein und das Schicksal der Opfer sichtbar machen.

Bei einer feierlichen Einweihung im Kirchenpark wurde das Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Initiiert wurde die Errichtung vom Verein Neusiedler Stadtarchiv. Der Gründer des Vereins, Sepp Gmasz, erklärt, dass das Stadtarchiv sich selbst als Gewissen der Stadt sieht und es längst überfällig war, ein Denkmal für die Opfergruppen zu errichten. Auch die Geschichte der Neusiedler Roma und Romnja wurde im Zuge der Rechcherchen um die Opfer aufgearbeitet, so der Volkskundler.

Sepp Gmasz
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Sepp Gmasz | Volkskundler und Historiker

Die Idee zum Mahnmal entstand schon vor gut zwei Jahren bei einer Buchpräsentation des Mitinitiators Martin Pieber. Er schieb das Buch „Die jüdische Familie Wallenstein-Benkö“ und beschäftigte sich darin mit der jüdischen Geschichte Neusiedl am Sees. Nach einigen Rückschlägen und Verzögerungen konnte das Denkmal nun endlich umgesetzt werden. In Neusiedl am See wurden einige Roma und Romnja geboren, die aber nicht im Ort blieben, sondern in den umliegenden Dörfern lebten. Der Grund, warum in Neusiedl keine Siedlung wie etwa im Nachbarort Jois entstand, war, dass Roma und Romnja in Neusiedl nicht geduldet wurden – außer zur Unterhaltung, so Pieber.

Martin Pieber
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Martin Pieber | Mitinitiator des Mahnmals

Radio „Roma sam“ | 12. Juli 2021 | 20:50 Uhr

Präsentiert von Susanne Horvath | Live Radio Burgenland

Die gläserne und beleuchtete Gedenktafel, die sich in einer Nische an der Mauer zum Pfarrgarten befindet, erinnert an die ermordeteten Neusiedler und Neusiedlerinnen. Die Position inmitten der Stadt soll auch symbolisieren, dass die Opfer des Nationalsozialismus aus der Mitte der Gesellschaft stammten. Insgesamt wurden 41 Personen ermordet, darunter befanden sich 24 Juden, 13 Euthanasieopfer und 4 Roma, erzählt Martin Pieber.

Mahnmal in Neusiedl am See
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Holocaust-Gedenkstätte im Kirchenpark, Neusiedl am See

Das Mahnmal ist das erste, das in Neusiedl auch an die Opfer der Roma und Romnja im Nationalsozialismus erinnert. Ein essentielles Bekenntnis der Stadt, denn das Gedenken an die Opfer ist heute wichtiger denn je. Der Neusiedler Künstler Ferry Janoska, der die Veranstaltung musikalisch umrahmte, mahnt um die Bedeutsamkeit solcher Gedenkstätten, vor allem für die junge Generation.

Ferry Janoska
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Ferry Janoska | Künstler

Auch Manuela Horvath, Leiterin der Romapastoral der Diözese Eisenstadt, betont, dass es unerlässlich ist, an dieses dunkle Kapitel der Geschichte zu erinnen und der Opfergruppen zu gedenken, wobei es in manchen burgenländischen Orten noch dauern wird, bis man dazu bereit ist, Gedenkstätten zu errichten, so Horvath.

Manuela Horvath
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Manuela Horvath | Leiterin der Romapastoral der Diözese Eisenstadt

Neben den vier ermordeten Neusiedler Roma Ludwig Horvath, Lorenz Horvath, Georg Horvath und Alexander Berger, befanden sich auch 13 Euthanasieopfer. Der Autor Michael Hess, der sich schon lange mit der Aufarbeitung der Euthanasie-Morde während der NS-Zeit beschäftigt und diese wissenschaftlich aufgearbeitet hat, erklärte in seiner Rede, dass es im ganzen Burgenland insgesamt 350 Opfer gab, die der Euthanasie und dem Wahn der Eugenik der Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Nicht nur körperlich und geistig beeinträchtigte Menschen wurden ermordet, sondern auch Alkoholiker und sogenannte Asoziale, erklärt Hess.

Michael Hess
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Michael Hess | Autor

Seit dem 19. Jahrhundert lebten Jüdinnen und Juden integriert und meist auch gut situiert inmitten der Gesellschaft von Neusiedl am See. Schon kurz nach der Machtergreifung Hitlers wurden sie alle in sogenannte Schutzhaft nach Frauenkirchen gebracht. Ihr Besitz wurde sofort beschlagnahmt und später arisiert. Manche konnten flüchten, die meisten wurden in verschiedene Konzentrationslager verschleppt und ermordet, erzählt der Historiker und Volkskundler Sepp Gmasz.

Die Gedenkstätte soll auch als Mahnmal dafür stehen, dass sich dieses dunkle Kapitel der Stadtgeschichte niemals wieder wiederholen darf.