Podiumsdiskussion Vision und Mission: 2030
Verein Voice of Diversity
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ROMA SAM

Vision und Mission | Roma 2030 – Podiumsdiskussion im Porgy&Bess

In den letzten Wochen blickten wir auf die verschiedenen Veranstaltungen und Themenschwerpunkte rund um den 8. April, den internationalen Roma Tag zurück. Die letzte Veranstaltung, über die wir berichten, ist die Podiumsdiskussion im Porgy&Bess, die vom Verein Voice of Diversity veranstaltet wurde. Das Thema des Abends lautete „Vision und Mission | Roma 2030“

Im Wiener Jazz Club diskutierten die Schauspielerin Simonida Selimović und die via Live-Stream zu geschalteten ExpertInnen Angéla Kóczé (Sozialwissenschaftlerin aus Budapest), Marian Mandache (Rechtsanwalt und Autor aus Bukarest), Stanislav Daniel (Roma-Aktivist und Forscher aus Bratislava) sowie Romeo Franz (Deutscher EU-Abgeordneter für Bündnis 90/Die Grünen aus Brüssel) unter der Moderation der Politikwissenschaftlerin Mirjam Karoly.

Podiumsdiskussion Vision und Mission: 2030
Verein Voice of Diversity
Podiumsdiskussion im Porgy&Bess

Im letzten Jahr endete die sogenannte „EU-Rahmenstrategie zur Inklusion von Roma bis 2020“. Ziel dieser war es Rom_nija zu fördern und zu stärken. Viele Stimmen wurden nach dem Auslaufen der Strategien laut, dass dieses Ziel nicht in allen Ländern erreicht wurde. Vor allem verdeutlichte Corona die Kluft zwischen der Mehrheitsgesellschaft und Rom_nija, die ohnehin in vielen Ländern stärker von Segregation und Armut betroffen sind. Daher lautete der Titel der diesjährigen Veranstaltung zum internationalen Roma Tag „Vision und Mission | Roma 2030“, da man sich nun die Frage stellt, wie es mit den sogenannten Roma-Strategien weitergehen soll. Die Schauspielerin und Gründerin des Vereins Romano Svato Simonida Selimović hat selbst klare Vorstellungen, wie es weitergehen soll. Vor allem fordert sie, wie viele andere, ein zentrales Mahnmal in Wien für jene Rom_nija, die im Nationalsozialismus ermordet wurden.

Simonida Selimovic
ORF
Simonida Selimović | Schauspielerin

Die Sozialwissenschaftlerin Angéla Kóczé aus Budapest, die sich schon seit vielen Jahren in ihrer Arbeit mit den Rechten der Rom_nija auseinandersetzt, sieht es als oberste Priorität an, auch in Zukunft optimistisch zu bleiben. Sie sieht eine große Chance der Aufarbeitung in Studien über die Situation der Rom_nija. Wichtig sei es, auf die Diskriminierung und den anhaltenden Rassismus aufmerksam zu machen und diesen wissenschaftlich zu belegen, damit man die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit bekommt. Es sei eine tiefsitzende und strukturelle Ungleichheit, mit denen sich Rom_nija in vielen Ländern konfrontiert sehen, nun geht es darum eine fundierte Diagnose zu stellen, erklärt Kóczé.

Radio „Roma sam“ | 10. Mai 2021 | 20:50 Uhr

Präsentiert von Susanne Horvath | Live Radio Burgenland

Im Oktober 2020 präsentierte die EU-Kommission einen reformierten strategischen Rahmen zur Gleichstellung, Inklusion und Teilhabe der Roma auf Ebene der Europäischen Union für den Zeitraum 2020-2030. Marian Mandache, Rechtsanwalt und Autor aus Bukarest, ist der Meinung, dass es einer breiteren Strategie bedarf, nicht nur auf nationaler Ebene. In erster Linie gehe es darum, eine generelle Ausrichtung zu finden, ein gemeinsames Ziel, auf das Rom_nija europaweit gemeinsam hinarbeiten können. Dieser Weg muss nun klar definiert werden, so Mandache.

„Es gibt kein Roma Problem! Es gibt ein Rassimus Problem…“

Romeo Franz ist als EU-Abgeordneter direkt an der Ausarbeitung der neuen EU-Rahmenstrategien beteiligt. Er stimmt Marian Mandache zu, denn auch seiner Meinung nach muss ein neuer, gemeinsamer Weg für Rom_nija in Europa definiert werden. Diesen neuen Weg, diese neue Ausrichtung brauche es, weil die bisherige „Roma-Strategie“ zum Großteil gescheitert sei. Die Strategien seien ohne Rom_nija entwickelt worden und verfolgten vor allem einen paternalistischen Ansatz, so Franz. Als er in das EU-Parlament kam, wurde ihm immer wieder gesagt, dass es ein „Roma Problem“ gäbe, dies sei grundlegend falsch, denn es gäbe nur ein Rassismus und Antiromaismus Problem. Der Kampf gegen Antiromaismus muss in den EU-Ländern oberste Priorität haben, verpflichtend und nicht freiwillig, fordert Franz.

EU-Abgeordnerter (Grüne) Romeo Franz
Die Grünen
Romeo Franz | EU-Abgeordneter

Der EU-Abgeordnete Romeo Franz kritisiert auch den Titel der Strategien „zur Inklusion von Roma“. Es gehe bei all der Thematik nicht um „Inklusion“, denn Rom_nija und Sinti_zze leben schon seit Jahrhunderten in Europa. Eigentlich gefordert wird, seiner Meinung nach, aber eine Assimilation. Dies würde bedeuten die eigene Identität aufzugeben, eine Identität, die die jeweiligen Staaten mitgeprägt hat und, die Teil dieser ist. Es geht nun darum auf Augenhöhe zu verhandeln, miteinander und mit einer stärkeren Teilhabe von Rom_nija. Rom_nija müssen endlich ein Selbstbestimmungsrecht bekommen und selbst über sich und ihre Geschichte sprechen, so Franz.

„Kunst und Kultur baut Vorurteile ab…“

Vor dem Hintergrund der neuen EU-Rahmenstrategie zur Gleichstellung, Inklusion und Partizipation von Rom_nija diskutierten die Podiumsgäste ihre persönliche Vision für ein gleichberechtigtes Leben in Europa im Jahr 2030. In einem Punkt waren sich alle in ihrer Vision einig. Die nun folgenden Strategien müssen mit mehr Teilhabe von Rom_nija formuliert und umgesetzt werden und vor allem müssen sie als oberste Priorität den verpflichtenden Kampf gegen Antiromaismus in Europa festlegen. Auch die Kunst kann zum Abbau von rassistischen Stereotypen beitragen. Ein Weg, den Simonida Selimović schon lange mit ihrer Schwester Sandra beschreitet.

Konzert Harri Stojka, Porgy&Bess
Verein Voice of Diversity
Harri Stojka und Roma Musik Ensemble

Einer der sich ebenfalls schon seit Jahren dem Antiromaismus mit seiner Kunst entgegen stellt, ist der Ausnahmekünstler Harri Stojka. Nach der Podiumsdiskussion konnten Musikfans noch ein außergewöhnliches Konzert mit ihm erleben.