Volksgruppenbeirat 1995
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Roma Sam | Politik

50 Jahre Roma Politik | Stimmen zum Internationalen Roma Tag

Am 8. April 1971 fand der erste Internationale Roma Kongress in London statt. Was hat sich seither für Roma und Romnja verändert? In der aktuellen Ausgabe von Roma sam kommen nun Andreas Sarközi vom Kulturverein österreichischer Roma sowie Andreas Lehner und Horst Horvath von der Roma VHS Burgenland zu Wort.

Andreas Lehner, Vorsitzender der Roma Volkshochschule Burgenland, die 1999 gegründet wurde, erklärt, dass es vor 50 Jahren, im Gegensatz zu heute, noch um ganz Grundlegende Dinge ging. Viele wussten vor 50 Jahren noch nicht einmal, dass es Roma und Romnja in Europa gibt und, dass diese einer strukturellen Diskriminierung ausgesetzt sind. Auch in den Anfangsjahren der Roma VHS Burgenland ging es darum, die Mehrheitsbevölkerung auf geschichtliche Tatsachen hinzuweisen und gegen Vorurteile vorzugehen, erinnert sich Lehner.

Andreas Lehner
Roma VHS
Andreas Lehner | Vorsitzender Roma VHS Burgenland

Horst Horvath, Geschäftsführer der Roma VHS Burgenland, ergänzt, dass es auch darum ging die Fremdzuschreibungen wie „Zigeuner“ und „Gypsy“ aus dem Sprachgebrauch zu verbannen, beziehungsweise darauf aufmerksam zu machen, dass diese Fremdbezeichnungen rassistisch und diskriminierend sind. Des Weiteren versuchte man sich auch immer mit verschiedenen Themen auseinander zu setzten. So veranstaltet die Roma VHS Burgenland jährlich Tagungen zum Internationalen Roma Tag, bei denen Experten und Expertinnen über Inhalte wie Sprachverlust, Gewalt gegen Roma, usw. diskutieren. Wichtig sei, so Horvath, der Blick über den Tellerrand hinaus.

Horst Horvath
Franz Stangl
Horst Horvath | Geschäftsführer Roma VHS Burgenland

Radio „Roma sam“ | 3. Mai 2021 | 20:50 Uhr

Präsentiert von Susanne Horvath | Live Radio Burgenland

Der Internationale Roma Tag sei ein bedeutender Tag für die Volksgruppe, denn es geht darum die Stimme zu erheben und auf die Probleme aufmerksam zu machen, so Andreas Lehner. In diesem Jahr hätte am 10.4. anlässlich dieses Tages eine Tagung zum Thema „Stärkere politische Teilhabe in Politik und Gesellschaft von Romnja und Roma“ stattfinden sollen, die nun aufgrund von Corona auf September verschoben wurde. Viele Rom_nja sind immer noch nicht an wichtigen Entscheidungsprozessen beteiligt, erklärt Lehner. Dies möchte die Roma VHS Burgenland durch die Auseinandersetzung mit diesem Problem ändern.

Es sollte eigentlich innerhalb der Mehrheitsgesellschaft als auch innerhalb der Politik selbstverständlich sein, dass auf die Bedürfnisse der Rom_nja aufmerksam gemacht wird, erklärt Andreas Sarközi, Geschäftsführer des Kulturvereins österreichischer Roma im Interview. In Österreich gibt es eine gute Zusammenarbeit zwischen Politik, der Volksgruppe und der Mehrheitsgesellschaft, da man sich hier Gehör verschafft hat, so Sarközi. Im EU-Vergleich schneidet Österreich besser ab als andere Länder. Denn trotz der sogenannten EU-Rahmenstrategien zur Inklusion von Roma ist die Situation vieler Rom_nja in vielen Ländern immer noch verheerend. Sarközi wünscht sich, dass die EU in Zukunft mehr Druck auf solche Länder ausübt.

Andreas Sarközi
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Andreas Sarközi | Kulturverein Österreichischer Roma

Die größte Errungenschaft der letzten 50 Jahre ist für Sarközi die Anerkennung der Rom_nja als Volksgruppe in Österreich. Diese sieht er aber nicht als Konsequenz des ersten Internationalen Roma Kongress im Jahr 1971. Erst Ende der 1990er kam er selbst mit dem Romaaktivismus in Österreich in Berührung. In den letzten 30 Jahren habe sich in Österreich vieles zum Guten verändert, so Sarközi. Der Schwerpunkt des Kulturvereins österreichischer Roma liegt im Bereich der Aufarbeitung der Geschichte, so wie etwa in Form des Dokumentations- und Informationszentrums österreichischer Roma (Roma-Doku), das 1996 eröffnet wurde.

Roma Doku
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Roma-Doku

Für die Zukunft wünscht sich Sarközi, dass die Umsetzung der sogenannten Romastrategien im EU-Raum besser kontrolliert werden und sich die Lebenssituation der Rom_nja im Osten Europas grundlegend verbessert. Vor allem durch die Corona Pandemie wurde es deutlich, unter welche unwürdigen Bedingungen immer noch viele Rom_nja leben müssen. „Das sind Grundrechte des Menschen!“, so Andreas Sarközi, die jedem zustehen.

In der nächsten Woche berichten wir in Roma sam über die Podiumsdiskussion zum Internationalen Roma Tag 2021 im Porgy & Bess. Die Veranstaltung wurde vom Verein Voice of Diversity ausgerichtet.