Alexander Diepold
BR/Jutta Neupert
BR/Jutta Neupert
DEUTSCHLAND

Leben im „Madhouse“: Ein Ort für Sinti und Roma

„Madhouse“ nennt sich die Einrichtung, die Alexander Diepold in München gegründet hat. In den 1960er Jahren wurde er als Heimkind verletzt und gedemütigt. Mit 18 Jahren betreute er selbst „schwer erziehbare“ Jugendliche.

Der Sozialpädagoge Alexander Diepold hat das „Madhouse“ gegründet. Doch irre oder verrückt ist hier niemand. Dass er hier die Beratung von Sinti- und Roma-Familien in München zur festen Institution gemacht hat, liegt auch an seiner eigenen Lebensgeschichte.

Alexander Diepold
BR/Jutta Neupert
Alexander Diepold | Gründer des „Madhouse“ in München

Er wächst in einem Waisenhaus auf, erst im Erwachsenenalter erfährt er, dass seine Mutter Sintezza ist und sein Vater als Sinto nach Auschwitz deportiert worden war. Alexander Diepold überlegt lange, wie er mit seiner Herkunft umgehen soll. Dann weitet er das Betreuungsangebot von „Madhouse“ gezielt auf Sinti- und Roma-Familien aus. Heute kümmert sich die Einrichtung um fast 400 Familien.

„Ich höre so oft, dass Zigeuner faul und dreckig sind, dass sie stinken. Ich gehe in die Arbeit. Ich muss verleugnen, was ich bin, und das heutzutage in Deutschland. Und wo ich hinkomme, werde ich geliebt und geachtet. Doch sobald sie hören, dass ich ein ‚Zigeuner‘ bin, ist es aus.“ Ramona Sendlinger

Ausgrenzung von Sinti und Roma

Bis heute werden Sinti und Roma ausgegrenzt. Im „Madhouse“ setzen sich Betroffene zusammen, um über den Alltagsrassismus, den sie erleben, zu sprechen.

Schulverbot für Sinti und Roma in der Nazizeit

Politik für Sinti und Roma zu gestalten, gehört auch zum Programm von „Madhouse“. Alexander Diepold hat in Mannheim die Hildegard-Lagrenne-Stiftung mitgegründet. Er weiß nur allzu gut, dass antiziganistische Vorurteile bis heute Sinti und Roma um die Chance auf ein gutes Leben bringen.

„Im Dritten Reich gab es ein Schulverbot für Sinti und Roma. Die zehn Prozent, die überlebt haben, das waren die jungen Leute, die vom Schulverbot betroffen waren. Das heißt, im Dritten Reich ist eine Generation von Analphabeten produziert worden. Und das hängt uns noch nach.“ Daniel Strauß, Vorstand Hildegard-Lagrenne-Stiftung

Die Mitarbeitenden der Stiftung konnten dazu beitragen, dass mittlerweile alle Kinder aus der Minderheit die Schule besuchen. Die Abschlüsse, die sie erreichen, liegen aber deutlich hinter dem Durchschnitt in Deutschland.

Alexander Diepold weiß, dass Kinder und deren Eltern Bildungschancen wahrnehmen, wenn ihnen Mediatoren aus der eigenen Minderheit von der Kita bis zum Schulabschluss zur Seite stehen. Und um die Vermittlung dieser Mediatoren kümmert sich „Madhouse“ – mit dem Ziel, eine ganze Generation voranzubringen.