HÖR Vorstand Amerlinghaus
ORF
ORF
ROMA SAM

„HÖR“ | Erster Jugend Verein der Roma und Romnja in Österreich

Vor kurzem wurde die Hochschüler_innenschaft Österreichischer Roma und Romnja, die HÖR, ins Leben gerufen. Dabei handelt es sich um den ersten Jugendverein der Roma und Romnja in Österreich. Vorgestellt wurde der Verein offiziell nun am 8. April, wir haben die engagierten jungen Aktivist_innen vorab in Wien getroffen, um mit ihnen über ihre Arbeit und ihre Ziele zu sprechen.

„Wir wollen eine Perspektive der Rom_nja und Sinti_zze in die österreichische Öffentlichkeit bringen!“

Die Idee eine Hochschülervertretung für Roma und Romnja zu gründen entstand schon vor einiger Zeit. Kürzlich entschieden Sladjana Mirković, Saška Dimić, Samuel Mágó und Laura Darvas, die den Vorstand bilden, dass es an der Zeit sei, diese Idee in die Tat umzusetzen – die Ziele sind dabei klar definiert. Die HÖR ist eine politische und soziale Interessensvertretung für Rom_nja-Hochschüler_innen.

HÖR Vorstandssitzung
ORF

Die HÖR will organisieren, bilden, fördern und unterstützen. „Wir wollen eine Perspektive der Rom_nja und Sinti_zze in die österreichische Öffentlichkeit bringen und aktiv gegen Antiziganismus auftreten!“, erklärt die Präsidentin der HÖR, Sladjana Mirković

Sladjana Mirkovic
HÖR/CETIN OSMAN
Sladjana Mirković

Radio „Roma sam“ | 12. April 2021 | 20:50 Uhr

Live Radio Burgenland

Es sind alteingesessene Klischees, die den Roma und Romnja unter anderem eine Bildungsferne unterstellen, die der Antrieb für die Arbeit der HÖR ist. Laura Darvas, geboren 1997, stammt aus einer Musiker Roma-Familie mit Wurzeln in Ungarn und in der Slowakei und ist ebenfalls Teil des Vorstandes der HÖR. Sie studiert Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Darvas erklärt, wie die HÖR gegen Vorurteile und Diskriminierung vorgehen will.

Laura Darvas
HÖR/CETIN OSMAN
Laura Darvas
HÖR Logo
HÖR/CETIN OSMAN
LOGO HÖR

„Das was mir im Studium gefehlt hat, möchte ich nun anderen Roma und Romnja bieten.“

Ein weiterer Motivator für die Aktivist_innen ist die eigene Geschichte und die Hoffnung nachhaltig etwas zu verändern. Saška Dimić, geboren 1997 in Belgrad, studiert Lehramt an der Universität Wien und ist als Lehrerin und als Studienassistenz an der Universität Wien beschäftigt. Schon seit einigen Jahren ist sie auch als Rom_nja-Aktivistin und Antiziganismustrainerin tätig. Während ihres Studiums hätte sie sich selbst eine Anlaufstelle wie die HÖR gewünscht: „Das was mir im Studium gefehlt hat, möchte ich nun anderen Roma und Romnja bieten.“ erzählt das Vorstandsmitglied im Interview.

Saska Dimic
HÖR/CETIN OSMAN
Saška Dimić

Laura Darvas verfolgte eine ähnliche Motivation. Als erste Studentin in ihrer Familie ist es ihr wichtig die Bildungssituation von Roma und Rom_nja zu fördern und eine Repräsentation für die junge Generation zu ermöglichen, wie Darvas erklärt.

Sladjana Mirković ist Serbisch-Österreichische Romni, geboren 1988 in Wien. Sie studierte Transkulturelle Kommunikation mit den Arbeitssprachen Deutsch, Englisch und Französisch an der Universität Wien. Sladjana Mirković war bisher im Bereich Jugendarbeit und Mehrsprachigkeit beschäftigt und beginnt mit September 2021 als Lehrerin an einer Wiener Mittelschule zu arbeiten. Sie hätte sich in ihrer Zeit als Studentin Vorbilder gewünscht, die ihr beratend zur Seite stehen – dies zu ändern war ihre Motivation Teil der HÖR zu werden.

Samuel Mágó wurde 1996 in Budapest geboren und lebt seit 2000 in Wien. Er ist stellvertretender Präsident der HÖR und studiert derzeit Transkulturelle Kommunikation an der Uni Wien, ist Rom_nja-Aktivist und Schriftsteller in der edition exil. Samuel Mago stammt aus einer Roma Familie mit mütterlicherseits jüdischen Wurzeln. Er arbeitet seit längerem als Antirassismustrainer und für ihn war es ausschlaggebend im Vorstand der HÖR zu sein, um der Stimme der jungen Menschen ein Megafon zu verleihen.

Samuel Mago
HÖR/CETIN OSMAN
Samuel Mágó

„Mit etwa 14 Millionen Angehörigen bilden Rom_nja und Sinti_zze größte ethnische Minderheit Europas. Seit ca. 600 Jahren leben wir in Österreich, seit 1993 als anerkannte Volksgruppe. Die Geschichte der Rom_nja und Sinti_zze ist von jahrhundertelanger Diskriminierung und Verfolgung geprägt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde eine halbe Million Rom_nja und Sinti_zze von den Nazis ermordet. Trotz der jahrhundertelangen Diskriminierung haben Rom_nja und Sinti_zze die Kultur und Gesellschaft Europas stark geprägt und mitgestaltet“, heißt es in der Erklärung der Hochschüler_innenschaft Österreichischer Roma und Romnja.

Der Schritt an die Öffentlichkeit war kein zufällig gewähltes Datum.„50 Jahre, 50 Stimmen“ heißt die Video-Kampagne, mit der man sich präsentiert, in Anlehnung an die 50 Jahre, die seit dem ersten Roma Kongress vergangen sind und eine Hommage an jene, die den Weg für den Romaaktivismus geebnet haben, erklärt Samuel Mágó.

Vor 50 Jahren, am 8. April 1971, versammelten sich 23 Rom_nja-Vertreter_innen aus neun Staaten in London, zum 1. Weltkongress der Roma, um über wichtige sozio-kulturelle Fragen und Belange der Ethnie zu diskutieren. Ziel des Roma Weltkongresses war es, auf die Lage der Rom_nja und Sinti_zze aufmerksam zu machen. Daher wählte die HÖR den Internationalen Tag der Roma und Rom_nja, um an die Öffentlichkeit zu treten, denn dieser essentielle Tag hat für die Vorstandsmitglieder eine besondere Gewichtung, wie Laura Darvas erläutert.

„Wir sind noch immer nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“

Leider sind Rassismus und Diskriminierung immer noch nicht aus dem Alltag der Roma und Romnja in Österreich verschwunden. Auch für junge Menschen ist es immer noch schwer sich zu „outen“ – „Wir sind noch immer nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“, wie Samuel Mágó berichtet.

Das Verantwortungsbewusstsein der Republik Österreich sei noch nicht vollständig sichtbar, ergänzt Saska Dimic. Der Rassismus und die Diskriminierung sind heute immer noch salonfähig. Dagegen möchte man, auch mit der HÖR, auftreten. Es sei wichtig dagegen mit einem konstanten Aktivismus vorzugehen, der immer ein Fortschritt und kein Rückschritt ist, so Saška Dimić.

HÖR Vorstand Amerlinghaus
ORF
Von links nach rechts | Saška Dimić, Laura Darvas, Sladjana Mirković und Samuel Mágó

Für den 15. Mai ist die erste live Veranstaltung zur Einführung der HÖR geplant, am Tag der Ratifizierung des Staatsvertrages und einen Tag vor dem Romani Resistance Day. An diesem Tag wird auch die geplante Fotoausstellung „50 Jahre, 50 Gesichter“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.