Susanne Pfanner
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Roma sam | Politik

Romastrategien 2020 | Ein Rückblick

2011 wurde die Nationale Roma Kontaktstelle im Bundeskanzleramt ins Leben gerufen und im selben Jahr ein EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration von Roma bis 2020 festgelegt. Jedes EU-Land war ab nun dazu verpflichtet, die Lebenssituation der Roma zu verbessern und jährlich Bericht darüber zu erstatten. In diesem Jahr laufen die sogenannten Roma Strategien aus.

Schwerpunkt Arbeitsmarkt

2016 führte die ORF Redaktion der Roma mit Susanne Pfanner, Leiterin der nationalen Romakontakstelle, ein Interview über die Wichtigkeit der Förderung von Arbeitsmarkt spezifischen Projekten, einer der Schwerpunkte der Romastrategien in Österreich und eine der Hauptforderungen der EU. Seitens des Sozialministeriums wurden rund eine Million Euro für beschäftigungsfördernde Projekte zur Verfügung gestellt. Pfanner erklärte im Interview die Auswahlkriterien für die geförderten Projekte und die Zielsetzung. Vor allem ging es, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Susanne Pfanner
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Susanne Pfanner im Interview, 2016

2017 Enstehung der Roma Dialogplattform

Ein Jahr später entstand die sogenannte Roma Dialogplattform, ausgehend von der nationalen Roma Kontaktstelle des Bundeskanzleramtes. Die Plattform fußte auf einer Umfrage, die sich vor allem an RomavertreterInnen richtete. Der Server verzeichnete innerhalb von zwei Monaten etwa 1000 Visits auf der Website und 98 Personen nahmen an der Online Umfrage teil. Susanne Pfanner zeigte sich damals mit den Ergebnissen zufrieden.

Radio „Roma sam“ | 28.12.2020 | 20:50 Uhr

Live Radio Burgenland

In den EU-Richtlinien zu den Roma Strategien wurde unter anderem ein besserer Zugang für Roma zu Bildung und Arbeitsmarkt gefordert, ebenso wie das Empowerment von Roma und die Bekämpfung von Antiromaismus. Die Umfragebeteiligten von 2016 sahen dies ähnlich.
Die Umfrage-Auswertung machte auch den Wunsch deutlich, dass die Volksgruppe der Roma mehr Einfluss auf die Arbeit der Dialogplattform nehmen will, so Pfanner.

Muna Duzdar
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Muna Duzdar

Die damalige Mitinitiatorin Muna Duzdar, von 2016-2017 Staatssekretärin für Diversität, fand lobende Worte für die Onlineumfrage. Es sei sehr positiv, dass sich viele an der Umfrage beteiligt haben und auch Kommentare hinterließen. Viele Romavertreter und -vertreterinnen haben sich so in die Entwicklung eingebracht und dieses Feedback wird in Zukunft als Referenzrahmen dienen, so Duzdar im Interview 2017.

Schwerpunkt Bildung

Ein weiterer Schwerpunkt der Romastrategien 2020 war die Förderung der Roma im Bildungsbereich. Erst letztes Jahr fand ein Workshop im Rahmen der Roma Dialogplattform zu diesem Thema statt. Dabei wurden zwei Projekte zur Betreuung und Unterstützung von Kindern und Jugendlichen vorgestellt. Die Lernbetreuung des Oberwarter Vereins Roma Service und die Schulmediation ausgehend vom Wiener Roma Verein Romano Centro. Die Bildungssituation habe sich in den letzten Jahren verbessert, so Emmerich Gärtner-Horvath, Vorsitzender des Volksgruppenbeirates der Roma, jedoch sei noch ein Aufholbedarf vorhanden, wenn es um Vorurteile gegenüber Roma und Romnja am Arbeitsmarkt geht.

Emmerich Gärtner-Horvath
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Emmerich Gärtner-Horvath

Die Aufgabenbereiche einer Schulmediatorin sind vielfältig und oft nicht einfach, wie Roma-Schulmediatorin Vesna Kovacevic vom Verein Romano Centro berichtet. Sie bildet die Brücke zwischen Schule und Elternhaus. Natürlich gibt es, wie schon erwähnt, meist armutsbedingte Probleme, die aber nicht überwiegen, so Kovacevic. Von der Dialogplattform erhofft sich die Roma-Schulmediatorin, dass die finanziellen Mittel ermöglicht werden können, um die Lernbetreuung langfristig fortsetzen zu können. Denn im Moment ist ihr Job kein sicherer, da immer wieder um Förderungen angesucht werden muss und nie klar ist, ob diese bewilligt werden.

Vesna Kovacevic
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Vesna Kovacevic

Die Roma Dialogplattformen boten einen Raum für eine Auseinandersetzung mit verschiedenen Themen. Die Strategien zur Inklusion von Roma bis 2020 sollten den vorausgegangenen Diskurs in die Realität bringen. Natürlich gab es auch hier konkrete Forderungen seitens der Roma VertreterInnen, so wie von Mirjam Karoly vom Wiener Verein Romano Centro.

Mirjam Karoly
Parlamentsdirektion / Carina Ott
Mirjam Karoly | links

Maßnahmen, die bis jetzt erfolgreich waren, sollten institutionalisiert werden und die Politiker sollten dahingehend auch mehr Verantwortung übernehmen, so Karoly.

Schwerpunkt Roma-Jugend Empowerment

Ein anderer Schwerpunkt der Romastrategien ist das Empowerment, vor allem, was die Jugend betrifft. Das heißt eine Ermächtigung zur selbstbestimmten Teilhabe. In diesem Jahr fand ein Workshop statt, der sich mit der Einrichtung eines Jugend Romavereins beschäftigte. Für viele junge Roma/Romnja ist es immer noch mit einer Stigmatisierung verbunden, sich zu ihrer Abstammung zu bekennen. Wichtig ist es die jungen Menschen darauf vorzubereiten, was es heißt Rom/Romni zu sein, so Emmerich Gärtner-Horvath, der an beiden Workshops zum Thema teilnahm.

Emmerich Gärtner-Horvath
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Emmerich Gärtner-Horvath

Eine weitere Workshop Teilnehmerin war Diana Dworzack, sie engagiert sich innerhalb der katholischen Kirche sowie im Romano Centro und hat auch dort immer wieder mit Jugendlichen und deren Auseinandersetzung als Rom/Romni zu tun. Viele wollen sich nicht dazu bekennen, da sie Angst vor Ausgrenzung und Diskriminierung haben. Obwohl in der heutigen Gesellschaft die Selbstdarstellung ein wichtiges Thema ist, scheuen sich viele Jugendliche offen mit ihrer Volksgruppenzugehörigkeit umzugehen.

Die Romastrategie 2020 war europaweit nur mäßig erfolgreich

Die Romaktivistin Irina Spataru, die zurzeit in Brüssel für das Open Society European Policy Institute arbeitet und sich dort unter anderem mit der neuen EU-Rahmenstrategie für Roma beschäftigt, erklärt per Videobotschaft, wie es voraussichtlich weitergehen wird.

Irina Spataru
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Irina Spataru

Die neuen Strategien werden bis 2030 fortgeführt und um einen Anti-Rassismus ergänzt werden. Die Roma Strategien waren, laut Spataru, europaweit gesehen, nur mäßig erfolgreich. So ist zum Beispiel die Roma Jugendarbeitslosigkeit trotz der Strategien gestiegen. Österreich ist, was die Roma-Strategien betrifft, mit gutem Beispiel vorangegangen, so Spataru.

Laut der nationalen Roma Kontaktstelle des Bundeskanzleramtes wird die bestehende österreichische Strategie vorerst fortgeschrieben. Zudem soll die österreichische Strategie unter Einbindung sozialwissenschaftlicher ExpertInnen und der Zivilgesellschaft extern evaluiert werden.