Alex Galamb mit den Kindern
BR | Attila Poth
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UNGARN

Backen ist gut | Junger Rom hilft Kindern

Ein junger Roma Bäcker hilft armen Kindern in Ungarn. Unter ihnen auch Roma-Kinder.

Vor einem offenen Hoftor in der ungarischen Kleinstadt Hernadnemeti warten eine Handvoll neugieriger Kinder auf den 22-jährigen Roma Bäcker Alex Galamb. Alle tragen ein weißes T-Shirt mit ihrem Namen und einem Emblem. „Backen ist gut“ („sütni jo“ auf Ungarisch) – so heißt die Initiative von Galamb, der an seinen freien Tagen Kinder aus der Nachbarschaft Backen beibringt. „So können sie vielleicht einen Weg aus der Armut finden“, meint der gut gelaunte Bäcker.

Hernadnemeti hat etwa 3.500 Einwohner, davon ungefähr 15 Prozent Roma. Alex Galambs Haus steht im Romaviertel der Ortschaft. Er hat es erst vor Kurzem gekauft. Strom gibt es im Haus, Leitungswasser aber noch nicht. Alex muss das Wasser in Kannen von einem Brunnen holen.

Alex Galamb kommt selbst aus einer Roma-Großfamilie und hat erfahren, wie schwer es in Ungarn für Roma ist, aus der Armutsschleife auszubrechen. Er hat fünf Geschwister und war erst sieben Jahre alt, als sein Vater starb. Das Leben der Familie wurde immer schwieriger. Für die Schule war im täglichen Kampf ums Überleben kaum Zeit. Die Familie brach auseinander und mit 16 Jahren landete Alex im Kinderheim.

In der Schule konnte er kaum mithalten und merkte, wieviel er in all den Jahren verpasst hatte. Aber er gab nicht auf: Weder die Schule, noch seinen Traum vom besseren Leben als Bäcker. Und er hat es geschafft und hat dann sein Wissen schon im Heim an die jüngeren Kinder weitergegeben. „Ich denke, dass ich ziemlich erfolgreich war, denn einige von den Kleinen sind jetzt selbst auf dem Weg, Bäcker zu werden“, erzählt Alex voller Stolz.

Alex Galamb mit den Kindern
BR | Attila Poth
Alex Galamb mit Kindern in der bunten Küche

In der bunt bemalten Küche rennen die Kinder ungeduldig herum und befürchten, dass ihr heiß erwarteter Backunterricht heute ausfallen könnte, da der Backofen kaputt gegangen ist. „Eine neue Heizröhre wurde mir gespendet, aber sie kommt erst in ein paar Tagen“, erklärt Alex den enttäuschten Kindern. Aber er gibt nicht auf und kurzerhand werden heute dann halt Kokoskugeln und Krapfen gemacht.

Der 22-jährige mag Kinder sehr und findet schnell den richtigen Ton mit ihnen. Die Idee entstand während der Corona-Krise, erklärt Alex Galamb: „Ich konnte nicht arbeiten gehen und die Kinder durften nicht in die Kita und die Schule. Es hat ständig geregnet und so konnten sie auch nicht draußen spielen. Da ich Backen liebe, mache ich es auch zu Hause ständig und die drei Kinder, die mit mir im Haus leben, helfen mir immer dabei. Da haben wir einfach die Kinder aus der Nachbarschaft eingeladen, mitzumachen. Erst waren es ein paar und jetzt sind wir schon über 15“.

Kinder beim Herstellen von Kokoskugeln
BR | Attila Poth
Das Ergebnis der Teamarbeit „Kokoskugeln“

Mittlerweile ist daraus eine richtige Kampagne unter dem Namen „Backen ist gut“ geworden. Die Treffen finden momentan in seiner Küche statt, aber Alex hofft, bald ein eigenes Zimmer im Haus zur Mini–Bäckerei für Kinder umbauen zu können. „Es fehlt uns an finanziellen Mitteln. Wir haben bisher 500.000 Forint (etwa 1.400 EUR) an Spenden bekommen. Das reicht nicht mal aus, um Anschlüsse für Wasser und Starkstrom zu bekommen, geschweige denn für richtige Backgeräte. Aber wenn jemand uns Geräte oder Werkzeuge spenden könnte, egal wie klein oder einfach, würden wir uns sehr darüber freuen“.

Alex arbeitet in einer Bäckerei im Nachbarort und immer, wenn er einen freien Tag hat, unterrichtet er die „seine“ Nachwuchsbäcker. Und für alle findet er die richtige Beschäftigung, ob sie erst drei Jahre alt sind oder 13. Das Alter spielt keine Rolle, aber eine Bedingung müssen alle erfüllen: „Wer in die Schule geht, muss erst die Hausaufgaben gemacht haben, nur dann kann er zum Backen kommen“. Denn Alex hatte als selbst erfahren, dass man nur mit Bildung aus dem Armutskreislauf, in dem viele Roma leben, ausbrechen kann. Und dann können aus Träumen Ziele werden. Und Alex hat sein nächstes Ziel klar vor Augen: „Eines Tages würde ich gerne Lehrer werden, damit ich meinen Beruf und mein Wissen auch offiziell weitergeben kann.“