Andreas Lehner, Christian Drobits, Horst Horvath, Wolfgang Spitzmüller, Walter Reiss, Erich Schneller, Silke Rois, Peter Sitar, Ludwig Horvath, Manuela Horvath
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Roma sam | Diskussion

25 Jahre Attentat | Erinnerung | Bewältigung | Veränderung

Anlässlich des Gedenkens an das Attentat in Oberwart, in der Nacht vom 4. auf den 5. Februar 1995, veranstaltete die Roma VHS in Kooperation mit der AK-Bücherei eine Podiumsdiskussion.

Vor 25 Jahren tötete eine Rohrbombe vier Roma Josef Simon, Erwin Horvath, Karl Horvath und Peter Sarközi. Das rassistisch motivierte Attentat hinterließ tiefe Wunden bei den Volksgruppenangehörigen und rückte diese zugleich in den Fokus der Öffentlichkeit.

Die gesamte Geschichte hören Sie am Montag, 3.2.2020,
auf Radio Burgenland.
Roma sam | 20:50 Uhr

Medienvertreter, die damals zu den ersten gehörten, die über die Geschehnisse in Oberwart berichteten, waren die ehemaligen ORF Journalisten Walter Reiss und Erich Schneller, sowie Peter Sitar, selbst Oberwarter und damals Redakteur beim Kurier. Sie erinnerten sich bei der Podiumsdiskussion gemeinsam mit Ludwig Horvath, der in der Roma Siedlung lebt, an jenen Tag, der als Tag des Terrors in die Geschichte eingegangen ist.

Diskussion
25 Jahre Attentat: Erinnerung – Bewältigung – Veränderung
30.1.2020
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25 Jahre Attentat: Erinnerung | Bewältigung | Veränderung, 30. Jänner 2020

Noch bevor man von einem rassistisch motivierten Akt ausging, berichteten einige Medien von einer Fehde zwischen den Einwohnern der Romasiedlung. Diese Information ging auf Aussagen von Ermittlungsbeamten vor Ort zurück. Noch bevor man Klarheit hatte, verbreitete sich diese Information, die den Rassismus gegen Roma, drei Jahre nachdem diese als Volksgruppe anerkannt worden waren, deutlich werden ließ. Erst dann folgte eine Nachrichtensperre, bis schließlich klargestellt wurde: Es war ein Attentat, abgezielt auf die Volksgruppe der Roma.

Walter Reiss berichtete damals für den ORF und erinnert sich an diese ersten Stunden nach dem Grauen. Die Distanz als Journalist zu wahren, war für ihn damals die größte Herausforderung.

Walter Reiss
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Walter Reiss

Erich Schneller, Vorstandsmitglied der Roma Volkshochschule und jahrelanger Wegbegleiter der Romabewegung, führte die ersten Interviews mit Betroffenen aus der Volksgruppe. Viele befanden sich in einer Art Schockzustand. Das Trauma, das das Grauen der NS-Zeit hinterlassen hatte, saß zu tief, als dass es nicht die Angst vor dem schon einmal Erlebten wieder lebendig werden ließ.

Die Erlebnisse während des Zweiten Weltkrieges und der Umgang mit den Roma in der Nachkriegszeit, schufen eine tiefe Kluft zwischen Roma und der Mehrheitsgesellschaft, die nun nochmals vertieft wurde. Erich Schneller erzählt von der tiefen Betroffenheit und dem Schmerz der Roma in Oberwart. Erst als der Attentäter Franz Fuchs zwei Jahre später gefasst wurde, war ein Aufatmen in der Volksgruppe zu vernehmen. Das Attentat habe aber auch sehr viel verändert, denn plötzlich wurden die Roma für die Mehrheitsgesellschaft sichtbar gemacht und man wurde aufmerksam.

Andreas Lehner, Christian Drobits, Horst Horvath, Wolfgang Spitzmüller, Walter Reiss, Erich Schneller, Silke Rois, Peter Sitar, Ludwig Horvath, Manuela Horvath
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(v.l.) Andreas Lehner, Christian Drobits, Horst Horvath, Wolfgang Spitzmüller, Walter Reiss, Erich Schneller, Silke Rois, Peter Sitar, Ludwig Horvath, Manuela Horvath

Ludwig Horvath kam an jenem Abend vor 25 Jahren gerade von der Arbeit nachhause und traf die vier Roma Josef Simon, Erwin Horvath, Karl Horvath und Peter Sarközi noch auf dem Parkplatz, kurz bevor diese eine Tafel mit der Aufschrift „Roma zurück nach Indien“ entfernen wollten, nicht wissend, dass sich dahinter eine Rohrbombe befand. Wäre er nicht so erschöpft gewesen und gleich nachhause gegangen, wäre er vielleicht auch ermordet worden, so Horvath.

Er erinnere sich auch an die Hausdurchsuchungen der Polizei und das Misstrauen gegenüber den Roma, das damals herrschte. Trotz der tragischen Ereignisse von damals blickt Ludwig Horvath optimistisch in die Zukunft, denn vieles habe sich für Roma seit damals verbessert. Im Bildungsbereich und was den Zugang zum Arbeitsmarkt betrifft, haben es die Roma heute einfacher als damals, so Horvath.

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25 Jahre Attentat: Erinnerung – Bewältigung – Veränderung
30.1.2020
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(v.l.) Peter Sitar, Walter Reiss, Ludwig Horvath, Erich Schneller, Manuela Horvath

Peter Sitar war ebenfalls als einer der ersten am Ort. Er beschreibt die ersten Szenen als surreal. Die Leichen lagen noch auf der Straße, Meldungen über eine Fehde kursierten schon, nur wenigen war zu diesem Zeitpunkt klar, dass es sich um ein rassistisch motiviertes Attentat handelte. Es war ein Moment, als er die Berichterstattung so mancher anderer Medienvertreter sah, in dem er sich für seinen Berufstand schämte. Schamlos wurden Fehlinformationen ohne gründliche Recherche und ohne Überprüfung der Fakten verbreitet und dies zum Leidwesen der Roma.