600 traumatisierte Flüchtlinge auf Therapie-Warteliste

Für die ausreichende psychologische und medizinische Betreuung von in Österreich nach Folter oder Kriegstraumata angekommenen Flüchtlingen reicht laut der Wiener Hilfsorganisation Hemayat weiterhin das vorhandene Geld nicht aus.

„Für mehr als 600 Menschen auf der Warteliste fehlen die finanziellen Mittel“, teilte die Organisation jetzt mit.

Etwas verzögertes Abbild der Weltpolitik

Während die Zahl der in Österreich ankommenden Flüchtlinge im Vergleich zu 2015 radikal zurückgegangen ist, steige der Bedarf an psychologischer, psychotherapeutischer und medizinischer Hilfe. „Der Bedarf an psychologischer Betreuung für schwer traumatisierte Frauen, Männer und Kinder war noch nie so groß wie heute. (…) Hemayat stellt eigentlich ein etwas verzögertes Abbild der Weltpolitik dar. Viele durch Folter oder Krieg traumatisierte Menschen erreichen das Betreuungszentrum erst jetzt, obwohl sie bereits seit einiger Zeit in Österreich sind. Sie werden von Albträumen und Schlafstörungen geplagt, haben unerklärliche psychosomatische Schmerzen, Depressionen und Flashbacks, bei denen sich plötzlich grauenhafte Erinnerungen an das Erlebte aufdrängen“, hieß es in einer Aussendung.

49 Therapeuten und 32 Dolmetscher

Bei Hemayat arbeiten derzeit 49 Therapeuten sowie 32 speziell geschulte Dolmetscher für 21 Sprachen. Eine Stunde Psychotherapie kostet 55 Euro, eine Stunde Dolmetsch-Leistung in der Therapiestunde kostet 29 Euro. Finanzielle Unterstützung erhält der Verein derzeit durch die Europäische Union aus Mitteln des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF), durch das Innenministerium, Ärzte ohne Grenzen, die Karl Kahane Foundation, den Fonds Soziales Wien, die Wiener MA 17 (Abteilung für Integration und Diversität), die RD Foundation Vienna, die Wiener Gesundheitsförderung (WiG), das Bundesministerium für Frauen, Familien und Jugend, Amnesty International, Licht ins Dunkel, die Österreichische Nationalbank (OENB) und durch viele private Spender.

Video eines iranischen Folteropfers

Der Verein hat auf seiner Homepage auch ein Video mit Aussagen eines iranischen Folteropfers, das in Wien betreut worden ist. Darin schildert „Amir“ seine Situation auch noch lange nach den traumatischen Erlebnissen: „Obwohl ich niemals politisch aktiv war, wurde ich eines Tages mitgenommen, gefangen und gefoltert. Als Folge dieser Folter sind starke psychische Probleme bei mir aufgetaucht. Ich konnte nicht mehr schlafen. Und wenn ich geschlafen habe, dann hatte ich immer schlimme Albträume von der damaligen Zeit. Gott sei Dank geht es meiner Psyche durch die Behandlungen bei Hemayat im Vergleich zu früher viel besser. Ich glaube, dass ich immer mit meiner persönlichen Geschichte, mit meinem Trauma leben werde. Aber ich glaube auch, dass ich lernen kann, das Ganze zu kontrollieren.“

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