Empörung in Slowenien über Juncker

In Slowenien ist ein Bericht des Magazins „Der Spiegel“, wonach sich EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker im Grenzstreit zwischen Slowenien und Kroatien über den Rat seiner hauseigenen juristisches Dienstes hinweggesetzt haben soll, als er die Kommission aus dem Streit herausgehalten hat, auf scharfe Kritik gestoßen.

Pahor zeigte sich kritisch

Dem Bericht zufolge ließen die Kommissionsjuristen in ihrer Expertise keine Zweifel, dass Slowenien das Recht weitgehend auf seiner Seite hat, dennoch hielt Juncker die Kommission aus dem Streit heraus. Nach „Spiegel“-Informationen soll sich die Kommission auch deshalb dafür entschieden haben, weil der kroatische Ministerpräsident Andrej Plenković Juncker darum gebeten hatte. Beide Politiker gehören der Parteifamilie der Europäischen Volkspartei (EVP) an, während Slowenien eine Mitte-Links-Regierung hat.

Der slowenische Staatspräsident Borut Pahor zeigte sich kritisch darüber, dass die Kommission „aus politischen Gründen“ die Expertise ignoriert hat. Das sei eine „schlechte Botschaft für potenzielle zukünftige Grenzvereinbarungen am Westbalkan“, mahnte Pahor laut Medienberichten. Indem die Kommission ihrem juristischen Dienst nicht zugehört hat, verpasste sie laut dem slowenischen Präsidenten die Gelegenheit, um zu beteuern, dass man bilaterale Abkommen, die ratifiziert wurden und mit einem Schiedsurteil den Grenzverlauf festgelegt haben, respektieren muss.

Auch der neue Premier Marjan Šarec betonte, dass die Entscheidung der EU-Kommission, in dem Streit neutral zu bleiben, eine schlechte Botschaft sei. „Wir müssen auf dem Prinzip des Rechtsstaats bestehen“, sagte Šarec laut Medienberichten. Das im Vorjahr ergangene Schiedsurteil müsse umgesetzt werden, auch wenn es „nicht so günstig für Slowenien ist, als manche es geglaubt haben.“

Cerar: „Kein anderer Weg als Umsetzung“

Außenminister und Ex-Premier Miro Cerar sieht sich durch den Bericht in seiner Position bestätigt, dass die EU-Kommission ihre Rolle als Hüterin der EU-Verträge nicht erfüllt habe. Es gebe keinen anderen Weg als die Umsetzung des Schiedsurteils, betonte Cerar, dessen Regierung die Klage gegen Kroatien eingeleitet hatte. Nun gelte es, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) abzuwarten. „Wenn nicht vorher, wird dann klar, dass die Nichteinhaltung des Schiedsurteils nicht nur eine Verletzung des internationalen Rechts, sondern auch des EU-Rechts darstellt“, so Cerar.

Noch harscher fiel die Kritik des Parlamentspräsidenten Dejan Židan aus. Der Chef der Sozialdemokraten warf Juncker vor, mit seinen politisch motivierten Handlungen die Grundfesten der EU zu gefährden. „Juncker hat falsch gehandelt, deshalb ist es gut, dass geht“, betonte Židan laut Medien. Er erinnerte daran, dass weder die aktuelle noch die frühere slowenische Regierung dem rechten politischen Lager angehören, während die EU-Kommission von der EVP kontrolliert werde.

Kein Kommentar in Kroatien

In Kroatien gab es keinen Kommentar zum „Spiegel“-Bericht. Die Regierung gebe keine Stellungnahme zu internen Dokumenten ab, hieß es auf Anfrage der Nachrichtenagentur STA. Die Kommission habe richtig entschieden, sich nicht in den bilateralen Grenzstreit zwischen Kroatien und Slowenien einzumischen.

In dem Streit um die Umsetzung das internationalen Schiedsspruchs zum Grenzverlauf hat Slowenien den Artikel 259 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU aktiviert. Nachdem die EU-Kommission - laut „Spiegel“ gegen den Rat der hauseigenen Juristen - darauf verzichtet hat, eine sogenannte „begründete Stellungnahme“ abzugeben, reichte Ljubljana in Juli eine Klage gegen das Nachbarland vor dem EuGH in Luxemburg ein.

Die Expertise, die in der Kommission unter Verschluss gehalten wird und dem „Spiegel“ vorliegt, hatten dem Bericht zufolge nicht einmal die Zuständigen EU-Kommissare zu Gesicht bekommen. Die slowenische Verkehrskommissarin Violeta Bulc bestätigte gegenüber dem TV-Sender TV Slovenija, das Dokument niemals auf den Tisch bekommen zu haben.

„Der Juristische Dienst ist der Ansicht, dass ein Großteil der seitens Sloweniens zur Begründung einer Unionsrechtsverletzung durch Kroatien vorgebrachten Klageanträge als festgestellt gilt“, heißt es darin. „Das Ergebnis des Schiedsgerichtsverfahrens muss von der EU akzeptiert werden.“ Das Schiedsgericht war unter Schirmherrschaft der EU-Kommission eingesetzt worden, die auch maßgeblichen Einfluss auf die Zusammensetzung des Tribunals nahm.