Neues Košice. Gesicht einer Stadtkultur im Aufbruch

Von Wien nach Košice. Eine Reise, die für mich einen Querschnitt der österreichisch-slowakischen Geschichte ausmacht. Das Abenteuer beginnt mit der Einladung der Slowakischen Vertretung für Tourismus „zu einer interessanten Pressereise in die Ost-Slowakei, speziell in die Region Košice“.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Die Stadt war im Jahr 2013 Europäische Kultur-Hauptstadt und dieses Jahr trägt Košice den Titel UNESCO Creative City of Media Arts 2018. Košice/Kaschau ist uns als Volksgruppenredaktion stets ein Begriff. Wie oft gab es in Wien Präsentationen dieser Stadt als multikultureller Anziehungspunkt, eine Stadt, in der die ungarische, deutsche, Roma Volksgruppe ihre Identitäten stets leben und prägen können. Košice, eine ehemalige Monarchiestadt, die trotz der weiten Entfernung zu Wien die Nähe zur Donaustadt spüren lässt. Es ist die deutsche Sprache, die Architektur, die Familiennamen, überall ist das Österreichische hier greifbar. 2013 besuchte ich bereits diese Stadt, atmete die sich im kulturellen Aufbruch befindenden Örtlichkeiten, die nun 2018, wie ich erfahren durfte, zum festen Bestandteil für die Stadtbevölkerung geworden sind. Auch davon zeugt die sechsteilige Sendungsreihe des Radiomagazíns für die slowakische Volksgruppe, Rádio Dia:tón.

Košice | Tvár mestskej kultúry v rozmachu
Priame vlakové spojenie medzi Viedňou a Košicami
O rozšírení širokorozchodnej trate Košice - Viedeň
Košice, ostrov kultúry

Kosice | Kulturinsel

Yvonne Erdost

Ich besuchte damals, 2013, auch die Siedlung Lunnik IX., die größte Roma Siedlung der Slowakei, die 2013 oft in internationale Schlagzeilen gelangte, auch auf Grund der von den Wohnungseignetümern aufgezogenen Mauer, die zu anderen Zwecken diesen sollte, als es öffentlich dargestellt worden ist. Mehr zu dieser Thematik haben mein Kollege Serdar Erdost und ich im Artikel unserer Homepage volksgruppen.orf.at „EU Oberflächlichkeit im Namen der Grundrechte | Mauer in Košice“ veröffentlicht. Die diesjährige Reise öffnete mein Interesse zahlreichen weiteren Aspekten, die diese Stadt und ihre Menschen betreffen.

Einer dieser Aspekte, der sich von Schicksal zu Schicksal meiner Interviewpartner/innen zog, sind die Umbruchsjahre in der Slowakei seit 1989. Das abrupte Ende des Realsozialismus und der schnelle Wandel zur kapitalistischen Gesellschaft zieht seine geschichtlichen Fäden mit sich. Sei es in der Stadtgestaltung, im Schulwesen, im Tourismus. Ich traf mich und sprach mit Lehrer/innen, Höhlenforscher/innen, Restaurantbesitzer/innen, Nähern/innen, Zugmitarbeiter/innen, Kulturtreibenden, Busfahrer/innen sowie Obdachlosen und Reiseleiter/innen in der Stadt im slowakischen „Kras | Karst“.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

In einem Ort voller Historie und (Lebens-)Geschichten ergeben gerade diese Menschen ein Mosaik voller Hoffnung, Enthusiasmus und ein Lächeln, das ihre Schicksale stets mit ihrer Stadt verbindet. Begleiten sie eine Reportage über das „Neue Košice. Das Gesicht einer Stadtkultur im Aufbruch“.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Direkte Bahnverbindung zwischen Wien und Košice

Seit Dezember 2017 heisst es wieder Bahn frei für die direkte Verbindung zwischen Wien und der größten östlichen Stadt der Slowakei Košice. Täglich startet in den frühen Morgenstunden eine der modernsten und schnellsten Zuggarnituren der Slowakei, der Intercity. Sechs Stunden und sechs Minuten wird der Reisende hier von der Aussicht auf das Tatragebirge, den längsten slowakischen Fluss der Váh, die historischen Städten Žilina, Trnava, oder Trenčín, sowie das als „Tor zur Tatra“ bekannte Poprad Tatry, Bratislava und schließlich das österreichische Marchfeld bis zum Endbahnhof, den zentralen Wiener Hauptbahnhof begleitet.

Im erste Klasse Wagon wechseln sich großzügige Einzelsitze mit gemütlichen Viersitzmöglichkeiten samt Tisch ab und der Speisewagon wird seinem ihm vorauseilendem guten Ruf gerecht. Denn hier wird noch frisch „gute slowakische Küche“ und zudem auch ein breites Angebot zubereitet. Ľubomír Hradiský, der Abteilungsleiter für Internationale Beziehungen der slowakischen Bahngesellschaft | Železničná spoločnost Slovensko | ŽSSK, spricht im ersten Teil der Sendereihe in Rádio Dia:tón mit mir über die Vorteile dieser direkten Verbindung.

On demand | Rádio Dia:tón „Direkte Bahnverbindung zwischen Wien und Košice“ | 25.6.2018

Direkte Bahnverbindung Kosice-Wien

Yvonne Erdost

Marek Kasa und Ľubomír Hradiský von der slowakischen Bahngesellschaft | ŽSSK

„Die slowakischen Bahnen sind sehr eng verbunden mit den österreichischen. Genau dieses Jahr feiern wir den 170. Jahrestag der Entstehung der slowakischen Bahnen mit dem Ereignis, dass damals im August 1848 der erste Pferdewagen von Wien nach Pressburg startete. Dies zählt man als Beginn der "Geschichte der slowakischen Bahnen“, erzählt Ľubomír Hradiský von der Slowakischen Bahngesellschaft während unserer gemeinsamen Fahrt in den Osten der Slowakei.

„Es gab schon in den frühen 2000der Jahren eine direkte Verbindung von Košice nach Wien, die verlief aber über Kittsee und damit verbunden durch ganz Bratislava, sie dauerte also deutlich länger als die neue Strecke über Marchegg“, erklärt Ľubomír Hradiský. Die Intercity Reisenden nach Košice dürfen sich im Zug auch über eine Wasserflasche freuen, die im Preis inbegriffen ist. Erste Klasse Passagieren wird zudem auch ein kostenloses warmes Getränk angeboten. „Damit wollen wir zeigen, dass man hier wirklich mit höchster Qualität reist, in unserem slowakischen Netz“, ergänzt Hradiský von der slowakischen Bahngesellschaft ŽSSK.

Die Preise für die Strecke Wien Košice im Intercity scheinen fair zu sein: Per ÖBB Sparschiene schon um 29,- Euro.

Direkte Bahnverbindung Kosice-Wien

Yvonne Erdost

Nach einigen Stunden Fahrt steht der Intercity von Wien nach Košice in der Stadt Vrútky, hier werden Waggone für den Regional- und Fernverkehr hergestellt. Mit seiner Eisenproduktion- und Reparaturfabrik ist die Stadt ein bedeutender Partner auch für die slowakische Bahngesellschaft, unterstreicht Hradiský beim Halt des Zuges in dieser Station. Außerdem bietet der Bahnhof Vrútky auch eine gute Gelegenheit umzusteigen, in eine Bahn Richtung Banská Bystica, eine der „schönsten Bahnstrecken“ der Slowakei, die wegen ihrer zahlreichen Tunnels und schönen Aussicht auch der „slowakische Semmering“ genannt wird, erfahre ich.

Zu Tickets gelangt man leicht über das Internet www.slovakrail.sk oder www.öbb.at, persönlich an fast jedem Bahnhof am Schalter, oder beim Schaffner im Zug mit geringem Aufschlag. Reservierungen seien im Intercity nach Košice notwendig, so Hradiský.

„Wir haben eine hervorragende Zusammenarbeit mit den Österreichischen Bundesbahnen im Bereich Marketing und Verkehr. Sie unterstützen diese direkte Verbindung und haben Interesse daran, dass Reisende direkt nach Košice gelangen. Wir propagieren umgekehrt auch die österreichischen Reiseziele. So sind wir den österreichischen Kollegen sehr dankbar, dass man mit ihnen so gut zusammenarbeiten kann“, freut sich Ľubomír Hradiský über die Infoplakate zur direkten Bahnverbindung nach Košice in den Österreichischen Zugwaggonen. Wissenswert ist hier, dass Senioren über 62 und Studenden bis 26 Jahren mit allen Zügen der Zweiten Klasse in der Slowakei kostenlos reisen. Dies betrifft alle Bürger der Europäischen Union. Eine sympatische Alternative per Bahn nach Košice zu gelangen, stellt auch der Nachtzug dar. Seit 5. Juni 2018 verkehrt dieser direkt von Wien über Tschechien nach Košice und startet um 22.10 Uhr am Wiener Hauptbahnhof.

Dem Sonnenaufgang in Poprad Tatry, folgt um 9.08 Uhr die Ankunft in Košice. Einer Stadt, die seit den 1970er Jahren vor allem durch ihre Eisenproduktionsfabrik und den damit zusammenhängenden Zuzug zur damals größten Stadt der Slowakei wurde.

Direkte Bahnverbindung Kosice-Wien

Yvonne Erdost

Breispurstrecken Endbahnhof | Košices stetige Sehnsucht nach Stahl

Marek Kasa ist der Leiter der Abteilung für Fernverkehr und Internationalen Verkehr der slowakischen Bahngesellschaft. Auf meiner Fahrt nach Košice mit dem Intercity begleitet auch er mich, neben seinem Kollegen Ľubomír Hradiský durch die wunderbare Landschaft der Tatra, die uns ringsum auf der Reise nach Košice umschließt. Außer der Neuigkeit, dass schon ab Dezember diesen Jahres die Züge des Railjet, die bisher zwischen Zürich und Wien verkehrten, bis Bratislava verlängert werden, wird es dann von dort einen Anschlusszug bis in das ostslowakische Humenné, also auch nach Košice, geben, spricht der Košicer Kasa über die enge Verbindung der Stadt mit ihrem Stahlwerk, heute U.S.Steel, und das damit zusammenhängende Projekt der Breitspurstrecke Košice-Wien.

Stahlwerk U.S. Steel in Kosice

sme.sk

Ehemalige Ost-Slowakische Eisenfabrik, heute U.S. Steel

Die Breitspurstrecke Košice-Wien ist ein internationales Projekt zur Verlängerung der Breitspurbahn vom Umland der Stadt Košice bis nach Wien. Marek Kasa nimmt kurzerhand einen Bleistift und zeichnet mir einen Plan, an dem er unter dem Punkt, den er mit „Košice“ betitelt, noch einen Punkt einzeichnet und „Haniska“ darunter schreibt. Die Nähe zu Košice wird so für mich spürbar.

Daneben steht das Eisenwerk U.S.Steel. Auf meine Frage, ob die Košicer Bewohner unter der Verkehrs- und Umweltbelastung durch diesen Verladebahnhof leiden, entgegnet der Eisenbahner mit einem Schmunzeln, dass die Bewohner natürlich glücklich und dankbar für diesen Wirtschaftsstandort seien. Zufällig erfahre ich, dass Marek Kasa in seinen Anfängen bei der slowakischen Bahngesellschaft Dispatcher in Hanuska bei Košice war. Er erinnert sich, dass damals etwa acht Güterzüge täglich in den Bahnhof einrollten. Ein solcher hatte zwanzig Wagone und wog um die zweitausend Tonnen. Heute fahren dort Züge, die bis zu fünftausend Tonnen wiegen.

On demand | Rádio Dia:tón | 2.7.2018 | „Breispurstrecken Endbahnhof | Košices stetige Sehnsucht nach Stahl“

Die Stahlproduktionsstätte, einstmals die Ost-Slowakische Eisenfabrik, heute U.S. Steel, bedeutet für die Region viel, weiß Hradiský. Als die Fabrik gebaut wurde, bot sie Arbeitsplätze für 15.000 Personen. Natürlich brachten die Arbeiter ihre Familien mit, Siedlungen wurden gebaut und somit wuchs die Kleinstadt Košice zu einer heute 250.000 Einwohner zählenden Stadt.

Das gleiche, wie U.S. Steel für die Košicer Region bedeute, nämlich Arbeitsplätze und wirtschaftliche Entwicklung, so Marek Kasa von den Slowakischen Bahnen, sei auch der Breitspurendbahnhof für die Bewohner. Es gäbe kaum jemanden in Košice, der nicht zumindest ein Familienmitglied hätte, das im Eisenwerk, oder im Breitspurbahnhof beschäftigt wäre, oder in irgendeiner Hinsicht mit diesem verbunden wäre, erklärt Kasa. Für die burgenländische Gemeinde Parndorf ist dieses Schicksal wohl nicht vorgesehen, oder, besser gesagt, weder Bürgermeister noch Bürger/innen wollen es so vorgesehen haben. Sie stemmten sich vehement gegen den Ausbau des Breitspurendbahnhofes in ihrer Gemeinde. Der ORF Burgenland berichtet am 16. Mai 2018 über das Endgültige Aus für den möglichen Standort Parndorf auch seitens der Landesregierung: „Vom Parndorfer Bürgermeister Wolfgang Kovacs (Liste Parndorf) kam dazu ein klares Nein: ‚Das ist etwas, da kann man nicht diskutieren, ob wir uns unserer Lebensqualität ein bisschen mehr oder weniger zerstören lassen. Die Gemeinde Parndorf werde nie und nimmer eine Zustimmung zu irgendeiner Widmung da draußen geben‘.“

konferencija za štampu o izgradnji širokotračne željeznice breitsprubahn pk

ORF

Pressekonferenz zum Ausbau der Breitspurbahnstrecke im Burgenland

Über die Transsibirische Eisenbahn soll mit dem Ausbau der Breitspurbahn, die heute bei Košice endet (ab hier fahren die Züge heute auf „Normalspur“, die etwas schmäler ist), eine 8000 km lange Bahnverbindung ohne Spurwechsel für den Warentrasport zwischen Ostasien und Wien hergestellt werden. Dadurch soll für Europa eine schnellere Alternative zum Warentransport auf dem Seeweg entstehen. Das Projekt ist Teil der Initiative „Eurasische Landbrücke" und wird auch als „Neue Seidenstrasse“ betrachtet.

Direkte Bahnverbindung Kosice-Wien

Yvonne Erdost

Einer, der auch diese Problematik gut kennt und die europäischen Bahngleise zu seiner Heimat gemacht hat, ist der Herausgeber des Bahnmagazins Bahn Max Heinz Katzenbeisser. Dass Lärmbelastung von Güterzügen heutzutage im Zaum gehalten werden kann und warum es historisch gesehen unterschiedliche Bahnspuren gibt, darüber spricht Katzenbeisser ebenso, wie von einer interessanten Alternative zum Ausbau der Breitspurbahn, nämlich einer Umspurung: „Wir sprechen von einem geringen Spurweitenunterschied und es ist technisch möglich, die Achsen um diese rund acht Zentimeter zusammenzustauchen. Der Güterzug würde langsam über eine Umspurungsanlage fahren und dabei würde der Spurweitenabstand verändert werden. In der Schweiz wird derzeit sogar eine Anlage gebaut, bei der um rund vierzig Zentimeter umgespurt wird. Technisch gibt es diese Lösungen, man müsste nur die Güterwägen umrüsten. Der Vorteil wäre aber, dass diese Züge dann vielmehr Ziele anstreben könnten, als nur die entlang der verlegten Gleise“, so Katzenbeisser.

Gailtalbahn Elektrifizierung Bauarbeiten Lokalaugenschein Gleise Zug ÖBB

ORF

„Ein Durchführen von Güterzügen von der Slowakei nach Wien würde der Slowakei wirtschaftlich natürlich wenig bringen“, fügt der Bahnkenner Katzenbeisser hinzu. Aufgewachsen in der Nähe des Güterverkehrsbahnhofes Wien Stadlau beobachtete er als Bub von der Fußgängerbahnhofsbrücke aus gerne die Dampflokomotiven. Nach einer Kindheit zwischen Dampfeisenbahnen und Modellbahnen zu Hause gibt er nun seit 15 Jahren das Bahnreisemagazin Bahn Max heraus und schenkt dort gemeinsam mit seinem Team seiner Leidenschaft, der Bahnfahrt, den richtigen Platz. So kam es, dass auch Heinz gemeinsam mit mir die gemütlichen roten Sitze des Intercity nach Košice teilte.

Reisemagazin Bahnmax

Bahnmax.com

Marek Kasa, Leiter der Abteilung für Fernverkehr und Internationalen Verkehr der slowakischen Bahngesellschaft, kennt die slowakische Historie und ist auch einer von jenen, der oft und gerne aus dem Zugfenster im Vorbeifahren in seinen Gedanken gemeinsam mit den Burgen, Städten und Gebirgen an sich vorbeiziehen lässt. Eine schöne Strecke hat die junge Slowakei, die heuer ihr 25. Gründungsjubiläum feiert, hinter sich. Vor uns liegt nun die Stadt Košice. Nach extakt sechs Stunden und sechs Minuten Fahrt frage ich nach Marek Kasas Empfehlungen, wohin meine ersten Schritte führen sollten, wenn ich in Košice aussteige: „Auf jeden Fall in die Kathedrale der Heiligen Elisabeth, die ist einzigartig“, sagt der Eisenbahner und greift nach seiner Jacke. Ich tue ihm gleich und wundere mich, voller Vorfreude auf das, was mich erwartet, wie ein halber Tag so schnell vergehen konnte.

Direkte Bahnverbindung Kosice-Wien

Yvonne Erdost

Meine Kollegen/innen und ich bei unserer Ankunft am Košicer Bahnhof

Košice, eine Kulturinsel | Dom der Heiligen Elisabeth

In der östlichst gelegenen Kathedrale der katholischen Kirche wird gerade, als ich sie betrete, wie sooft geheiratet, „es ist Juni, also ist der Dom nun ständiger Gastgeber für Hochzeitszeremonien“, erklärt die Reiseleiterin. Für einige Momente genieße ich diese einzigartige Stimmung.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Gleich um die Ecke vom Dom der Heiligen Elisabeth in einer verschlafenen Seitengasse liegt das Restaurant Villa Regia. Dass dieser Name eng mit der Geschichte der Stadt verbunden ist, erzählt Marika Duffeková vom Tourismus Büro Visit Košice während unseres gemeinsamen Abendessens dort. „Diese Stadt war nach Buda die bedeutendste in der damaligen Monarchie. König Ludovit IV. ging hier ein und aus und es ist auch die erste Stadt, die ein Wappen getragen hat“, erzählt Marika Duffeková von Košice Turizmus.

Kosice | Kulturinsel

Yvonne Erdost

Zurück beim Dom der heiligen Elisabeth macht sich für mich ein kleines Bächlein bemerkbar. Still und geduldig bahnt es sich seinen Weg, epochal in die Pflastersteige integriert, durch die Innenstadt Košice und umschliest so den sich lange erstreckenden „Hauptplatz“, den Dom und das Nationaltheater. Kinder pritscheln darin, eine Dame watet mit hochgekrempelten Hosenbeinen hindurch. Links und rechts begleiten unbenutzte Stassenbahngleise das Wässerchen. Heute ist die Košicer Innenstadt eine Fußgängerzone und eben, es ist Mitte Juni, findet hier ein internationales Drehorgelfestival statt.

Vor der geschichtsträchtigen Kulisse der Košicer Altstadt, die den Realsozialismus mit der Monarchiezeit malerisch in sich vereint, wetteifern im Klang der Drehorgeln die Wasserstrahlen des Hochstrahlbrunnens in seinen sich wechselnden Farben. Der Brunnen trennt die beiden imposanten Gebäude der Altstadtinsel, das Nationaltheater und den Dom.

Kosice | Kulturinsel

Yvonne Erdost

Außer des täglichen morgentlichen Marktplatzes im Zentrum, auf dem regionale und saisonale Köstlichkeiten verkauft werden, gibt es an diesen Juni Tagen auch das mehrtägige „Gurman Fest“ im Stadtpark. Ein Essens- und Kunstfestival der regionalen Anbieter. Hier treffe ich Zuzana Radačiová. Sie näht Röcke und Taschen. An diesem Tag verkauft die dunkelhaarige Dame beides hier am „Gurman Fest“ bei ihrem eigenen Stand. Die bunten und frohen Stoffe waren es, die meine Aufmerksamkeit erregten. Zuzana Radačiová reagiert emotional, als sie mir, während ich einen gelben Rock mit auffälligen roten Lilien probiere, ihre Geschichte erzählt: „Ich konnte lange keine Arbeit finden, so kam es dazu, dass ich mit meinen Kolleginnen die Firma, ‚Som.Ina | Ich bin anders‘ gegründet habe.“

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Rádio Dia:tón | Košice, die Kulturinsel | 9.7.2018

Drei Damen sind es, die heute die Firma „Som. Ina“ leiten und ihre selbsthergestellten Produkte auf Märkten und über das Online Portal „sashe.sk“ verkaufen. Es sei sehr schwer gewesen, für sie als alleinerziehende Mutter mit fünf Kindern, erzählt Zuzana Radačiová, bevor aufkommende Tränen ihr die Kehle zuschnüren. Das Nähen sei ihre Rettung aus der langen Arbeitslosigkeit gewesen, sagt die nun lächelnde Dame. Um von den schweren Zeiten abzulenken, zeigt sie mir die neuesten Muster und Stoffe, wie einen auf den sie besonders stolz ist, den „Gypsy“ Stoff aus besonders leichtem Material. Es ist genau der, aus dem auch der von mir probierte Rock genäht wurde. Ich kaufe ihn und trage ihn seit her in Gedanken an diese nette Dame in Košice. Ihre und andere slowakische Produkte, die Näher/innen, und andere Künstler/innen zu Hause produzieren, findet man auf der Internetseite www.sashe.sk. Selbst designte Möbel, Kleidung bis hin zu individuellen Accessoires, Spielzeug und vieles mehr werden hier vereint und sind so leicht zu finden.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Zuzana Radačiová mit Yvonne Strujic-Erodst von der ORF Volksgruppenredaktion

Etwas, was für jede Region wohl charakteristisch ist, ist auch der Wein. Den finde ich in der Villa Cassa, dem Weinlokal nahe der für Košice so bekannten Handwerkergasse.

Kosice | Kulturinsel

Yvonne Erdost

Durchgang zur beliebten Košicer „Handwerkergasse“

Kosice | Kulturinsel

Yvonne Erdost

Der Besitzer der Villa Cassa Vladimír Čuchran mit seinem Kollegen Robo. Čuchran erzählt über die slowakischen Weine und deren Bedeutung in Europa

Leere Fabrik als Nährboden für blühende Kreativität in Košice

Die von der slowakischen Vertretung für Tourismus organisierte Reise führte in den warmen Frühlingstagen dieses Jahres mit der direkten Zugverbindung vom Wiener Hauptbahnhof in die ostslowakische Stadt Košice. Ein Blick aus dem Zugfenster während der knapp sechs Stunden dauernden Fahrt genügte, um mir einmal mehr das Tor zu einem Land zu öffnen, in dem vierzig Jahre Realsozialismus zwischen dem Versuch auf Verinnerlichung der kommunistischen Philosophie und einem Hauch von Verleugnung derer liegen. Leerstehende Fabriksgebäude prägen das Landschaftsbild entlang der Gleise. „Natürlich, in der Slowakei wurde immer viel produziert, im Bereich der Landwirtschaft. Nach der Samtenen Revolution, also mit der Privatisierung konnten sie nicht mehr so gut damit wirtschaften und man hat alles aufgegeben“, erzählt mir ein reisender Fahrgast im Zug. Wie es um die Fabriken in der Slowakei tatsächlich bestellt ist, blieb eine meiner Fragen, deren Antworten so vielschichtig waren, wie die Geschichte des Landes selbst. Nahe des Stadtzentrums Košices weilte auch ein Gebäude mit ähnlichem Schicksal, sollte ich in den darauffolgenden Tagen erfahren.

On demand | Rádio Dia:tón | „Leere Fabrik als Nährboden für blühende Kreativität in Košice“ | 16.7.2018

Veronika Holečková von Košice Turizmus kennt die versteckten Juwelen der Stadt und entführt in die einstige Tabakfabrik, die heutige „Tabačka Kulturfabrik“. Dort treffe ich Marko Popović. Er ist der Hauptproduzent der Kulturfabrik, sowie Dramaturg und für die Führungen durch das Haus zuständig.

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Yvonne Strujic-Erdost

Das charmante Ziegelgebäude wurde 2013, als Košíce europäische Kulturhauptstadt wurde, im Rahmen des Kulturprogramms restauriert und dient heute als Veranstaltungszentrum, Cafe-Restaurant, Co-Working Space und vieles mehr. Kreative individuelle Kurse und Veranstaltungen, wie eine „lebende Bibliothek“, oder Yoga- und Salsa Kurse besuchen und schätzen die Košicer mittlerweile sehr, erzählt Popović im Hof der Fabrik, während wir es uns auf einer zur gemütlichen Sitzcouch umgebauten Palette gemütlich machen.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Über diese kulturelle Blüte mitten in der Stadt spricht der gebürtige Serbe Marko Popović von der Kulturfabrik Tabačka, genau so, wie über seinen tschechischen Akzent und seinen kritisch besorgten Blick dem Umgang mit der Roma Minderheit in Košice betreffend.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Marko Popović

„Wenn hier auch in der Kulturfabrik etwas passiert, z.B. eine Geldbörse verschwindet, wird sofort ein Rom, wenn er gerade in der Nähe ist, verdächtigt. Das ist unglaublich und traurig. Keiner würde beispielsweise mich verdächtigen. Wenn auch hier eine Roma Familie etwas zu trinken herkommt, fragen sich die Menschen, was sie hier her führt. Das schockiert mich jedes mal“, so Popović.

„Am Ende des Sozialismus war das Gebäude völlig zerstört und leer. Dann kam eine Bürgerinitiative, Kunstschaffende, die sich schon lange vorher der Kunst in Košice gewidmet haben. Sie haben diese Räume genutzt und aufgepeppelt und ihr auch den Namen ‚Tabačka Kulturfabrik‘ gegeben", erzählt Popović von der Kulturfabrik Tabačka.

„Die Fabrik ist im Besitz der Region Košice, doch die Bürgerinitiative betreibt diese Örtlichkeit. Mehr als 100 Programme monatlich bietet die Kulturstätte für die einfachen Menschen“, sagt Marko Popović, "für unsere Nachbarn. Es gibt Nähkurse, Kochkurse, Language Cafes, wo man sich einfach zum Tisch setzt, gemeinsam etwas trinkt und sich in der jeweiligen Sprache unterhält. Vieles ist umsonst, vieles ist mit symbolischen Eintritt, oder Spenden. Auch die Künstler/innen widmen viel Zeit in die Materie, das sollte man schätzen. Weiters gibt es hier Designstudios, Vorträge, Kinovorführungen, Konzerte“, zählt Popović auf.

Den Fuß heben, für den Blick auf die Schätze der Erde

Die Kulturhauptstadt 2013, Košice lockt mit ihren Sehenswürdigkeiten, dem Dom der Heiligen Elisabeth, dem Nationaltheater, dem Zoo und Aussichtsturm stetig mehr Besucher/innen an, erfahre ich von Veronika Holečková von der Reiseagentur Košice Turizmus. Doch was die Košicer selbst bewegt, erfahre ich, bei meinem Aufenthalt dort, inmitten einer Mineralienausstellung.

Mineralienausstellung in Kosice | Jan Holecko

orf | yvonne erdost

Per Zufall stoße ich auf diese Schätze, ausgestellt in den Räumlichkeiten der Schule, an der Veronika Holečková Vater, Jan Holeček unterrichtet. Die von der Reiseagentur organisierte Fahrt mit dem Heißluftballoon war an diesem Tag wegen einer ungünstigen Wetterlage gestrichen worden. So stand ich da, um sechs Uhr früh, bepackt mit einem kleinen Frühstück im Rucksack und bereit für das große Abenteuer in Košice. Während die anderen aus der Reisegruppe halbfroh zurück ins Bett kriechen, genieße ich bei einem Spaziergang die Morgenstimmung in der Stadt, deren Boden, auf dem ich stehe, wie ich später erfahre, ein einziger großer Schatz ist. Aber dazu später. Ich spaziere entlang der noch einige Stunden zuvor vor heiteren Nachtgesprächen nur so bebenden Fußgängerzone.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Dicht gedrängt bieten sich einem abends die bunten Sitzgelegenheiten der Lokale zum verweilen an. Jetzt, früh morgens, hört man nur die Müllabfuhr knattern. Hinter mir vernehme ich eine andere Art von Knarren. Es ist ein Mann mit zerzausten Haaren, der einen bepackten Billa Einkaufswagen vor sich herschiebt. An seinem trüben Blick glaube ich Hoffnungslosigkeit zu erkennen, während er mit einer Hand eine zerknüllte Verpackung aus dem Mistkübel fischt. Anscheinend haftete mein Blick dermaßen an diesem meinem morgendlichen Mitstreiter, dass er mich kurzerhand aus der Ferne mit einer Geste um Geld bittet. Wie viel ein guter Schlafplatz wohl kosten würde, überlege ich und finde in meinem Geldbörsel 30,- Euro. Ungläubig starrt mich der weißhaarige zarte Mann, wie ich nun erkennen kann, einige Augenblicke an, nimmt das Geld zaghaft zu sich und segnet mich einige Male mit Worten und Gesten. „Gott soll dich schützen“, sagt er leise und widmet sich langsam wieder seinem Weg.

Mein Weg führt abermals zur Kathedrale der Heiligen Elisabeth, zum Nationaltheater, vorbei an der Konditorei Aida, von der mir die Dolmetscherin Veronika erzählt hat, dass sie hier als Kind immer mit ihrer Oma Kuchen gegessen hatte.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Ich passiere das goldig verzierte Hotel Slávia und erfreue mich daran, dass ich nun, am dritten Tag in Košice schon so einige Wege kennengelernt habe: Die Synagoge, die gleich nahe des Zentrums liegt und die der heute noch bestehenden jüdischen Gemeinde als Gebetshaus und Veranstaltungsraum dient; Den Stadtpark mit seinem jährlich stattfindendem Gurmannfest, organisiert von Visit Košice, dem Turismusbüro; die vielen kleinen Verkaufsläden der Fußgängerzone mit in der Region hergestellten Produkten, von Kleidung bis Kunst; den Markt in der Stadt.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Mineralienausstellung in Kosice | Jan Holecko

orf | yvonne erdost

Jan Holečko

Während dieses Schlenderspaziergangs treffe ich abermals Veronika Holečková von Košice Turizmus, die uns hätte zur Ballonfahrt begleiten sollen. Sie verrät, dass sie eben zur Mineralienausstellung geht, um ihren Eltern beim Aufbau zu helfen, da sie ja nun Zeit hätte. Ich begleite sie und die morgendliche Ruhe verwandelt sich nach dem Betreten der Verkehrstechnischen Schule, die auch direkt hier auf der Fußgängerzone liegt, in ein aufgeregtes Getümmel von Schülern, Lokgeräuschen und in Kisten wühlenden und diese positionierenden Menschen. Darunter sind auch Veronikas Eltern Jan und Evka. Von Veronika erfahre ich, dass ihr Vater seit Jahrzehnten begeisterter Mineraliensammler ist. Am liebsten findet er Achate in dieser Region. Diese Steine schätzt er besonders, davon zeugen mehrere vollkommen überfüllte Wohnräume der Familie, sowie andere Lagerplätze, wie Gärten und die hier, auf der Ausstellung sich vor der Schwere der Steine biegenden Tische, lächeln Veronika und ihre Mutter Eva.

On demand | Rádio Dia:tón | 21.7.2018

Aber bevor ich noch all meine Fragen bezüglich dieser beeindruckenden Leidenschaft stellen kann, werde ich von dem Elektrotechniklehrer Holečko auf einen von ihm nachgebauten Lokführersimulator gesetzt. Seine Schüler, die heute, es ist Samstag, freiwillig in den Klassenraum gekommen sind, um ihrem Lieblingslehrer auch beim Steineordnen zu helfen, assistieren mir auch bei meiner ersten Fahrt als „echte Lokführerin“.

Kritisch und mit zwei zugedrückten Augen, nachdem ich den Zug erst einige Meter nach der Station zum Stehen gebracht habe, bekomme ich von den beiden von Jan Holečko ernannten 13-jährigen „Chefs“, seinen Schülern, mein Zertifikat überreicht.

Mineralienausstellung in Kosice | Jan Holecko

orf | yvonne erdost

Steine sind neben den großen Eisenkonstruktionen die zweite große Leidenschaft des Lehrers Jan Holečko, der angehende Lokführer ausbildet und auch selbst schon diese Schule absolviert hat. Das bezeugt auch ein großes altes Klassenfoto, dass im Klassenraum hängt.

Mitten in der Stadt, ganz stilvoll und dezent, organisiert er heuer zum sechsten Mal die jährliche Mineralienmesse in Košice. Aussteller und Schmuckhersteller mit Steinen aus der Region, aber auch aus Tschechien, Polen, oder Ungarn kommen hierher und beehren die Košicer Steineliebhaber. Diese kommen an diesem Tag sehr zahlreich in die Schulräumlichkeiten. Schon einige Minuten nach der Eröffnung füllen sich die Räume und Jan Holečko erklärt jedem/r seiner Käufer/innen mit der gleichen dynamischen Begeisterung über den Fundort seiner Steine, die Bedeutung des Namens und beantwortet mit Geduld und Passion jegliche ihrer Fragen. Zum Glück war ich ja an diesem Tag schon früh hier und so hatten wir vor dem großen Besucheransturm und nach meiner Lokführerprüfung Zeit, um mit dem Mikrofon in der Hand, in die Welt Achate von Holečko einzutauchen.

„Wenn sie nun hier rausgehen und auf der Hauptstrasse bis zum Hochstrahlbrunnen spazieren, sollten sie zumindest fünf Achate finden. Sie sind hier. Sie müssen nur die Augen offen halten. Aber die Menschen suchen nicht. Deshalb sehen sie auch nicht“, schmunzelt der Mineralienkenner mit gehobenen Augenbrauen.

„Und es ist so einfach. Man muss einfach den Fuß aufheben und darunter schauen“ | Jan Holečko

Inspiriert von Holečkos Leidenschaft für die Steine verlasse ich den ersten Ausstellungsraum und erkenne, dass auch der zweite und der mindestens dreimal so große dritte Raum, der eher einer Halle gleicht, bereits voll von Besuchern/innen sind. Dass interessiert scheinbar die Stadtbewohner, denke ich und sehe eine Dame, die Jan Holečko zuvor herzlich begrüßt hat. Ich werde neugierig und besuche ihren Stand. Helena Ferleťáková verkauft verschnörkselte Schmuckgegenstände, wie Ringe, Armreifen, Spangen und Ketten. Alles mit Halbedelsteinen verziert.

Auch Familie Holečko hat zu Hause verschiedenste Werkzeuge zur Schmuckherstellung und Mineralienverarbeitung. Eine sehr ungewöhnliche Lebensliebe, die mir gefällt, wie ich in der Gegenwart des Sammlers anmerke:
„Eine Lebensliebe, die so begann, dass ich seit meiner Kindheit die Natur liebte. Ich war immer im Wald. Es begann damit, dass mich mein Bruder in die Berge der Fatra mitnahm. Später fiel mir auf, dass die Natur zwar schön ist, aber die meisten nicht unter ihre Füße schauen. Und es ist so einfach. Man muss einfach den Fuß aufheben und darunter schauen. Dann gehören einem all diese Wunder“, erzählt Holečko begeistert und erinnert sich auch an die anfängliche Schwierigkeit, zu erfahren, wo diese Edelsteine tatsächlich zu finden sind. Heute weiß er genauestens bescheid und teilt mir im Laufe des Vormittags noch einige dieser „magischen“ Orte, wie er es sagt, mit.

Ich verlasse die Ausstellung mit einem vollen Rucksack von Halbedelsteinen, einem wunderschönen Opal um den Hals und mit Tränen in den Augen vor Dankbarkeit diesen Menschen gegenüber, die ihre Leidenschaften so gut leben können.

Zurück auf der Fußgängerzone denke ich wieder an den Mann mit dem Einkaufswagen. Ich wünsche ihm, dass auch er bald den Schatz unter seinen Füßen und den Schwierigkeiten des Lebens findet.

Eine Region für Abenteurer | Slovenský kras

Für den letzten Teil der Sommersendereihe „Košice | Gesicht einer Stadtkultur im Aufbruch“ begleitete mich das Mikrofon für Rádio Dia:tón durch eine durch die traumhafte Landschaft der Košicer Umgebung, den Slovenský kras | Slowakischer Karst. Dort erzählte der Höhlenforscher Gabriel Lešinský über Besonderheiten der Region Zádielska Dolina | Zádielska Tal, wie etwa über den im Zweiten Weltkrieg in einer Höhle hoch oben versteckt gehaltenen kleinen Buben, der diese grausame Zeit alleine in der Dunkelheit dort überstehen konnte.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Gabriel Lešinský

Scheuheit der seltenen schwarzen Störche als Symbol der versteckten Einzigartigkeit der Region

Wir erklimmen gemeinsam den dortigen Schutzwall, den vermutlich die ersten Siedler dieser Gegend im Wald gegen Eindringlinge aus dem Osten errichteten und landen nach einer einstündigen Wanderung auf einer Plattform, umringt von hohen Felsen. Von dort aus zeigt Gabriel Lešinský auf die Ebene unter uns. Nur ein Katzensprung scheint das Nachbarland Ungarn von hier aus entfernt zu sein, denke ich. Diese Wälder, die sich die Slowakei und Ungarn teilen, sind die Heimat von einer besonderen Vogelart, deren Verwandte auch bei uns im Burgenland gern gesehene Gäste sind, darf ich erfahren. Die Schwarzen Störche leben hier in der Umgebung Košices. Die Brüder des Weißen Storches, wie wir ihn kennen, seien äußerst scheu, so dass es Glück bedeutet, eines dieser wunderbaren Tiere ab und an mal bewundern zu können, erzählt unser Begleiter Lešinský. Diese Tiere gleichen dieser wunderbaren naturbelassenen Region, in der sich der Tourismus nur langsam und ruhig bewegt: Beide sind einzigartig, aber kaum gesehen.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Auch Miroslava Seregová-Hnatoková von dem Turismus Büro Košice Region erzählt auf unserer Wanderung im Slovenský Kras, während die Stalagniten unter uns schlafen, von ihrer Heimat, die heute ein Schmelztigel von Realsozialismus, Monarchie und modernen Strömungen ist.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Veronika Bočkayova und Gabriel Lešinský

On demand | Rádio Dia:tón | 30.7.2018

Veronika Bočkayova ist die sprachliche Assistentin der von Slovakia Travel organisierten Pressereise nach Košice. Im Bus, der uns nach der Wanderung in die Höhle jazkyna Domica führt, erzählt mir die eben promovierte Dolmetsch Studentin über ihr Aufwachsen in Bayern und die Remigration ihrer Familie nach der Samtenen Revolution in die Heimat der Eltern, die Ost Slowakei. Interessant sind für mich die Vergleiche des Schulwesens, das markante Unterschiede aufweist, wie mir Veronika, die beide Schulsysteme erlebt hat, erzählt.

Kosice | Stadtportrait

Yvonne Strujic-Erdost

Dadurch, dass Veronika Bočkayova erst im frühen Teenageralter nach Košice zog, sieht sie ihre Stadt heute noch immer aus einem etwas anderem Blickwinkel als die Mehrheit der Einwohner. Der Zauber, der hier alt und neu zusammenhält, entgeht ihr an keinem Tag. Mit einem Funkeln erzählt sie mir vom neu restaurierten realsozialistischen Kino Usmev, das heute als beliebter Treffpunkt der jungen Leute vor allem auch abends dient. Auch echte Košicer Ausdrücke wie den Lückenfüller „Ta“, das Bestätigungswort „Tane“, oder dass man hier statt „Električka“ zur Strassenbahn „brika“ sagt, erfahre ich von dieser netten jungen Dame.

Unsere Fahrt, gemeinsam mit Veronika Bočkayova und Miroslava Seregová-Hnatoková von Košice Region endet hier noch nicht. Sie führt uns noch an weitere besondere Orte in der Region um Košice, wie das Granárium in Jablonov nad Turňou, wo man außer feinem Essen aus biologisch selbst angebauten Gemüse und Fleisch aus eigener Zucht auch tolle Übernachtungsangebote findet, oder das Schloss „Betliar“ aus dem die ungarische Adelsfamilie Andrássy im Jahr 1944 vertrieben wurde und das bis heute nicht zurück in den gerechten Besitz kehrte, sondern als öffentlich zugängliches Museum dient.

Vielleicht konnte ich auch ihr Interesse für eine einzigartige Reise in diese besondere Stadt wecken und sie werden einige Eindrücke aus den Schicksalen der Stadt und ihrer Menschen aus dieser Reportage mitnehmen und sich auch während ihrer Reise dorthin davon inspirieren lassen. Von der Leidenschaft, der Leichtigkeit und Geschichte dieser Stadt im Slowakisch-Ungarisch-Ukrainischen Dreiländereck, die sie in knapp sechs Stunden mit direkter Zugverbindung, oder gar nur einer Stunde mit dem Flugzeug von Wien aus leicht erreichen können.

Yvonne Erdost | ORF Volksgruppenredaktion

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