EU-Konferenz in Wien | Antiziganismus

Solange „es keinen Kulturellen Dialog gibt und bevor wir dabei die Wahrheit nicht anerkennen wollen, können wir keine Brücken zwischen Roma und Nicht Roma bilden“, unterstrich die schwedische Politikerin Soraya Post bei der EU Konferenz zum Thema „Antiziganismus“ im Wiener Austria Center.

On demand | Roma sam | 3.12.2018

EU Konferenz Antiziganismus

BKA

EU Konferenz in Wien | Antiziganismus

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Christian Klippl

Seit 2011 gibt es die sogenannten nationalen Strategien zur Inklusion der Roma, die die EU-Mitgliedsstaaten bis 2020 erfüllen müssen. Diese Strategien sind es, die der Diskriminierung der Roma und Sinti entgegen wirken wollen. Doch, wie geht es danach weiter und welche Faktoren müssen berücksichtigt werden?

Diesem Thema nahmen sich Vertreter und Vertreterinnen der Volksgruppe in einer Podiumsdiskussion an. Unter ihnen war auch Christian Klippl, Obmann des Kulturvereins österreichischer Roma, der in seiner Rede Österreichs Vorreiterrolle in Europa unterstrich.

Soraya Post, schwedische Politikerin, geht hart ins Gericht

Soraya Post, schwedische Politikerin und seit 2014 Abgeordnete des Eurpäischen Parlaments, findet klare Worte für die aktuelle und teilweise immer noch verheerende Situation der Roma in Europa und verweist auf die tragische Geschichte, die die Roma und Sinti schon hinter sich haben.

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Soraya Post

„Ich fordere, dass das Thema ‚Antiziganismus‘ nach 2020 in den Fokus der Arbeit rückt, vor allem was die soziale Integration betrifft. Ich glaube, dass Antiziganismus die Wurzeln für das schreckliche Misstrauen in unserer Gesellschaft hat, das wir nur bekämpfen können, wenn wir eigene Komissionen in den Mitgliedsstaaten dafür gründen“, weiß die Abgeordnete Soraya Post.

„In den letzten Jahrhunderten wurden wir kontinuierlich entmenschlicht durch Adelige, die Politik und die Kirche, auch durch diverse Akteure der Gesellschaft. Wir müssen aufarbeiten, dass wir durch diese Gesetze zu Sklaven gemacht wurden, verfolgt wurden und aus fast allen europäischen Ländern vertrieben wurden, bis wir im Nationalsozialismus systematisch ermordet wurden“, erinnerte Soraya Post.

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Ohne Diskurs auf gleicher Augenhöhe keine verbindenden Brücken

„Dass Romafrauen über Jahrzehnte sterilisiert wurden, dass uns unsere Kinder weggenommen wurden und in staatliche Heime gebracht wurden, dass ihnen dort gesagt wurde, dass sie zurückgeblieben sind und anders erzogen worden sind. Bevor diese Fakten nicht in den Schulbüchern stehen, bevor sich die Gesellschaft nicht mit all dem auseinandersetzen will, es keinen Kulturellen Dialog gibt, können wir keine Brücken zwischen Roma und nicht Roma bilden, bevor wir die Wahrheit nicht anerkennen wollen“, brachte es die schwedische Politikerin Soraya Post auf den Punkt.

Das ORF Magazin „Servus, Szia, Zdravo, del Tuha“ berichtet am 9.12.2018 über die Konferenz.
Um 13:05 Uhr, ORF 2 Burgenland.
Live
Servus, Szia, Zdravo, del Tuha | 9. Dezember | ORF 2, Burgenland

„Wir bekamen die Rollen der Diebe und Bettler“

Simonida Selimović, Schauspielerin und Obfrau des Romatheaterverein Romano Svato, hebt in ihrer Rede die Wichtigkeit der künstlerischen Arbeit hervor. Besonderes Anliegen ist ihr das Schreiben von Theaterstücken von Roma für Roma.

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Simonida Selimović

„Als Roma Schauspielerin war ich immer wieder mit Vorurteilen konfrontiert, ich konnte Rollen, wie die der starken coolen Protagonistin nicht bekommen. Wir bekamen die Rollen der Diebe und der Bettler. Als wir mit der Arbeit in unserem Verein Romano Svato begannen, war die Gechichte unser Referenzpunkt und sich mit der Geschichte auseinander zu setzen, mitten in Wien, heißt sich mit der Geschichte der Roma in Europa auseinander zu setzen“, sagte Selimović zu Beginn ihrer Rede.

Als sie und ihre Schwester Sandra Selimović begonnen haben, das Bühnenstück „Roma Army“ zu konzipieren, träumten sie von einem utopischen Europa, einem Europa, das supranational und divers, feministisch und homosexuell sei, erzählte Simonida Selimović.

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Das Stück brachte verschiedenste Menschen zusammen und kreiirte eine Umfeld von Solidarität. Während den Proben hätten sie intensive Diskussionen, wie man die Diversität der Roma auf der Bühne präsentieren könnte. Von Individuen zu einem Kollektiv, dieser Prozess habe die Mitwirkenden stark gemacht, so Selimović.

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„Antiziganismus letztendlich nichts anderes als Rassismus, eine Angst“

Auch die Internettplattform Romblog.at setzt sich gegen Antiziganismus ein, vor allem, was den Bereich Medien und social media betrifft. Gerade letztere schürten in den letzten Jahren den Hass, da in der Anonymität des Internets Anfeindungen schneller stattfinden können. Gilda Horvath, Aktivisitin und Initiatorin von Romblog.at, weist auf die Unumgänglichkeit von eigenen Romamedien hin.

„Antiziganismus ist letztendlich nichts anderes als Rassismus, eine Angst. Eine Angst vor etwas, dass man nicht wirklich kennt. Wir alle wissen, dass die Mehrheit nichts über uns Roma weiß, das ist ein Fakt und deshalb haben sie Angst vor uns“, betonte Gilda Horvath.

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„Medien zeigen ein sehr kleines/enges Bild, als wären die Roma nicht mehr als das. Aber wir haben Kunst, Literatur, wir haben eine 2000-jährige Kultur, auf die wir stolz sein können. Was wir als Roma-Medium tun ist, dass wir die Dinge von einem anderen, einem authentischen Winkel betrachten. Wir haben auch satt, immer nur über Antiziganismus zu sprechen, wir wollen zeigen, dass wir mehr sind als das“, ist sich Gilda Horvath sicher.