Orban hält an Konfrontationskurs fest

Im Streit mit der Europäischen Volkspartei (EVP) über den Ausschluss seiner FIDESZ-Partei gießt Ungarns rechtskonservativer Regierungschef Viktor Orban weiter Öl ins Feuer. In einem Interview nannte Orban seine Kritiker in der EVP „nützliche Idioten der Linken“ und kündigte eine weitere Kampagne gegen ein hochrangiges Mitglied der EU-Kommission an.

Orban wehrt sich gegen Forderungen, seine rechtskonservative Partei FIDESZ aus der EVP auszuschließen. Er wirft in der deutschen Zeitung „Welt am Sonntag“ Kritikerinnen und Kritikern vor, eine „Salamitaktik“ anzuwenden: „Wenn es uns nicht mehr gibt, werden sie die Italiener angreifen, und danach kommen die Österreicher an die Reihe.“

Vergangene Woche hatten Vertreter mehrerer christdemokratischer Parteien in Europa gefordert, FIDESZ aus der EVP auszuschließen. „Während sie einen geistigen Kampf zu führen glauben, dienen sie den Machtinteressen anderer, ja denen unserer Gegner“, so Orban dazu. In Wirklichkeit komme „der Angriff von links, nicht um uns, sondern um die EVP zu schwächen“, sagte der rechtskonservative Regierungschef der „Welt am Sonntag“.

Orban will Einfluss der EU-Kommission begrenzen

Zudem schlägt Orban eine Neuordnung der europäischen Migrationspolitik vor. „Wir brauchen eine Methode, mit der wir trotz unterschiedlicher Standpunkte zusammenleben können“, so Orban. „Die aus der Migration entspringenden Fragen muss man deshalb der Kommission aus der Hand nehmen.“

Orban sprach sich für die Einrichtung einer neuen Institution auf europäischer Ebene aus: „Man muss ein gesondertes Gremium schaffen, in dem ausschließlich nur die Innenminister der Schengen-Zone vertreten sind. Gerade so wie im Fall der Eurozone, wo es einen gesonderten Rat der Finanzminister gibt.“ In diesem Rat sollten alle „die gesamte Schengen-Zone betreffenden Fragen auf die Weise entschieden werden können, wie das Fachleute machen, und nicht so wie die Politiker“.

Kampagne gegen Timmermans

Zugleich kündigte Orban neue Anti-Brüssel-Plakate an. „In der nächsten Phase des Wahlkampfs, die dann schon unsere Parteikampagne sein wird, werden Sie einen weiteren Akteur auf den Plakaten sehen: Herrn Timmermans.“ Frans Timmermans ist der Vizepräsident der EU-Kommission und zuständig für Rechtsstaatlichkeit. Der Niederländer ist zudem Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten bei der EU-Wahl.

Im September hatte das Europaparlament ein Strafverfahren gegen Ungarn wegen der Verletzung von Grundwerten eingeleitet. Die Abgeordneten kritisierten dabei Angriffe auf die Unabhängigkeit der Justiz, die Einschränkung der Medienfreiheit und der Rechte von Minderheiten sowie das Vorgehen gegen Nichtregierungsorganisationen.

Anti-Juncker-Kampagne wird beendet

Der für Kommunikation zuständige ungarische Staatssekretär Zoltan Kovacs hatte wenige Stunden zuvor über den Kurznachrichtendienst Twitter mitgeteilt, dass die umstrittene Kampagne gegen EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker am 15. März enden werde. Er blieb dabei freilich bei der Kritik an dem Luxemburger, der 2014 als Spitzenkandidat der EVP das Rennen um den Posten des Kommissionspräsidenten machte.

Die Ungarn hätten ein Recht zu wissen, „welche Art von Promigrationspolitik von der Brüsseler Bürokratie vorbereitet würde“, schrieb Kovacs. „Deshalb starteten wir eine Informationskampagne, die, wie geplant, am 15. März enden wird.“

Seit eineinhalb Wochen hängen in ganz Ungarn Plakate, auf denen Juncker und der liberale US-Milliardär ungarischer Herkunft George Soros unvorteilhaft abgebildet sind. Darunter stehen Behauptungen, die suggerieren, die beiden wollten illegale Migration nach Europa fördern. Die EU-Kommission hatte diese Behauptungen mehrfach Punkt für Punkt widerlegt.

Weber zurückhaltend, Kurz gegen FIDESZ-Ausschluss

Bisher war offiziell nicht bekannt, dass die Anti-Juncker-Kampagne bis zum 15. März dauern soll. Das Datum war erstmals erwähnt worden, nachdem die Chefin der deutschen Kanzlerinnenpartei CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, vergangenen Dienstag den FIDESZ-Vizechef und Orban-Vertrauten Gergely Gulyas in Berlin zu einem informellen Gespräch empfangen hatte. Gulyas hatte am Donnerstag als Ehrengast von Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) am Wiener Opernball teilgenommen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat einen Parteiausschluss von FIDESZ bis dato immer abgelehnt; der Leiter der ÖVP-Delegation im EU-Parlament und ÖVP-Spitzenkandidat bei der EU-Wahl, Othmar Karas, forderte eine Suspendierung der Orban-Partei.