„Stop Soros“-Gesetzespaket im Parlament

„Wir sind keine Verbrecher“ - lautete die Botschaft einer Demonstration am Montag vor dem Parlament in Budapest. Der von den Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Helsinki-Komitee organisierte Protest richtete sich gegen den Gesetzentwurf „Stop Soros“ der rechtskonservativen ungarischen Regierung von Premier Viktor Orban.

Die Demonstranten forderten die Abgeordneten auf, nicht für den Gesetzentwurf zu stimmen, der Nichtregierungsorganisationen (NGO) „kriminalisiert“. Der Entwurf wird von den Abgeordneten im Hohen Haus, in der Orbans Regierung eine Zwei-Drittel-Mehrheit hat, derzeit behandelt.

Mit dem Gesetz starte die Orban-Regierung einen neuen Versuch, um „ihre Intoleranz, ihren Fremdenhass und Rassismus, die auch bisher eindeutig präsent sind, auf eine neue Stufe zu heben“, erklärte Julia Ivan, Direktorin von Amnesty International Ungarn.

Arbeit von Flüchtlingshelfern soll künftig unter Strafe gestellt werden

Mit dem geplanten Gesetzpaket soll die Arbeit von Flüchtlingshelfern künftig unter Strafe gestellt werden. So drohen Mitarbeitern und Aktivisten von NGOs Arrest und selbst Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr, wenn sie Menschen helfen, die illegal ins Land kommen und nicht asylberechtigt sind. Auch das Drucken und Verteilen von Informationsmaterial zum Thema Asylrecht soll bestraft werden. Laut dem ungarischen Helsinki-Komitee, das Asylsuchenden Rechtsbeistand leistet, bedroht die ungarische Regierung damit Menschen, die sich für Menschenrechte einsetzen und will Angst und Unsicherheit schüren.

Das Paket steht auch international unter Kritik

Das Paket „Stop Soros“ steht auch international unter Kritik, da es versuche, die Arbeit der durch Soros unterstützten NGOs zu behindern, zu kriminalisieren und Schikanen gegen Flüchtlingshelfer zu ermöglichen.

Nach dem Wahlsieg Orbans hatten politische Beobachter umsonst gehofft, die Attacken gegen George Soros, den ungarischstämmigen US-Milliardär und Philanthropen, würden nun nicht mehr die ungarische Innenpolitik beherrschen. Orban hatte Soros beschuldigt, er wolle Europa mit Millionen Flüchtlingen überschwemmen, um es seiner christlichen und nationalen Identität zu berauben. Der liberale US-Financier war in den vergangenen Jahren zu Orbans Hauptfeind aufgestiegen.

Dabei wird angezweifelt, dass das Gesetzespaket im Einklang mit dem internationalen Recht steht. Die Vereinten Nationen forderten Ungarn zur Änderung des Gesetzentwurfes auf. Dieser bedeute eine „Verletzung der Menschenrechte durch die Regierung“ und bedrohe nicht nur die Arbeit der Zivilgesellschaft in Ungarn, sondern könne auch „schlimme Konsequenzen“ für Flüchtlinge haben.

Schon seit 2017 zwingt ein Gesetz Zivilorganisationen zur Registrierung bei Gericht, wenn sie jährlich mehr als 24.000 Euro Hilfe aus dem Ausland erhalten. Die EU eröffnete deswegen ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn.

Die Soros-Stiftung „Open Society Foundation“ zog sich aus Ungarn zurück

Inzwischen zog sich die Soros-Stiftung „Open Society Foundation“ (OSF) aus Ungarn zurück und übersiedelte nach Berlin. Dieser Schritt erfolgte wegen des „immer repressiveren politischen und rechtlichen Umfelds in Ungarn“, begründete OSF-Präsident Patrick Gaspard die Maßnahme. Die seit 1984 in Ungarn tätige OSF förderte Initiativen und Organisationen, die sich für Demokratie und Menschenrechte engagierten.

Zum breiten Angriff des ungarischen Premiers auf Soros, auf dessen Kosten der heutige Premier Orban 1989/90 in Oxford studierte, gehört ebenso der politische Druck auf die Budapester Central European University (CEU), die Soros vor 26 Jahren gründete. Bisher hält die CEU jedoch am Standort Budapest fest, will das Feld nicht freiwillig räumen. Künftig soll es allerdings einen weiteren Standort der offiziell in den USA ansässigen Universität in Wien geben.