Kurz nennt Seenotretter in einem Atemzug mit Schleppern

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat privaten Seenotrettern im Mittelmeer vorgeworfen, Migranten in die Mitte Europas bringen zu wollen.

In der heutigen Ausgabe der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ sagte Kurz: „Es kann doch nicht sein, dass ein paar Nichtregierungsorganisationen das klare Ziel der 28 Staats- und Regierungschefs in Europa konterkarieren. Und das nicht nur mit dem Ziel, Leben zu retten, sondern gemeinsam mit den Schleppern Menschen nach Mitteleuropa zu bringen.“

Absurde Situationen geschaffen

Der ÖVP-Chef nannte das Schiff „Aquarius 2“, das von Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee betrieben wird. Schiffe wie die „Aquarius“ versuchten, der libyschen Küstenwache beim Bergen von Migranten zuvorzukommen. Das schaffe absurde Situationen. „Wenn nicht europäische Schiffe retten, sondern libysche oder ägyptische, stellen sich komplexe Rechtsfragen gar nicht erst“, sagte Kurz.

„Ärzte ohne Grenzen“ wehren sich

„Wir wehren uns vehement gegen die vorgebrachten Unterstellungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz gegenüber Seenotrettern, die in keinster Weise auf Fakten beruhen und die Realität am Mittelmeer nicht korrekt wiedergeben.“ So reagierte die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ gestern Abend auf Aussagen des Kanzlers.

Ablenkung vom „bisherigen Scheitern“

„Es ist einfach, humanitären Helfern und Helferinnen die Schuld in die Schuhe zu schieben“, hieß es in einer Aussendung von „Ärzte ohne Grenzen“. „Das lenkt jedoch bloß vom bisherigen Scheitern der EU und der österreichischen Ratspräsidentschaft ab, endlich einen menschenwürdigen Umgang mit Flüchtlingen, Asylsuchenden und Migranten zu finden, die nach Europa fliehen.“

An internationales & maritimes Recht gebunden

Die Vorwürfe von Kurz seien „selbstverständlich“ unbegründet: „Die Aquarius 2, die derzeit in Marseille vor Anker liegt, ist bei ihren Rettungseinsätzen an das internationale und maritime Recht gebunden und nimmt daher keine rechtswidrigen Handlungen auf See vor.“ Das bedeute, dass man gerettete Personen nicht nach Libyen zurückbringen könne, „in ein Land, das sich derzeit in einem Konflikt befindet und wo Flüchtlinge, Migranten und Asylsuchende in alarmierendem Ausmaß systematischer Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt sind.“

„Endlich humane Lösungen“ finden

„Ärzte ohne Grenzen“ ruft den Bundeskanzler und andere EU-Entscheidungsträger auf, „endlich humane Lösungen im Umgang mit Menschen in Not zu finden, statt die Rückführung von Flüchtenden und Migranten in die libysche Hölle zu unterstützen.“