Regierung mit Vorbehalten gegenüber UNO-Migrationspakt

Im Ringen um den Migrationspakt der UNO hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) heute nach dem Ministerrat angekündigt, sich mit anderen Staaten wie der Schweiz eng abstimmen zu wollen.

Jedenfalls werde es seitens Österreichs einen völkerrechtlich verbindlichen Vorbehalt bei jenen Punkten geben, die man ablehne.

In Migrationsfragen selbst entscheiden

Kurz betonte, dass die Regierung alles tun werde, um die Souveränität des Landes aufrecht zu halten. Man wolle in Migrationsfragen weiter selbst entscheiden können. Auf gleicher Linie bewegte sich Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Er wolle nicht, dass allenfalls ein Menschenrecht auf Migration etabliert werde. Jedes Land müsse die Migrationspolitik selber steuern können. Ob Österreich letztlich zustimme, sei jedenfalls noch nicht entschieden. Die Prüfung sei noch im Laufen.

Annahme des Paktes in Dezember

Bisher waren bereits die USA und Ungarn aus den Verhandlungen um den Pakt ausgestiegen. Auch Polen meldete gestern grundlegende Skepsis an. Der Pakt soll im Dezember in Marokko formell angenommen werden. Die skeptischen Äußerungen vonseiten der Bundesregierung sind nicht neu. Eine „finale Entscheidung“ sei noch nicht gefunden worden, hieß es Ende September. „In seiner vorliegenden Form bestehen aufgrund von Widersprüchen insbesondere auch mit den Zielen des aktuellen Regierungsprogramms trotz der von Experten diagnostizierten Unverbindlichkeit noch erhebliche Bedenken“, teilte das Bundeskanzleramt damals mit.

Außenpolitischen „Bauchfleck“

Aus der Opposition gab es heute heftige Kritik am Kurs der Regierung. „Es geht hier um einen diplomatischen Erfolg von mehr als 190 Staaten, den Schwarz-Blau nun ernsthaft hintertreibt“, teilte der EU-Parlamentarier Josef Weidenholzer (SPÖ) per Aussendung mit. Der designierte SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahlen, Andreas Schieder, sprach gegenüber der „Presse“ von einem außenpolitischen „Bauchfleck“. „Fluchtbewegungen zu kontrollieren und Fluchtursachen zu bekämpfen, kann nur durch internationale Kooperation gelingen“, so Schieder. „Österreich darf nicht in einer Liga mit (US-Präsident Donald) Trump und (Ungarns Regierungschef Viktor) Orban spielen. Das schadet unserem Ruf als Brückenbauer und glaubwürdiger Partner“, protestierte Alma Zadić, außenpolitische Sprecherin der Liste Pilz, in einer Aussendung.

„Fatales Signal“

Auch die NEOS zeigten sich besorgt: Die Regierung stelle sich mit einer möglichen Nicht-Unterzeichnung des Paktes „gegen die Staatengemeinschaft“; dies sei ein „fatales Signal“, hieß es in einer Aussendung der außenpolitischen Sprecherin Stephanie Krisper, die auch darauf hinwies, dass der Pakt völkerrechtlich sowieso nicht bindend ist. Der Grüne EU-Abgeordnete Michel Reimon kommentierte seinerseits: „Wir sind nun, mit Polen und Ungarn, Teil des reaktionären Ostblocks. (...) Die Orbanisierung Österreichs streitet voran.“

Beifall von Ungarn

Applaus kam hingegen vom ungarischen Außenminister Peter Szijjarto. „Wir drücken dem polnischen Innenminister (Joachim Brudzinski, Anm.) und den in der österreichischen Regierung immer lauter werdenden Ansichten die Daumen, dass sowohl die Polen als auch die Österreicher eine der amerikanischen und der ungarischen ähnliche Position gegenüber dem globalen Migrationspakt einnehmen“, sagte der Minister laut der amtlichen Nachrichtenagentur MTI. Er nannte den Pakt „die schlechtestmögliche Antwort, die die UNO auf die Herausforderungen der Migration geben kann“. Szijjarto betonte: „Die Migrationsvorgänge sollte man nicht ermutigen, sondern stoppen, und ihre Ursachen beseitigen.“

Schweizer Bundesrat beschloss Migrationspakt

Unterdessen beschloss die Regierung der Schweiz, der Bundesrat, den Migrationspakt. Dieser entspreche den Interessen der Schweiz. Innenpolitisch bestehe kein Handlungsbedarf: Die Schweiz setze bereits alle Empfehlungen um. Abweichungen gebe es lediglich bei der Schubhaft, die in der Schweiz für Minderjährige ab 15 Jahre möglich ist. Der Bundesrat bekräftigte mit der Entscheidung auch den Willen, in Migrationsfragen weiter eng mit der UNO zusammenzuarbeiten.