Im Museum der Träume | Antonín Dvořáks „Rusalka“ in Klagenfurt
Karlheinz Fessl
Im perfekten Zusammenspiel von Bühnengeschehen und Orchester sind neben dem großartigen Sängerensemble vor allem die Bläser hervorzuheben. Leitmotive wie die Hörner, die zur Jagd blasen oder Walzerklänge der genusssüchtigen Adelsgesellschaft weisen den Weg von der menschlichen in die mythologische Welt. Doch selbst das Plätschern des Wassers und das kalte Mondlicht können die brennenden Emotionen nicht kühlen.
„Rusalka“, Oper in drei Akten von Antonín Dvořák, Libretto von Jaroslav Kvapil, Stadttheater Klagenfurt
In tschechischer Sprache mit deutschen Übertiteln.
Weitere Aufführungen: 15., 18., 20., 22., 26., 28. September und 5., 10., 13., 20. Oktober, jeweils 19.30 Uhr.
Karten | 0463 54064
Kein Wunder, dass diese Oper, die fast gleichzeitig mit Sigmund Freuds „Traumdeutung“ entstand, immer wieder tiefenpsychologisch gedeutet wird: Die Nixe Rusalka will aus Liebe zu einem Prinzen ein Mensch werden und verzichtet dafür auf ihre Stimme. Doch sie kann den Angebeteten nicht halten, der sich bald der verführerisch-geheimnisvollen Fürstin zuwendet. Um in die Wasserwelt zurückkehren zu können, soll Rusalka laut der Hexe Ježibaba den Prinzen töten. Aus dem Menschen- und Nixenreich verbannt, entscheidet sie sich aber für ihre traurige Liebe und gegen den Mord.
So wie der Komponist und sein Librettist Jaroslav Kvapil das Geschehen in einem „Märchenland“ zu einer „Märchenzeit“ angesetzt haben, relativiert auch die Inszenierung Eva-Maria Höckmayrs mit dem buchstäblich traumhaften Bühnenbild von Julia Rösler Raum und Zeit. Unermüdlich (und manchmal zu schnell) ist die Drehbühne im Einsatz, auf der drei Räume mit Türen und unterschiedlichen Durch- und Einblicken den Eindruck eines Museums ergeben.
Karlheinz Fessl
Von Zeit zu Zeit sieht man stumme Statisten wie allegorische Figuren in bunter Alltagskleidung vorbeiflanieren, während sich drinnen die Menschengesellschaft in der Mode des Fin de Siècle (der Entstehungszeit der Oper) amüsiert. An den Wänden sind Bilder, die Weiblichkeit thematisieren und großformatige Prospekte, die die Natur darstellen. Wie im Traum bewegen sich die Darsteller teilweise durch dieses Ambiente in Grau und Grün, in Schwarz und Blau, wechseln von einer Welt in die andere, verirren sich beinahe in einem Labyrinth aus Zeit und Raum.
Karlheinz Fessl
Rot ist nur die sinnliche Fürstin in ihrem Abendkleid, die den Prinzen betört und hier von derselben Darstellerin wie die krumme, rothaarige Hexe gespielt wird: Die deutsche Mezzosopranistin Ursula Hesse von den Steinen verkörpert die Doppelrolle mit lasziver Erotik und bildet einen schönen Kontrast zur farbigen Südafrikanerin Pumeza Matshikiza, die mit ihrem hellen und ausdrucksstarken Sopran eine mädchenhaft-rührende, auch mimisch und gestisch beeindruckende Rusalka darstellt. Martin Snell als väterlicher Herrscher über die Wasserwelt stimmt seine Klagen mit weichen Basstönen an, Robert Watson als Prinz ist ein lyrischer, seelenvoller, wenn auch gelegentlich etwas hölzerner Tenor. Drei neckisch-verspielte Waldelfen (Bryony Dwyer, Feride Büyükdenktas, Veronika Dünser) und der Chor des Stadttheaters unter Günter Wallner runden das souveräne Sängerensemble ab, das bei der Premiere am Donnerstag frenetisch gefeiert wurde.