Mitglieder des Europäischen Parlaments während einer Plenarsitzung im Europäischen Parlament in Straßburg (14.3.2023)
FREDERICK FLORIN / AFP / picturedesk.com
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Europaparlament

Abgeordnete fordern Sexkauf-Verbot

Das Europaparlament hat sich für ein Sexkauf-Verbot nach dem sogenannten nordischen Modell ausgesprochen. In einer gestern angenommenen Entschließung forderten die Abgeordneten einheitliche Regeln für Prostitution in den EU-Staaten.

Prostituierte sollen demnach besser geschützt werden und Zugang zu Ausstiegsprogrammen bekommen. Die bisher unterschiedlichen Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten begünstigten die organisierte Kriminalität und den Menschenhandel mit Prostituierten, heißt es in dem Parlamentsbericht. Die Kommission solle EU-weite Richtlinien entwickeln, die Betroffenen ihre Rechte garantieren sollen.

Migrantinnen aus prekären Verhältnissen

Rund 70 Prozent der Prostituierten in der EU sind dem Bericht zufolge Migrantinnen aus besonders prekären Verhältnissen. „Diese Menschen befinden sich nicht aus freiem Willen in der Prostitution, sondern aus purer Perspektiv- und Alternativlosigkeit“, erklärte die zuständige Abgeordnete Maria Noichl (SPD).

Prostituierte würden marginalisiert und kriminalisiert, heißt es in dem Bericht. Sie hätten deshalb häufig keinen Zugang zum Gesundheits- und Sozialversicherungssystem und zum Rechtssystem. Die Abgeordneten riefen insbesondere Polen dazu auf, Prostituierten den Zugang zu Verhütungsmitteln und sicheren Abtreibungen zu ermöglichen.

Nordisches Modell bestraft Käufer von Sexdiensten

Nach dem nordischen Modell werden nicht die Prostituierten bestraft, sondern die Käufer von Sexdiensten. Eine solche Regelung gilt aktuell unter anderem in Schweden. Dort gibt es dem Bericht zufolge seit Einführung der Gesetze deutlich weniger Prostitution. Das EU-Parlament stimmte mit 234 Stimmen für den Bericht, es gab 175 Gegenstimmen und 122 Enthaltungen.

Frauenring lehnt nordisches Modell ab

Der Österreichische Frauenring, eine Dachorganisation österreichischer Frauenvereine, zeigte sich über die Resolution besorgt. „Der Frauenring lehnt das nordische Modell ab. Sexarbeiterinnen werden so nur in die Illegalität getrieben“, sagte die Vorsitzende, Klaudia Frieben. Berichte zum nordischen Modell zeigten nicht, dass es weniger Sexarbeit gebe. Es würden lediglich weniger Sexarbeiterinnen registriert. „Wir müssen vielmehr die Rechte von Sexarbeiterinnen stärken. Es braucht Schutz vor Gewalt, Diskriminierung, Sexismus und Rassismus und eine soziale Absicherung.“

Für Grüne EU-Abgeordnete Vana verpasste Chance

Die Delegationsleiterin der österreichischen Grünen im Europaparlament, Monika Vana, sieht in der Plenarabstimmung eine verpasste Chance für die Entkriminalisierung von Sexarbeit. Mit der Bestrafung von Kunden sexueller Dienstleistungen würden Sexarbeiterinnen weiter in die Illegalität, in ungeschützte und gefährliche Zonen sowie prekäre Verhältnisse getrieben werden.

Auf diese Gefahr hätten zahlreiche NGOs wie Amnesty International, Human Rights Watch oder die European Sex Worker Alliance hingewiesen, jedoch seien diese Stimmen laut Vana nicht gehört worden. „Wir brauchen einen menschenrechtsbasierten Ansatz zur Beendigung von Stigmatisierung und Marginalisierung von Sexarbeiter:innen, keine weitere Kriminalisierung sexueller Dienstleistungen.“