„Demokratie braucht die Beteiligung aller“ betont die NGO in einer Aussendung und weist darauf hin, dass in Österreich rund 1,5 Millionen Menschen – davon ist eine Viertelmillion in Österreich geboren – vom Wahlrecht ausgeschlossen sind, weil sie nicht im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft sind.
Politische Partizipation an Staatsbürgerschaft geknüpft
Durch eines der restriktivsten Staatsbürgerschaftsgesetze sei die politische Teilhabe mit hohen Hürden versehen, betont die Menschenrechtsorganisation anlässlich des UN-Tages der Demokratie. „Viele Menschen, die in diesem Land leben und viele, die hier geboren sind, dürfen nach wie vor nicht mitbestimmen, wer politisch über sie bestimmt. Dass ihnen dieses Grundrecht verwehrt wird, ist nicht im Sinne einer funktionierenden Demokratie“, betont Lena Gruber, Südwind-Referentin für Partizipation.
Tatsächlich schneidet Österreich in Bezug auf die politische Partizipation im Europavergleich schlecht ab: Im „Migrant Integration Policy Index (Mipex)“ von 2020 wird die politische Partizipation von nicht-österreichischen Staatsbürgerinnen und -bürgern als „ungünstig“ eingestuft. Auf kommunaler Ebene können auch EU-Bürgerinnen und -Bürger wählen, an landes- und bundesweiten Wahlen dürfen sich nur österreichische Staatsbürgerinnen und -bürger beteiligen.
2007 hat die UNO den 15. September als Tag der Demokratie ausgerufen, um die Grundsätze der Demokratie zu fördern und aufrechtzuerhalten.
Strenge Staatsbürgerschaftsregelung
Im internationalen Vergleich handhabt Österreich die Einbürgerung außerordentlich restriktiv: verlangt werden zehn Jahre rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt, der Nachweis hoher finanzieller Mittel – ein hinreichend gesicherter Lebensunterhalt – sowie beträchtliche Gebühren. Seit den 1990er-Jahren waren die Regeln durch Gesetzänderungen mehrfach verschärft worden. Forderungen zur Lockerung der Staatsbürgerschaftsregelung vor allem seitens von NGOs blieben von der Politik bisher ungehört.
Installation von Beiräten und Partizipationstools
Neben dem fehlenden Wahlrecht von Eingewanderten kritisiert die Menschenrechtsorganisation Mängel in lokalen Beratungsgremien und eine schwache Unterstützung von Migrantenorganisationen. Südwind fordert deshalb nicht nur einen erleichterten Zugang zum Wahlrecht, sondern auch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Anliegen von nicht-wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger.
„So können etwa Beiräte von und für Migrant:innen und innovative digitale Partizipationstools ein wichtiger Hebel sein, um Anliegen in die Politik einzubringen“, erklärt Südwind-Migrationsexperte Stefan Grasgruber-Kerl.
Niederschwelliges Angebot zur Mitbestimmung
Migrantenbeiräte, die es häufig in größeren europäischen Städten gibt, habe im Rahmen der Stadtpolitik meist beratende Funktion und bringen Sichtweisen und Anregungen der Migrantinnen und Migranten in die kommunalpolitischen Diskussionen ein. Einen solchen gibt es etwa auch in Graz und Linz.
Zwar können die Beiräte laut Gruber kein Ersatz für das aktive und passive Wahlrecht sind, dennoch versteht sie diese als „niederschwelliges Mittel, um dem Demokratiedefizit in Österreich entgegenzusteuern und zu einem friedlichen Zusammenleben beizutragen“.
Grazer E-Partizipationstool
Südwind hebt den Migrant:innenbeirat der Stadt Graz als internationales Vorzeigebeispiel für eine funktionierende kommunale Beteiligung hervor. So wurde in diesem Jahr unter dem Slogan „Graz Gemeinsam Gestalten“ ein Pilotprojekt mit einem E-Partizipationstool in Graz gestartet, welches den direkten Austausch zwischen der Stadtregierung und allen in Graz wohnhaften Bürgerinnen und Bürgern fördern will.
Die Menschenrechtsorganisation Südwind bemüht sich seit Jahren um die politische Partizipation von Migrantinnen und Migranten und ist so nicht nur am Grazer E-Tool beteiligt, sondern möchte auch mit den beiden Projekten „Empowering Migrants’ Voices on Integration and Inclusion Policies“ und „Migrant Voices Heard“ dazu beitragen, dass Stimmen von Migrantinnen und Migranten in der Politik stärker eingebracht und berücksichtigt werden.