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Arbeitsmarkt

Neues Fachkräftebarometer soll Engpässe besser zeigen

Im ersten Quartal dieses Jahres sind 228.300 Stellen offen gewesen, berichtet heute die Statistik Austria. Beim AMS gemeldet wurden von Firmen im selben Zeitraum nur 118.100 freie Jobs, Ende Mai waren es 117.168. Der Unterschied ist laut AMS-Chef Johannes Kopf und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) nicht überraschend.

Die beiden präsentierten im Zusammenhang mit dem Arbeitskräftemangel als neues Werkzeug nun ein Fachkräftebarometer, das Engpässe am Arbeitsmarkt besser abbilden soll. Von den aktuell offenen Arbeitsplätzen entfallen 134.700 auf den Dienstleistungsbereich, 61.100 auf den produzierenden Sektor und 32.500 auf den öffentlichen Bereich. Das Barometer berücksichtigt saisonale und konjunkturelle Schwankungen und zeigt quartalsweise Ergebnisse zu Fachkräfteengpässen auf Berufsebene für Österreich auf. Bald sollen auch die einzelnen Bundesländer aufgeschlüsselt werden. Kocher und Kopf bezeichneten den Arbeitskräftemangel als eine der drängendsten Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt.

Besonders gefragte Berufe

Derzeit besonders gefragt sind beispielsweise Diplom-Krankenpfleger und -Krankenpflegerinnen, Erzieherinnen und Erzieher sowie Maschinenbautechnikerinnen und Maschinenbautechniker. Etwas dahinter folgen Elektroninstallateurinnen und -installateure und Technikerinnen und Techniker für die Datenverarbeitung. Regional gibt es große Unterschiede. Mangelberufe gibt es derzeit insgesamt österreichweit 98.

„Kurzfristige Anpassungen“

„Das Tool ist ein weiterer Schritt zur besseren Abbildung von Engpässen am Arbeitsmarkt“, sagte Kocher bei einer Pressekonferenz in Wien. Es sei aber auch „mit Vorsicht zu interpretieren“ und solle nur „kurzfristige Anpassungen in der aktiven Arbeitsmarktpolitik“ intendieren. Es werde wegen kurzfristiger Engpässe in bestimmten Berufen nicht etwa die Empfehlung an junge Menschen geben, dort kurzfristig eine Ausbildung zu starten, so Kocher. Es gehe darum, „zielgerichtet mit Qualifikationsmaßnahmen bedarfsgerecht zu reagieren“.

„Werkzeug zur Früherkennung über Veränderungen“

Kopf betonte, dass es bei der Frage, wo es tatsächlich Engpässe gebe, unterschiedliche ideologische Zugänge gebe, worin ein Mangel oder ein Überangebot sich zeigt und welche Rolle auch die gebotenen Arbeitsbedingungen dabei haben. Österreich habe im Gegensatz zu anderen Staaten aber immerhin die Zahl des Stellenandrangs sogar im Ausländerbeschäftigungsgesetz stehen, um auf eine Zahl zu kommen. Beim neuen Tool „handelt es sich um ein Werkzeug zur Früherkennung über Veränderungen, um reagieren zu können“, sagte Kopf. „Der Vorteil des neuen Fachkräftebarometers ist es, nicht nur jene Stellen als Grundlage zu nehmen, die dem AMS gemeldet werden, sondern außerdem rascher auf Nachfrageänderungen reagieren zu können.“

Keine direkte Auswirkung auf Saisonkontingente

Auf die Saisonkontingente für Arbeitsmigrantinnen und -migranten werde sich das neue Werkzeug nicht direkt auswirken, sagte Kocher auf Nachfrage. „Eine Eins zu Eins Verbindung ist nicht geplant.“ Die Kontingente würden schließlich im Vorhinein fixiert. „Im Nachhinein könnten sich aber vielleicht interessante Aspekte ergeben, um zu sehen, wo sich besondere Knappheit gezeigt hat.“

Berechnung anhand von drei Teilindikatoren

Das Barometer berechnet sich anhand von drei Teilindikatoren. Es geht um den „klassischen“ Stellenandrang (berechnet sich aus Arbeitslosen dividiert durch offene Stellen) und darüber hinaus zum Zugang zu offenen Stellen (Anzahl der Zugänge und relative Veränderung des Zugangs an offenen Stellen) und den Gesamtstellenmarkt (Anzahl und relative Veränderung von Zugängen an Stelleninseraten). Die ersten beiden Teilindikatoren werden durch AMS-Registerdaten erhoben. Im dritten Teilindikator werden Stelleninseratsdaten bzw. Trends (alle Onlinestelleninserate unabhängig von AMS-Meldung durch sogenanntes Web Scraping) erfasst. Der Gesamtindikator zeigt auf einer Skala von minus 2 (kein Hinweis auf einen kurzfristigen Fachkräfteengpass) bis +2 (starker Hinweis auf einen kurzfristigen Fachkräfteengpass), wie groß der Bedarf an Fachkräften ist.

IV für umfassende Arbeits- und Fachkräftestrategie

Die Industriellenvereinigung (IV) begrüßte das neue Werkzeug. Insgesamt brauche es aber eine umfassende Arbeits- und Fachkräftestrategie, die darauf abzielt, alle Potenziale zu heben, wurde in einer Aussendung gefordert.