Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) im Rahmen einer Pressekonferenz zu einer Reform der Ehrenzeichengesetze, im Bundeskanzleramt in Wien (5.6.2023)
REGINA AIGNER / APA / picturedesk.com
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Reform

Künftig Aberkennung von Ehrenzeichen möglich

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) haben heute eine Reform der Ehrenzeichengesetze präsentiert, die unter anderem die Aberkennung von Ehrenzeichen ermöglichen soll.

Anlassfall war der Mitverfasser der nationalsozialistischen Rassengesetze Hans Globke, der 1956 den zweithöchsten Orden der Republik erhielt. Die Begutachtung des Gesetzesentwurfs läuft bis 17. Juli. "Nach dem Zweiten Weltkrieg haben viele mit dem Wegschauen weitergemacht“, sagte Kogler. Auch bei den Ehrungen seien weiterhin mehr oder weniger bekannte Nationalsozialisten bedacht worden. Die gesetzliche Lage sei bis heute schwierig und schwammig, die Aberkennung posthumer Ehrungen bisher gar nicht möglich gewesen. Mit dem Entwurf soll das nun gerade gerückt werden.

Österreichs „immerwährende Verantwortung“

"Österreich hat hier eine historische Verantwortung, aber darüber hinaus auch eine gegenwärtige und immerwährende Verantwortung“, betonte der Vizekanzler und Sportminister. Es gehe darum, die Aberkennung einer Wertschätzung für jene, die sie nicht verdienen, zu ermöglichen. Auch im Nachgang der MeToo-Bewegung sei das ein wichtiger Schritt. Im Sportbereich gibt es laut Kogler mindestens einen Fall, bei dem es im Nachhinein Konsequenzen geben könnte. Um wen es geht, wollte er noch nicht sagen.

Wiederruf ex lege und aktive Aberkennung

Auch Edtstadler betonte, dass Österreich eine Verantwortung trage und seine Ehrenzeichen schützen müsse. „Schwere Straftäter, Nazis, Kinderschänder dürfen keine Ehrenzeichenträger sein.“ Derzeit sei es aber auch bei groben Verstößen gegen die Grundwerte der Republik nicht möglich, Ehrenzeichen um Verdienste der Republik abzuerkennen. Künftig soll zwischen einem Widerruf ex lege, also dem Verlust von Rechts wegen, und der aktiven Aberkennung unterschieden werden.

Wiederruf aufgrund von Verurteilungen

Ex lege soll ein Ehrenzeichen widerrufen werden, wenn der Ausgezeichnete wegen einer Vorsatztat zu mehr als sechs Monaten unbedingter oder 12 Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt wird sowie – unabhängig von der Strafhöhe – bei Verurteilungen gegen Leib und Leben, die Freiheit, die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung, gegen die Republik oder deren Einrichtungen und Organe oder nach dem Verbotsgesetz.

Errichtung von Beirat für Aberkennungen

Eine Aberkennung sieht die Reform vor, wenn die Person eine führende Rolle in der NSDAP oder den ihr angeschlossenen Organisationen innehatte und sich aktiv an den nationalsozialistischen Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligte. Für die Aberkennung wird ein eigener Beirat im Bundeskanzleramt eingerichtet.

Legistische Herausforderungen

Die Möglichkeit der Aberkennung der Ehrenzeichen wird bereits seit längerem gefordert. Dass es so lange gedauert hat, erklärte Edtstadler unter anderem mit legistischen Herausforderungen. So sei etwa die posthume Aberkennung problematisch, da es sich um höchstpersönliche Rechte handle, die automatisch mit dem Tod erlöschen. Sie soll nun in Form einer Feststellung möglich sein.