Boot mit Flüchtlingen im Mittelmeer vor der griechischen Insel Lesbos. (2.3.2020)
ARIS MESSINIS / AFP / picturedesk.com
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Pushback-Vorwürfe

NGOs fordern Bundesregierung zum Handeln auf

Nach erneuten Vorwürfen zu illegalen Pushbacks in Griechenland fordern Hilfs- und Menschenrechtsorganisationen in Österreich die Bundesregierung zum Handeln auf. Ärzte ohne Grenzen und Diakonie fordern von der Regierung „ein klares Bekenntnis zur Einhaltung von Unions- und Völkerrecht“.

Zudem solle sich Österreich für die Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Griechenland einsetzen. Attac wirft Österreich eine Mitschuld an den Menschenrechtsverletzungen vor. „Auch Österreich deckt, unterstützt und vollzieht diese Menschenrechtsverletzungen. Was Bundeskanzler Karl Nehammer ‚Verstärkung des Außengrenzschutzes‘ nennt, umfasst in Wahrheit Menschenjagd, Freiheitsberaubung, Deportation und den Bruch elementarster Menschenrechte“, kritisierte Herbert Kotschnig von Attac Österreich heute in einer Aussendung.

„Symptom einer grundlegend unmenschlichen EU-Abschottungspolitik“

Das gewaltsame und völkerrechtswidrige Zurückdrängen von Flüchtenden in Griechenland sei auch „Symptom einer grundlegend unmenschlichen EU-Abschottungspolitik“. Das militarisierte EU-Grenzregime zwinge dabei Flüchtende auf gefährliche und oft todbringende Routen, wo sie gewaltsam zurückgedrängt oder dem Ertrinken im Meer überlassen werden, so Attac. Die NGO forderte eine unmittelbare lückenlose Aufklärung der aktuellen und vergangener Menschenrechtsverletzungen und ein Ende der finanziellen Unterstützung griechischer Grenztruppen und der Aufrüstung von der EU-Grenzschutzagentur Frontex.

Grenzschutz „nur auf Grundlage des geltenden Rechts“

Ärzte ohne Grenzen und Diakonie forderten die Bundesregierung auf, gegenüber der EU-Kommission klarzustellen, „dass jede Form von Grenzschutz nur auf Grundlage des geltenden Rechts erfolgen kann“. Wenn die EU-Mitgliedsstaaten sich weigern würden, sich an geltendes Recht zu halten und wie im Fall Griechenlands Vergehen seit Jahren zu keinerlei Sanktionen führen, sei jeder weitere Versuch, eine gemeinsame Europäische Asylpolitik zu etablieren, zum Scheitern verurteilt, betonte Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser gestern in einer Aussendung.

Kein Einzelfall, sondern tägliche Praxis

Nach Veröffentlichung des Beweisvideos „kann und darf Europa nicht zur Tagesordnung übergehen“, forderten Diakonie und Ärzte ohne Grenzen unisono. Was in dem Video erstmals durch Bildmaterial lückenlos dokumentiert werde, sei kein Einzelfall, sondern tägliche Praxis, die durch zahlreiche Berichte unabhängiger NGOs bestätigt werde.

Außenministerium: Pushbacks inakzeptabel

Das Außenministerium erklärte auf APA-Anfrage, dass Pushbacks „völlig inakzeptabel und klar völkerrechtswidrig“ seien. „Wir begrüßen daher die Ankündigung des griechischen Premierministers die Vorwürfe rasch aufklären zu wollen“. Bereits in der Vergangenheit habe Griechenland stets versichert, dass internationale Standards eingehalten werden und allfälligem Fehlverhalten in Einzelfällen penibel nachgegangen werde, hieß es.

New York Times veröffentlichte Videomaterial

Die New York Times hatte am Wochenende vom österreichischen Menschenrechtsaktivisten Fayad Mulla bereitgestelltes Videomaterial veröffentlicht, auf dem zu sehen sein soll, wie die griechische Küstenwache Asylsuchende auf einem Floß aussetzt. Die Menschen sollen anschließend von türkischen Behörden gerettet worden sein. Eigentlich muss bei Schutzsuchenden geprüft werden, ob sie einen Anspruch auf Asyl haben. Die Regierung in Athen äußerte sich bisher nicht dazu. Die Türkei aber auch Hilfsorganisationen und verschiedene europäische Medien werfen Griechenland immer wieder sogenannte Pushbacks vor – also das illegale Zurückdrängen von Geflüchteten sowie Migrantinnen und Migranten. Griechenland hatte das bisher immer abgestritten.