Obmann Mouhanad Khorchide (Muslimisches Forum Österreich) und Nela Salamon im Rahmen einer Pressekonferenz zur Vorstellung der Österreichischen Islamkonferenz (ÖIK) in Wien.  (27.2.2023)
ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com
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Muslimisches Forum Österreich

Start der „Österreichischen Islamkonferenz“

Der österreichische Islam-Theologie Mouhanad Khorchide will mit einer neuen Dialogplattform die weltoffene Seite des Islam in den Vordergrund rücken und in Dialog mit Politik, Medien, Kirchen, Wissenschaft und Zivilgesellschaft bringen.

Den Rahmen dafür bietet die „Österreichische Islamkonferenz“ (ÖIK), die er heute in einer Pressekonferenz vorstellte. Finanziert aus EU-Fördermitteln, tritt sie am 24. Juni erstmals zusammen. Von der Glaubensgemeinschaft setzte es Kritik.

Austausch und Handlungsempfehlungen

Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 sei der Islam verstärkt Thema geworden, aber immer nur als Problemthema, so Khorchide, der etwa auch als wissenschaftlicher Leiter des Beirats der „Dokumentationsstelle politischer Islam“ bekannt ist. Sein Ziel sei eine lösungsorientierte Zusammenarbeit, der regelmäßige strukturierte Austausch mit gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren und die Erstellung praxisorientierter Handlungsempfehlungen. In Deutschland gebe es eine solche Konferenz schon seit 2006, dort sei sie aber am Innenministerium angedockt und damit sicherheitspolitisch konnotiert. In Österreich sei die Initiative hingegen von Muslimen selbst angestoßen worden, gemeinsam habe man auch den Trägerverein „Muslimisches Forum Österreich“ (MFÖ) gegründet. Geld für die Konferenz kommt vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, einem Finanzierungsinstrument der EU.

Unabhängigkeit stehe im Mittelpunkt

Dass dieses Forum als Parallelstruktur zur Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) fungieren könnte, stellte Khorchide in Abrede, man strebe auch das Gespräch mit ihr an. „Wir stellen auf keinen Fall den Anspruch, dass wir durch diese Struktur Muslime in Österreich vertreten wollen“, betonte er. Die Unabhängigkeit stehe im Mittelpunkt, einer politischen Vereinnahmung will sich der Islamwissenschafter verweigern.

Kritik der IGGÖ an Parallelstruktur

Von der Glaubensgemeinschaft kam via Aussendung dennoch genau diese Parallelstruktur-Kritik, denn mit der IGGÖ existiere ja bereits eine Ansprechpartnerin für den Staat und seine Behörden, für die Zivilgesellschaft, Kirchen und Religionen. Die IGGÖ stößt sich auch daran, dass die Förderung über das Bundeskanzleramt vergeben wird, das auch für Kultusangelegenheiten und somit für die Zusammenarbeit und den Dialog mit der Glaubensgemeinschaft, gleichzeitig aber auch für die Gründung der „Dokumentationsstelle politischer Islam“ zuständig war – wo wiederum Khorchide tätig ist.

IGGÖ gegen „aufoktroyierten Dialog“

„Die Frage der Legitimation drängt sich von selbst auf, wenn ein neugegründeter Verein nun den Anspruch erhebt, den Dialog über den Islam in Österreich institutionalisieren zu wollen, dabei aber die zentralen Akteur*innen des muslimischen Lebens in Österreich nicht miteinbezieht“, hieß es seitens der IGGÖ weiter: „Diskurse können jedoch nur dann einen Wandel bedingen, wenn sie von innen heraus entstehen und von einer breiten Basis mitgetragen und vor allem mitgestaltet werden können. Ein von außen oder oben aufoktroyierter Dialog, der in dieser Form nicht auf Augenhöhe geführt werden kann, vermag dies nicht zu leisten. Das Projekt ‚Österreichische Islamkonferenz‘ läuft daher Gefahr erneut eine Struktur zu schaffen, im Rahmen deren über anstatt mit Muslim*innen geredet werden soll.“

Innerislamische Vielfalt sichtbarer werden lassen

Khorchide unterstrich hingegen, dass es wichtig sei, die innerislamische Vielfalt sichtbarer werden zu lassen. Studien belegten, dass die absolute Mehrheit der Muslime keine Probleme mit demokratischen Grundwerten und der Rechtsstaatlichkeit hätten. „Aber viele solcher Institutionen sind der breiten Öffentlichkeit nicht bekannt“, bedauerte er. Um das zu ändern, tritt die Islamkonferenz 2023 und 2024 fünfmal zusammen, erstmals am 24. Juni. Bei einer Abschlussveranstaltung im September 2024 soll auch die breite Bevölkerung miteinbezogen werden.