Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser anlässlich einer Pressekonferenz zur Nachbarschaftshilfe für die Ukraine in Wien (7.3.2022)
HANS PUNZ / APA / picturedesk.com
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Diakonie

Bleiberecht für Ukraine-Flüchtlinge gefordert

Ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine fordert die Diakonie ein dauerhaftes Bleiberecht für die rund 60.000 ukrainischen Flüchtlinge in Österreich. Momentan gilt für sie ein befristeter Vertriebenenstatus.

„Viele ukrainische Flüchtlinge können oder wollen nicht zurückkehren, wir müssen ihnen deshalb eine dauerhafte Perspektive ermöglichen“, sagte heute Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser in Wien bei einer Pressekonferenz.

Schaffung von „Ukrainer:innen-Gesetz“

Die Diakonie fordert daher die Schaffung eines „Ukrainer:innen-Gesetz“. Vorbild sei das Bosnier-Gesetz von 1997, das Flüchtlingen aus Bosnien-Herzegowina ein Aufenthaltsrecht zusicherte. Die Diakonie hofft auch, damit ukrainische Flüchtlinge in die Sozialhilfe aufnehmen zu können. Die Grundversorgung, die Vertriebene aus der Ukraine erhalten, reiche als reine Basisversorgung nicht aus, sagt Moser: „Keine Familie kann mit 330 Euro im Monat leben. Viele Vertriebene sind deshalb abhängig von privaten Wohnraumspenden durch Österreicher.“

Angleichung an offiziellen Flüchtlingsstatus

Die Diakonie fordert deshalb, den Status von Vertriebenen aus der Ukraine an den offiziellen Flüchtlingsstatus anzugleichen. „Das würde Bleiberecht, Existenzsicherung, Gesundheitsversorgung, Kinderbetreuung, Bildung und Arbeit sichern", so Moser. Besonders Begrenzungen beim Zuverdienst würden Ukraine-Flüchtlinge vom Einstieg in die Arbeitswelt abhalten.

Rückkehr in Ost- und Südostukraine kaum möglich

Eine Rückkehr in die Ost- und Südostukraine sei oft nicht möglich, sagt Imke Hansen, die als Traumatherapeutin im Kriegsland arbeitet: „Die befreiten Gebiete sind stark zerstört und auch dicht vermint. Man findet Minen in Wohnungen, auch in Schränken oder Spielzeugen.“ Trotzdem würden die Menschen in die zurückeroberten Gebiete drängen. „Weil aber die Infrastruktur, wie etwa Schulen oder Brücken, zerstört ist, müssen sie oft wieder zurückkehren“, so Hansen.

Überführung in die Sozialhilfe

Die Forderung, ukrainische Flüchtlingen in die Sozialhilfe zu überführen, stehe schon länger im Raum, werde aber von der Politik ignoriert, kritisierte Moser: „Ich vermisse hier besonders den Beitrag von Integrationsministerin Susanne Raab“ (ÖVP). Positive Signale hätte es hingegen von Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) und dem Innenministerium gegeben. „Unser Wunsch wäre aber natürlich ein schnelleres Tempo“, so die Diakonie-Direktorin.

Mehrheit der UkrainerInnen in privaten Wohnungen

Die Hilfe für Ukraine-Flüchtlinge sei insgesamt zurückgegangen, bemängelte Claudia Lui, die die Ukraine Beratungsstelle der Diakonie in Wien leitet: „Der Hype ist abgeflacht. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass trotzdem die Mehrheit der Ukrainer in Österreich in privaten Wohnungen lebt.“ Insgesamt habe die Diakonie-Beratungsstelle bereits ungefähr 2.300 Wohnspenden vermittelt. Obwohl die Solidarität abnehme, sei von einem wachsenden Ressentiment gegen Ukrainer nichts zu spüren, sagt Moser: „Das gerne beschworene Kippen der Stimmung ist für uns nicht sichtbar.“