Geretteter auf dem Deck des Rettungsschiffes „Ocean Viking“ der Menschenrechtsorganisation „SOS Mediterranee“ im Golf von Catania in internationalen Gewässern des Mittelmeers. (5.11.2022)
VINCENZO CIRCOSTA / AFP / picturedesk.com
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Europarat

Kritik an Italiens Kodex für Rettungsschiffe

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatović, hat das Dekret kritisiert, mit dem die italienische Regierung den bei Rettungseinsätzen von Geflüchteten aktiven NGOs das Leben erschweren will.

Das Dekret müsse abgeschafft oder zumindest geändert werden, forderte Mijatović. Die Regierung von Premierministerin Giorgia Meloni will davon aber nichts wissen.

Kritische Punkte im Dekret

In einem Schreiben an Italiens Innenminister Matteo Piantedosi äußerte sich die Kommissarin besorgt über die Folgen, die das Dekret für die Rettungsaktivitäten der im Mittelmeer tätigen NGO-Schiffe haben könnte. Mijatović stellte vor allem drei kritische Punkte im Dekret fest: Die Regeln für die Seenotrettung, die Auswahl der Häfen, in die die Menschen ausgeschifft werden, und die technischen Kontrollen, denen die NGO-Schiffe unterzogen werden. Nach Ansicht des Europarats birgt ein Teil des Dekrets die Gefahr, dass, Hilfsorganisationen daran gehindert werden, weitere Rettungssätze durchzuführen, „selbst wenn sie noch die Kapazität haben, eine weitere Aktion durchzuführen“.

Italien weist Argument zurück

Rom weist dieses Argument jedoch zurück. „Was die neue Regelung verhindern will, ist das kontinuierliche Aufgreifen von Migranten in den Gewässern vor der libyschen und tunesischen Küste, um sie ohne jede Form der Koordination ausschließlich nach Italien zu bringen. Dieses unter den NGOs weit verbreitete Verhalten entspricht nicht den Bestimmungen der internationalen Übereinkommen über die Rettung auf See", hieß es in der Antwort aus Rom.

Norditalienische Häfen sollen Süden entlasten

Auch die Kritik Mijatovićs, wonach die italienische Regierung NGO-Schiffe mit Geretteten an Bord zu langen Reisen bis zu norditalienischen Häfen zwinge, um mit längeren Seewegen die Zahl ihrer Rettungseinsätze zu verringern, wies die Regierung Meloni zurück. Die Entscheidung, NGO-Schiffe in norditalienischen Häfen landen zu lassen, sei notwendig, um die Belastung für Lampedusa, Sizilien und Kalabrien zu verringern.

Italien hat Kurs gegenüber NGOs verschärft

Unter der neuen italienischen Regierung der Rechtsaußen-Politikerin Meloni, die seit Oktober amtiert, hat Italien den Kurs gegenüber NGOs verschärft, die im Mittelmeer Menschen aus Seenot retten. Die Hilfsorganisationen werden beschuldigt, Schlepperei zu unterstützen. Trotz Melonis Dekret landen nach wie vor Rettungsschiffe in italienischen Häfen. Die Zahl der Ankünfte in Süditalien ist nicht rückläufig. 4.963 Menschen sind nach Seefahrten über das Mittelmeer in Italien eingetroffen, im Vergleichszeitraum 2022 waren es noch 3.035 gewesen.