Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg (5.10.2015)
JOHN THYS / AFP / picturedesk.com
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EuGH

Keine Abschiebung Kranker bei Gefahr erheblicher Schmerzen

Kranke Menschen dürfen nicht in ein Land abgeschoben werden, in dem es die einzig schmerzlindernde Behandlung nicht gibt. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) gestern in Luxemburg.

Hintergrund ist die Klage eines Russen, der mit 16 Jahren an einer seltenen Form von Blutkrebs erkrankt ist. Er wird derzeit in den Niederlanden behandelt, unter anderem mit medizinischem Cannabis gegen die Schmerzen. In Russland ist eine Schmerztherapie mit Cannabis nicht erlaubt. Der Mann stellte in den Niederlanden mehrere Asylanträge, die alle abgelehnt wurden. Er ist der Ansicht, dass er einen Aufenthaltstitel oder zumindest einen Aufschub der Abschiebung bekommen müsse, da er ohne Cannabis-Behandlung nicht menschenwürdig leben könne.

Recht mit hohen Anforderungen

Der EuGH gab ihm Recht, stellte aber hohe Anforderungen. Auch wenn jemand illegal in der EU sei, dürfe er nicht in ein Land abgeschoben werden, wo es keine angemessene Versorgung gebe und die Gefahr bestehe, dass seine Schmerzen dadurch erheblich und unumkehrbar zunehmen würden. Voraussetzung ist allerdings, dass es die einzig schmerzlindernde Behandlung in dem Land wirklich nicht gibt. Auch müsse klar sein, dass der Mensch ohne die Behandlung so starke Schmerzen hätte, dass der Entzug der Behandlung gegen die Menschenwürde verstieße. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn dadurch schwere und unumkehrbare psychische Störungen verursacht würden oder der Betroffene zur Selbsttötung veranlasst werden könnte.