Unter dem Motto „Gemeinsam 2022 Skupno“ forderten Expertinnen und Experten, Politikerinnen und Politiker sowie Jugendliche aus der Minderheit bei der zweitägigen Volksgruppentagung der Hermagoras/Mohorjeva in Klagenfurt/Celovec einen neuen, zeitgerechten Umgang mit den österreichischen Volksgruppen. 50 Jahre nach dem sogenannten Ortstafelsturm werde in Kärnten/Koroška die Minderheitensprache immer weniger gesprochen, betonte etwa Jana Trap, Projektleiterin einer aktuellen OGM-Umfrage, die dies belegt. Das Klima im Lande habe sich verbessert, doch die slowenische Sprachkompetenz und die Anzahl der Native Speaker im Land sinke von Jahr zu Jahr, so die Veranstalter des Kongresses.
Proaktive Förderung der Volksgruppensprache
Die Vortragenden auf der Tagung betonten, dass der allgegenwärtigen Mobilität, Digitalisierung und Vernetzung endlich Rechnung getragen werden müsse. So fordert die stellvertretende grüne Klubobfrau im Parlament, Olga Voglauer, dass die Zweisprachigkeit vor den Vorhang geholt werden müsse. Die proaktive Förderung der slowenischen Volksgruppensprache auf Ämtern, Behörden in Bildungseinrichtungen und in allen Formen von Medien sei Aufgabe der Politik auf allen Ebenen, betont die grüne Abgeordnete in ihrer Rede auf der Volksgruppenkonferenz.
Vorzeigemodell Südtirol-Autonomie
Für einen Vortrag zu rechtlichen Rahmenbedingungen von Volksgruppenrecht, seiner Weiterentwicklung und der Frage, ob die Südtirol-Autonomie auch ein Modell für Kärnten/ Koroška sei, folgte der Landeshauptmann von Südtirol, Arno Kompatscher, der Einladung zur Tagung. Zurückgekehrt vom hochrangigen Treffen anlässlich des 30. Jahrestages der UN-Erklärung für Minderheitenrechte in New York, betonte Kompatscher gestern am Rande der Konferenz im Interview für „Heimat Fremde Heimat“, die Bedeutung von Solidarität unter den Volksgruppen weltweit.
Positive Regelungen für Minderheiten
Die Frage, ob das Eintreten der Südtiroler Politik für die österreichischen Minderheiten nicht auch zu Konflikten mit der Südtiroler Schutzmacht Österreich führen könne, verneinte der Südtiroler Landeshauptmann. „Es legitimiert Österreich noch stärker, wenn es im Land positive Regelungen für die Minderheiten gibt, sich auch für Südtirol einzusetzen. Es ist ganz im Sinne Südtirols, wenn es hier in Österreich eine gute Lösung für die Volksgruppen gibt.“
Jeder Stillstand sei ein Rückschritt
Österreich nehme seine Schutzmachtfunktion für Südtirol wahr und dies würde gerade in der jetzigen politischen Situation in Italien wieder eine große Rolle spielen. Es gäbe jetzt wieder eine sorgenvolle Verunsicherung, so Kompatscher, da jene Parteien, die die Mehrheit der nächsten italienischen Regierung bilden werden, nationalistisch und zentralistisch geprägt seien. Obwohl die Autonomie völkerrechtlich und verfassungsrechtlich geschützt ist, sei in Südtirol jeder Stillstand ein Rückschritt. Zum Beispiel würden nach der Verfassungsreform 2001 die Dinge in manchen Bereichen nicht gut funktionieren, da der italienische Verfassungsgerichtshof einigen Urteilen der Südtiroler Autonomie ausgehöhlt habe. Trotz einer Ministerpräsidentin Giorgia Meloni müsse die Autonomie ständig angepasst und weiterentwickelt werden, forderte der Südtiroler Landeshauptmann in Klagenfurt/Celovec.
Anerkennung der Jenischen als Volksgruppe
Sichtbar gemacht und ein Podium geboten wurde auf der Volksgruppenkonferenz durch einen Vortrag von Heidi Schleich von der Universität Innsbruck, die Minderheit der Jenischen, die sich aktuell um eine Anerkennung als Volksgruppe bemüht.