Podiumsdiskussion mit Marie Noel, Noomi Anyanwu, Bless Amada, Ernest Allan Hausmann, Sophie von Kessel, Zeynep Buyraç, Stacyian Jackson im Foyer des Wiener Burgtheaters (22.9.2022)
Marcella Ruiz Cruz
Marcella Ruiz Cruz
Burgtheater

Diversität auf Bühne und im Publikum

Das Wiener Burgtheater lud vergangenen Donnerstag zur Vorstellung des Stückes „Die Ärztin“ und zum anschließenden Publikumsgespräch im Foyer, bei dem Rassismuserfahrungen und Ausgrenzungen diskutiert wurden.

Auf Initiative von Ensemble-Mitglied Bless Amada wurde die Veranstaltung im Theater am Ring in Kooperation mit dem Aktionsbündnis Black Voices, das mit einem aktuellen Volksbegehren einen Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus erreichen will, realisiert. Burgtheaterdirektor Martin Kušej zeigte sich erfreut über die diverse Zuschauerschaft: „Ich bin wahnsinnig stolz, dass so viele Menschen hier sind, die sich für das Thema interessieren, und hoffe, in Zukunft öfter ein so offenes und diverses Publikum im Burgtheater begrüßen zu können."

Podiumsdiskussion mit Marie Noel, Noomi Anyanwu, Bless Amada, Ernest Allan Hausmann, Sophie von Kessel, Zeynep Buyraç, Stacyian Jackson im Foyer des Wiener Burgtheaters, Begrüßung durch Dirketor Martin Kušej (22.9.2022)
ORF

Am Podium nahmen die Burgtheater-Schauspielerinnen und -Schauspieler Bless Amada, Zeynep Buyraç, Ernest Allan Hausmann, Stacyian Jackson und Sophie von Kessel, die alle im Stück „Die Ärztin“ spielen, Platz sowie Noomi Anyanwu, Initiatorin und Sprecherin von Black Voices. Das Gespräch moderierte die Schauspielerin und Drehbuchautorin Marie Noel.

Zuschreibungen im Visier

In „Die Ärztin“ setzt der britische Regisseur Robert Icke in seiner Überschreibung von Arthur Schnitzlers Drama „Professor Bernhardi“ vor allem auf das Thema Identität und Zuschreibung in einer Welt geprägt nicht nur von Religion, sondern auch von Hautfarbe, Geschlecht und soziale Zugehörigkeit. Ging es bei dem 1912 in Berlin uraufgeführte Stück „Professor Bernhardi“ vor allem um Antisemitismus, wurde das aktuelle Stück um andere Themen geöffnet und modernisiert. Professor Bernhardi wird bei Icke zu Professor Ruth Wolff, eine säkulare Jüdin, die von Sophie von Kessel gespielt wird. Sie betonte, dass Regisseur Icke auf eine konträre Besetzung – bei weiß und schwarz oder männlich und weiblich – gesetzt hat und dies dem Stück erst Bedeutung gebe. Gemäß der Besetzung des Stücks war an diesem Abend auch das Publikum divers. Noomi Anyanwu bezeichnete diesen Abend als „historischen Moment“, denn „der erste Schritt für ein diverseres Publikum in einer Institution wie dem Burgtheater“ sei gemacht.

Podiumsdiskussion mit Black Voices im Foyer des Wiener Burgtheaters (22.9.2022)
Marcella Ruiz Cruz

Lob für Cast von „Die Ärztin“

Lob und Applaus gab es seitens des Publikums für den Cast des Stücks. Um diese Sichtbarkeit des Diversen gehe es im Theaterbetrieb, betonte die Schauspielerin Zeynep Buyraç. „Ich will das, was ich auf der Straße sehe, auf der Bühne sehen und Wien ist divers“, so die Schauspielerin, die ihr Debüt am Burgtheater mit der Rolle von Professor Roger Hardiman in „Die Ärztin“ Ende 2021 gab. Auch die Zuschauerin Asma Aiad, Künstlerin und Black Voices-Aktivistin appellierte an die Kulturinstitutionen: „Lasst es zu, dass mehr People of Color auf der Bühne vertreten sind, an Stücken mitschreiben und im Kunst- und Kulturbereich sichtbarer werden.“ Damit wäre auch ein diverseres Publikum garantiert.

Rassismus begegnen

Die Schauspielerinnen und Schauspieler am Podium berichteten auch von ihren eigenen Rassismuserfahrungen. Ernest Allan Hausmann, der den Professor Brian Cyprian im Stück gibt, erzählte nicht nur von seinem Umgang mit Beschimpfungen in seiner Heimatstadt Hamburg als Kind, sondern auch davon, dass er in seiner 30-jährigen Theaterkarriere nun erstmals am Wiener Burgtheater einen Vertrag als fixes Ensemble-Mitglied bekommen habe. Und die aus Rotterdam stammende Schauspielerin Stacyian Jackson – im Stück Gesundheitsministerin Jemima Flint – setzt auf die Kommunikation, aufs Zuhören und auf gegenseitiges Verständnis, um Zuschreibungen zu hinterfragen und Rassismus begegnen zu können.

Podiumsdiskussion mit Marie Noel, Noomi Anyanwu, Bless Amada, Ernest Allan Hausmann, Sophie von Kessel, Zeynep Buyraç, Stacyian Jackson im Foyer des Wiener Burgtheaters (22.9.2022)
Marcella Ruiz Cruz

Für mehr Präsenz marginalisierter Gruppen

Das Burgtheater werde sich auch weiterhin für mehr Präsenz marginalisierter Gruppen im Theater stark machen, betonte das Theaterhaus in einer Aussendung. Solidarisch erklärt man sich auch mit den Forderungen des Aktionsbündnisses Black Voices im Volksbegehren nach „gleichberechtigter Teilhabe Schwarzer Menschen, Menschen afrikanischer Herkunft und People of Colour in allen Bereichen der österreichischen Gesellschaft“ sowie für einen Aktionsplan gegen Rassismus.