Illustration zum Thema Medizin / Hausarzt / Arzt / Gesundheit: Ein praktischer Arzt hält ein Stethoskop in einer Praxis in Niederösterreich. (198.2014)
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com
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Europäische Sozialcharta

Immer noch viele Baustellen in Europa

Nach wie vor viel Handlungsbedarf gibt es bei der Einhaltung der Europäischen Sozialcharta. Laut Europäischen Ausschuss für Soziale Rechte (ECSR) gebe es große Defizite vor allem beim Arbeitsschutz, bei der Mütter- und Kindersterblichkeit sowie bei den Rechten älterer Menschen.

Österreich wird wegen exzessiven Bedingungen für die Gewährung von medizinischer Versorgung und sozialen Dienstleistungen gerügt, wie es aus den am Mittwoch veröffentlichten Schlussfolgerungen des Ausschusses hervorgeht.

Strukturelle Probleme & limitierte finanzielle Ressourcen

Unter die Lupe genommen wurden die 33 Mitgliedsländer der Europäischen Sozialcharta im Zeitraum 1. Jänner 2016 bis 31. Dezember 2019. Unter einzelnen Schlussfolgerungen überwogen jene zur Nichtübereinstimmung (165) jene zur Übereinstimmung mit der Charta (110). Die Zahl der Zurückstellungen wegen fehlender Informationen belief sich auf 126. Unter den Staaten mit vielen Beanstandungen finden sich etwa die Ukraine, Georgien, Moldau oder Albanien. Die Präsidentin des Ausschusses, die Österreicherin Karin Lukas, führt das auf strukturelle Probleme und limitierte finanzielle Ressourcen in diesen Ländern zurück. Österreich sei in Bezug auf die Gewährung von sozialen Rechten wegen seiner guten Ressourcenlage „grundsätzlich gut unterwegs“.

Exzessive Erfordernissen in Österreich

Österreich sei allerdings eines jener Länder – gemeinsam mit Andorra, Kroatien, Lettland, Litauen, Nordmazedonien, Rumänien und Serbien –, die die Angehörigen anderer Nationalitäten von der vollen Nutzung des sozialen Netzes aufgrund exzessiver Erfordernisse, wie etwa eine zehnjährige Aufenthaltsdauer in Österreich, ausschlössen. „Österreich bewegt sich da leider überhaupt nicht“, so Lukas gegenüber der APA.

„Reflexive Geschlechterpädagogik und Gleichstellung“

Österreich wird in den Schlussfolgerungen des Sozialrechte-Ausschusses aber auch unter den Beispielen für positive Entwicklungen erwähnt, nämlich im Zusammenhang mit diverser Sexualität und Gender-Identitäten im Schulbereich. Hier werden die Grundsatzerlässe zur Sexualpädagogik und zur „reflexiven Geschlechterpädagogik und Gleichstellung“ ausdrücklich erwähnt.

Präsidentin Karin Lukas

Karin Lukas ist seit elf Jahren Mitglied des Europäischen Ausschusses für Soziale Rechte, 2016 wurde sie dessen Vizepräsidentin, 2021 dessen Präsidentin. Mit Ende des Jahres scheidet Lukas wegen Erreichung der Maximaldauer als Mitglied aus dem beim Europarat angesiedelten Ausschuss aus.