Barbara Coudenhove-Kalergi, Preisträger in der Kategorie „Lebenswerk“, anl. der Verleihung der Auszeichnungen „Journalist des Jahres 2013“ in Wien. (12.2.2014)
HERBERT NEUBAUER / APA / picturedesk.com
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Menschen

Journalistin Coudenhove-Kalergi wird 90

Sie ist immer dann zur Stelle, wenn Stammtisch-Rhetorik zur Richtschnur zu werden droht und gilt als „Gewissen des guten Österreich“: Die Journalistin und Publizistin Barbara Coudenhove-Kalergi wird morgen, am 15. Jänner, 90 Jahre alt.

Auch in hohem Alter führt sie ihren Kampf um Weltoffenheit und Minderheitenrechte unermüdlich fort. Und die politische Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist der Grande Dame ein Herzensanliegen.

„Sich in Österreich einzugewöhnen war nicht leicht“

Coudenhove-Kalergi entstammt einer aristokratischen Intellektuellen-Familie mit Wurzeln in Böhmen und Japan. Sie wurde am 15. Jänner 1932 in Prag geboren und lebt seit 1945 in Österreich. "Sich in Österreich einzugewöhnen war nicht leicht. Seither kann ich mir auch vorstellen, wie es den Migranten geht, die jetzt nach Österreich kommen“, erzählt sie im aktuellen „Falter“. In Österreich arbeitete sie als Schriftstellerin und Publizistin unter anderem für die Tageszeitungen „Die Presse“, „Kurier“ und das Nachrichtenmagazin „profil“ – zuletzt vor allem für den „Standard“ in einer alle zwei Wochen erscheinenden Kolumne. Dem breiten Publikum wurde sie in den 1970er- und 1980er-Jahren durch ihre „Ostblock“-Reportagen für den ORF bekannt. „Die Öffnung zum Ausland war im ORF das große Verdienst von Gerd Bacher und Hugo Portisch. Sie haben die Auslandsberichterstattung eingeführt“, würdigt sie die damalige Neuerung im „Falter“.

Verdienste um Demokratie und Menschenrechte

Hohe politische Ämter sind ihr öfter angetragen worden, annehmen wollte sie solche Funktionen aber nicht. Sie wolle sich selbst treu bleiben, so hatte ihre Begründung gelautet, als sie 1997 aufgefordert worden war, für das Amt der Bundespräsidentin zu kandidieren. Für ihr Engagement bekam Coudenhove-Kalergi im Jahr 2001 in Prag den Masaryk-Orden verliehen. Der damalige tschechische Staatspräsident Václav Havel würdigte dabei ihre „besonderen Verdienste um Demokratie und Menschenrechte“. 2005 wurde sie mit dem renommierten Ehrenpreis der Concordia für ihr Lebenswerk geehrt. Im gleichen Jahr erhielt sie den Axel-Corti-Preis der österreichischen Volksbildung.

Erinnerungsbuch „Zuhause ist überall“

Dass sie eine gute Bundespräsidentin gewesen wäre, die Überzeugung bekamen manche Leserinnen und Leser bei der Lektüre ihres 2013 erschienenen Erinnerungsbuchs „Zuhause ist überall“. Darin schilderte sie das Aufwachsen in der deutschsprachigen Bevölkerung Prags, das Leben innerhalb einer Minderheit, mit tschechischen Hausangestellten, aber ohne viel Kontakt zu anderen Tschechinnen und Tschechen. Nach dem Einmarsch Hitlers folgen die ersten größeren Loyalitätskonflikte, dem BdM-Mädel wurde eingetrichtert, sich in "Feindesland“ zu befinden, obwohl es doch hier geboren war. Die Familie entkam den Ausschreitungen und Todesmärschen, bei denen Tausende Tschechen-Deutsche umkamen, und konnte sich im Gefolge eines letzten aus Prag abziehenden SS-Verbandes zu den Amerikanern und später weiter nach Österreich durchschlagen, wo die Eltern eine neue Existenz aufbauten.

Tolerante Gedanken und tolerantes Handeln

„Empathie, Neugierde und Sachlichkeit“: Diese drei Eigenschaften würdigte Laudator Philipp Blom im Jahr 2013 bei der Verleihung des Ehrenpreises des Österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln an Coudenhove-Kalergi. Ihre "glasklaren Analysen der gesellschaftspolitischen Situation, die das Interesse der Menschen an anderen Kulturen geweckt haben“, hob zu diesem Anlass auch der heutige Bürgermeister und damalige Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) hervor. Gerald Schantin, damals Präsident des Hauptverbands des Österreichischen Buchhandels, würdigte neben den „zu Papier gebrachten toleranten Gedanken“ auch das „tolerante Handeln“ der Geehrten, „das sehr oft im Stillen geschieht“.

Engagement für Geflüchtete

Die kontinuierliche „Übereinstimmung zwischen Denken und Handeln“ spiegelt sich etwa in Coudenhove-Kalergis ehrenamtlicher Tätigkeit als Lehrerin für Deutsch als Zweitsprache, auch wenn sie mittlerweile keine größeren Gruppen mehr unterrichtet. In ihrer Pension hatte sich die Journalistin intensiv in der Flüchtlingshilfe eingesetzt. Zu Beginn der Corona-Krise war sie eine jener Unterzeichnerinnen, die die Bundesregierung in einem Offenen Brief aufforderte, die Aufnahme von Geflüchteten aus griechischen Lagern zu ermöglichen. Sie riefen zur Evakuierung der Flüchtlingslager auf den griechischen Inseln auf, „um eine Katastrophe inmitten der Covid 19-Pandemie zu verhindern“.