Blick auf einen „BREXIT“-Schalter anlässlich eines Besuchs in der MA35 im Rahmen eines Pressestatements „Brexit-Verfahren für britische StaatsbürgerInnen in Wien“. (12.1.2021)
APA/GEORG HOCHMUTH
APA/GEORG HOCHMUTH
Brexit

Keine Nachfrist bei Aufenthaltstitel für BritInnen

Mit Jahresende ist die Frist für Britinnen und Briten in Österreich abgelaufen, den infolge des Brexit eingeführten Aufenthaltstitel „Artikel 50 EUV“ zu beantragen. Eine Nachfrist gibt es nicht, wie das Innenministerium auf APA-Anfrage mitteilte.

Bis Ende November wurden demnach bundesweit 8.886 „Artikel 50 EUV“-Aufenthaltstitel beantragt. 7.882 davon wurden bis zum 30.11.2021 erteilt. Laut Zahlen der Statistik Austria lebten Anfang 2021 11.529 britische Staatsbürgerinnen und -bürger in Österreich. Eine kleine Hintertür könnte es noch geben: Das Austrittsabkommen regle, dass auch auf Basis eines verspäteten Antrags ein derartiger Aufenthaltstitel zu erteilen sei, „wenn unter Berücksichtigung aller Umstände in dem Einzelfall für die Verspätung ein vernünftiger Grund vorliegt“, teilte das Innenministerium mit. Als Beispiele wurden unter anderem Minderjährige genannt, deren Eltern keinen Antrag gestellt haben, oder schwere Erkrankungen. Es erfolge eine individuelle Prüfung aller Umstände im Einzelfall. „Betroffene sollten sich in jedem Fall so rasch wie möglich an die für sie zuständige Behörde wenden, um ihre Möglichkeiten abzuklären.“

Antragstellungsfriste endete mit 31.12.2021

Die Antragstellungsfrist lief von 1. Jänner bis 31. Dezember 2021. Damit habe Österreich bereits „eine längere Frist als im Austrittsabkommen vorgegeben“ gewährt, denn der Stichtag dafür wäre der 30. Juni 2021 gewesen, also sechs Monate ab dem Ende der Brexit-Übergangsphase, wurde im Innenministerium betont. Gemeinsam mit der britischen Botschaft habe man auch zahlreiche Informationsveranstaltungen in ganz Österreich und im Jahr 2021 online abgehalten, um alle britischen Staatsbürgerinnen und -bürger über die Notwendigkeit der Antragstellung zu informieren.

Der Antrag auf den Aufenthaltstitel muss persönlich gestellt werden. Welche Behörde zuständig ist, richtet sich nach dem Wohnort. Es kann sich dabei um den Landeshauptmann, den Bürgermeister oder die Bezirkshauptmannschaft handeln. In Wien, wo zu Jahresbeginn 2021 mit 4.447 Personen bundesweit die höchste Zahl an Britinnen und Briten lebte, ist die Magistratsabteilung 35 (MA35) zuständig.

Freizügigkeitsrechte bei EWR-Staatsbürgerschaft

Das Innenministerium wies auch darauf hin, dass Personen, die neben der britischen auch über eine EWR-Staatsbürgerschaft verfügen, schon auf Basis dieser zweiten Staatsangehörigkeit weiterhin ihre Freizügigkeitsrechte ausüben können. Das gelte ebenso für Britinnen und Briten, die auch Schweizer Bürgerinnen und Bürger seien.

Status von Drittstaatsangehörigen

Britische Staatsbürgerinnen und -bürger, die keinen „Artikel 50 EUV“-Aufenthaltstitel beantragt haben oder deren verspäteter Antrag nicht berücksichtigt werden könne, seien jedenfalls „wie normale Drittstaatsangehörige zu behandeln“ und könnten „jeden anderen für sie passenden Aufenthaltstitel nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz“ beantragen. Hier kämen insbesondere Aufenthaltstitel zur Familienzusammenführung, zur qualifizierten Erwerbstätigkeit (mit einer Rot-Weiß-Rot-Karte) oder Aufenthaltstitel für eine schulische Ausbildung oder ein Studium infrage.

Rechtswidriger Aufenthalt ohne Aufenthaltstitel

Britinnen und Briten, die „jetzt erst ohne vernünftigen Grund im Sinn des Austrittsabkommens einen Antrag stellen oder gar keinen Antrag stellen“, hielten sich nach Ablauf des visafreien Aufenthalts rechtswidrig in Österreich auf. „Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist daher hier dazu berufen, diesen rechtswidrigen Aufenthalt zu beenden.“ Im Zuge des Verfahrens finde dann „natürlich die bisherige Aufenthaltsdauer und Integration in Österreich Berücksichtigung“, so das Innenministerium.

Kooperation der britischen Botschaft mit Innenministerium

Die neue britische Botschafterin in Österreich, Lindsay Skoll, erklärte auf Anfrage der APA: „Wir warten ab, bis genaue Zahlen vorliegen über alle Anträge, die bis zum Fristende eingetroffen sind, und werden die Situation dann bewerten. Wir arbeiten weiterhin in enger Abstimmung mit dem österreichischen Innenministerium zusammen“, so die Diplomatin, die gestern ihr Beglaubigungsschreiben überreichte.

Bescheinigung bis Anfang Juli 2022

Britinnen und Briten, die trotz eines fristgerechten Antrags im Vorjahr noch auf ihre neue Aufenthaltskarte warten, können übrigens weiterhin mit der Bescheinigung über die Antragstellung ihren rechtmäßigen Aufenthalt nachweisen und auch reisen, wie das Innenministerium auf eine entsprechende Frage bestätigte: Die Bescheinigung werde „jedenfalls bis Anfang Juli 2022“ – also dem Ende der sechsmonatigen Entscheidungsfrist für Anträge zum spätestmöglichen Zeitpunkt – anerkannt sein, „im Einzelfall natürlich auch darüber hinaus, wenn das Verfahren noch andauert“. Für Polizistinnen und Polizisten sei die Antragstellung auch in einer internen Datenbank ersichtlich, „sodass Briten keine Angst haben müssen, ihren legalen Aufenthalt im Rahmen einer allfälligen Kontrolle nicht nachweisen zu können“.

„EU Settlement Scheme“ in Großbritannien

Im Vereinigten Königreich endete die Frist für eine Antragstellung im Rahmen des im Frühjahr 2019 gestarteten „EU Settlement Scheme“ mit 30. Juni 2021. Bis Ende November – das sind auch hier die aktuellsten verfügbaren Zahlen – gingen laut Daten des britischen Innenministeriums insgesamt 6.340.200 Anträge ein, 287.800 davon nach der Deadline. Abgeschlossen wurden bis Ende November 5.992.100 Ansuchen. Von den mehr als fünfeinhalb Millionen Anträgen von Bürgern der EU-27 bis Ende Juni 2021 stammten rund 24.400 von Österreichern.