Schriftsteller und Publizist Navid Kermani
Kroesing Media Group / Dietrich Kühne
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Europäische Literaturtage

Auszeichnung für Navid Kermani

Zum Abschluss der Europäischen Literaturtage in Krems ist gestern der Ehrenpreis des Österreichischen Buchhandels (HVB) für Toleranz in Denken und Handeln an Navid Kermani verliehen worden.

Der diesjährige Preisträger nahm die Ehrung durch HVB-Präsident Benedikt Föger im Klangraum Minoritenkirche entgegen. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.

Für die Würde des Einzelnen

„Sowohl in seinem wissenschaftlichen Werk wie auch in seinen Romanen, Reportagen und Reden eröffnet Navid Kermani seinen Leser*innen einen profunden Blick auf wenig beachtete Lebens- und Erfahrungswelten. Seine Literatur ist im besten Sinne transreligiös und transkulturell und zeigt Haltung im Angesicht von Ungerechtigkeit und Unmenschlichkeit. Kermani steht damit für die Würde des Einzelnen ein – unabhängig von Herkunft oder religiösem Bekenntnis. Sein Engagement für eine offene, tolerante Gesellschaft und sein konsequenter Einsatz für die Menschenrechte und den Frieden machen ihn zu einem idealen Preisträger“, so die Begründung der Jury.

Der Ehrenpreis ist die höchste Auszeichnung, die der österreichische Buchhandel zu vergeben hat. Er wird seit 1990 an Personen vergeben, die sich in ihrem Werk und durch ihr Engagement für Toleranz gegenüber anderssprachigen und kulturell anders geprägten Nachbarn in herausragender Weise eingesetzt haben und somit einen Beitrag zu einem friedlichen Europa geleistet haben.

„Mein Heimatland“ ist die deutsche Sprache

Navid Kermani, geboren 1967, ist habilitierter Orientalist und war Long Term Fellow am Wissenschaftskolleg Berlin. Für sein akademisches und literarisches Werk wurde er u.a. mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Zu den aktuellen Büchern des deutsch-iranischen Publizisten und Schriftstellers zählen „Entlang der Gräben. Eine Reise durch das östliche Europa bis nach Isfahan“ und „Ungläubiges Staunen. Über das Christentum“. Die Laudatio in Krems hielt Diedrich Diederichsen. Kermani dankte („Mein Heimatland, meine Nation ist die deutsche Sprache, die deutsche Literatur. Meine Existenz verdanke ich dem Buchhandel“) für den Preis, zeigte sich beeindruckt vom Duo 4675 (Astrid und Beate Wiesinger sorgten mit Saxofon und Kontrabass für die stimmungsvolle musikalische Gestaltung der Feier), las aus seinem 2011 erschienenen Roman „Dein Name“ und sprach dann mit Literaturexpertin Katja Gasser über seine Arbeit.

Toleranzpreis für Navid Kermani

Dem deutsch-iranischen Schriftsteller Navid Kermani wurde der „Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln“ verliehen.

Ideal einer „Weltbürgerschaft“

Im Gespräch äußerte Kermani seine Skepsis gegenüber dem Anspruch, durch Sprache alles genau benennen und eindeutig bezeichnen zu wollen. Beunruhigt zeigte er sich auch über wachsendes religiöses Nichtwissen, das den Verlust eines Referenzraums für gesellschaftliche Werte mit sich bringe. Zu aktuellen Problemen wie Pandemie und Klimawandel meinte Kermani, diese seien nur global lösbar, und formulierte das Ideal einer „Weltbürgerschaft“ mit grenzüberschreitendem Verantwortungsbewusstsein. Mit der märchenhaften Geschichte vom Seufzerkobold aus dem Roman „Dein Name“ schloss Kermani: Allein durch die Frage, was man sich wünscht, macht es der Kobold dem Seufzenden etwas leichter.