Raubgut

Deutschland will ab 2022 erste Benin-Bronzen restituieren

Mit den angekündigten Rückgaben von Kunstschätzen der als Raubgut geltenden Benin-Bronzen an Nigeria nimmt Deutschland aus Sicht der Bundesregierung international eine Vorreiterrolle ein.

Angesichts der für das nächste Jahr vorgesehenen Restitutionen könne Deutschland das erste Land sein, das tatsächlich Bronzen zurückgebe, sagte Kulturstaatsministerin Monika Grütters am Freitag dem Sender RBB Kultur.

„Historische und moralische Verantwortung“

„Wir stellen uns der historischen und moralischen Verantwortung Deutschlands, koloniale Vergangenheit ans Licht zu holen und aufzuarbeiten“, hatte die CDU-Politikerin am Donnerstagabend nach der von ihr einberufenen informellen Runde gesagt. „Der Umgang mit den Benin-Bronzen ist dafür ein Prüfstein.“ Neben größtmöglicher Transparenz werden laut Grütters „vor allem substanzielle Rückgaben angestrebt“. Bis zum 15. Juni solle eine Aufstellung aller im Besitz der Museen befindlichen Benin-Bronzen veröffentlicht werden.

Objekte aus britischen Plünderungen

Bronzen aus dem Königspalast des damaligen Königreichs Benin sind in zahlreichen deutschen Museen zu finden. Die Objekte stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897. Auch im Berliner Humboldt Forum sollen nach bisherigen Plänen solche wertvollen Kunstschätze ausgestellt werden. Das Ethnologische Museum verfügt über rund 530 historische Objekte aus dem Königreich Benin, darunter etwa 440 Bronzen.

Auswirkungen auf Österreich

Dessen Museumsleiter und Afrika-Spezialist Jonathan Fine wird mit 1. Juli wissenschaftlicher Direktor des Weltmuseums Wien, weshalb die Debatte um Rückgabe ethnologischer Museumsbestände an ihre Herkunftsländer auch hierzulande neuen Schwung erhalten dürfte. Denn Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums – das Weltmuseum ist im KHM-Museumsverband angesiedelt – hatte bei der Bekanntgabe der Personalie bereits angekündigt: „Der Fokus seiner Arbeit in Berlin liegt auf der Provenienzforschung mit dem Schwerpunkt Benin und Kamerun. Das wird er in Wien nahtlos fortsetzen.“

Kritik an Einigung

Der Historiker und Afrikawissenschaftler Jürgen Zimmerer kritisierte die Einigung. „So erfreulich das einmütige Bekenntnis zur substanziellen Restitution ist, so enttäuschend ist das Ergebnis des Benin-Gipfels insgesamt“, sagte der Professor an der Universität Hamburg am Freitag. Statt „bedingungsloser Verpflichtung zur Rückgabe von Raubkunst“ sei nur vage von einem „substanziellen Teil“ die Rede.

Zusammenarbeit der Museen

Neben Gesprächen zum Aufbau eines in Benin-City geplanten Museums und den Rückführungen soll zudem die Zusammenarbeit zwischen deutschen und nigerianischen Museen und Einrichtungen weiter vorangebracht werden. Dazu zählen etwa die Ausbildung zukünftiger Kuratorinnen und Kuratoren, Museumsmanagerinnen und Museumsmanager sowie der Aufbau kultureller Infrastrukturen. Dabei soll die Agentur für internationale Museumskooperationen des Auswärtigen Amtes eine wichtige Rolle spielen.