Tomate Kidney, traditionelle mexikanische Tomate
OMAR TORRES / AFP / picturedesk.com
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Alles Tomate

Heute wurde ich in die Tiefe der Erde eingesetzt. Es ist ganz schön dunkel hier unten und das Einzige, was ich sehe, sind ein paar Gliederfüßer, die vor mir sterben. Irgendwas stimmt nicht mit mir, ich wachse schneller als gedacht, aber ich weiß nicht wieso.

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Ana Grilc

Nach ein paar Tagen erblickte ich das Licht der Welt und war geschockt. Ich sah Hunderte Tomatensträucher, die alle kräftige Früchte trugen. Ich hatte Angst, dass ich diesen hohen Anforderungen nicht gewachsen sein und aussortiert werde. Ich wartete geduldig bis ich groß und stark für die Ernte wurde und genoss in diesen heißen Tagen die Sonne.

Projektteilnehmerinnen
ORF

Bereits früh am Morgen kümmerten sich die Arbeiterinnen und Arbeiter um uns. Sie spritzten komisches Gift aus, das Schädlinge anscheinend von uns fernhalten sollte. Als die Sonne in der Mitte des Himmels stand, kippte plötzlich ein Arbeiter um. Alle außer einer wollte ihm helfen, aber der Chef erlaubte es nicht. Sie hatten alle keine Schutzanzüge an, mussten in der prallen Hitze arbeiten und das ganze Gift gelangte auf deren Haut. Das war schon alltäglich. Das Komische war, dass ich grün geerntet wurde. Ich wurde mit vielen anderen Tomaten verpackt und musste ungefähr 1.500 km von Süditalien nach Österreich transportiert werden.

Mann mit einer Tomate in der Hand anlässlich einer Demonstration von Arbeitsmigranten in der süditalienischen Stadt Foggia in Apulien. Bei Unfällen kamen 16 Menschen ums Leben.
ROBERTO D’AGOSTINO / AFP / picturedesk.com

Als ich im Supermarkt einsortiert wurde, war ich plötzlich rot. Wenn ich nicht in den nächsten Tagen von Konsumenten gekauft worden wäre, würde ich weggeschmissen werden. Doch ich Glückliche wurde gekauft. Das Glück währte nicht lange, denn ich wurde mit vielen anderen Gemüse- und Obstsorten in eine Schale geworfen und wenige Tage später weggeworfen. Es hätte auch ein glückliches Ende nehmen können, dass ich verkocht wäre. Aber, that’s life!

Ein Text von Iris Erber, Privatgymnasium der Herz-Jesu-Missionare in Salzburg. Der Text entstand im Rahmen der Auseinandersetzung mit Umweltthemen und dem Film „Das neue Evangelium“ von Milo Rau.