Pädagogin Monika Novak-Sabotnik
ORF
ORF
Let’s go viral!

Täglich die Sorgen von der Seele schreiben

Das BG/BRG für Slowenen in Klagenfurt / Slovenska gimnazija v Celovcu ist die Schule der slowenischen Volksgruppe in Kärnten. Der Unterricht läuft in slowenischer und deutscher Sprache. Es gibt auch einen Schulzweig, in dem Italienisch als dritte Unterrichtssprache angeboten wird.

Logo „Let’s go viral!“
Ana Grilc

Die SchülerInnen lernen auch Russisch, Spanisch, Französisch. Diese SchülerInnen sind also sprachliche Wunderwuzzis. Schon lange besuchen nicht nur mehr Kinder aus der slowenischen Volksgruppe diese Schule. Prof. Monika Novak-Sabotnik unterrichtet am Slowenischen Gymnasium Religion und Geschichte.

Wie läuft es beim Distance Learning?

Novak-Sabotnik: Es besteht vor allem für die jüngeren SchülerInnen ein enormer Druck, da sie sich auf eine ganz andere Art des Lernens umstellen müssen. Zu Hause können die Eltern oft nicht helfen, Dinge so zu lernen, wie es vom Lehrer erwünscht ist.

Sind wir alle gut vorbereitet auf das digitale Schulzeitalter?

Novak-Sabotnik: Wir sind da ja alle recht unvorbereitet hineingestolpert. Wir haben viel zu wenig Schulungen und alle am Unterrichtsprozess beteiligten müssten das gleiche Equipment haben. Eine Sache sind die veralteten PCs, die andere ist der Umgang mit dem Digitalen. Da müssen wir jetzt alle schnell dazulernen. Es kann nicht sein, dass die SchülerInnen 24 Stunden vor den Bildschirm hängen. Es muss eine Balance gefunden werden. Wichtig ist auch, dass die PädagogInnen und SchülerInnen die Mechanismen des Digitalen erkennen, hinterfragen und kritisch mit diesen Instrumenten lernen umzugehen.

Naja, 24 Stunden, das ist übertrieben. Aber 18 Stunden werden es schon, wenn ich die digitalen Freizeitaktivitäten vor dem Handy und Fernseher dazurechne.

Novak-Sabotnik: Ich denke, dass es ganz wichtig ist, dass die SchülerInnen sich fragen, was macht die Situation mit mir. Die Situation kann, wenn sie nicht besprochen wird, sehr bedrohlich auf SchülerInnen wirken. Wenn man in die Medien sieht, wird man mit Bedrohlichem bombardiert. Dazu kommt in vielen Familien die Gefahr, dass die Eltern den Job verlieren. Viele Eltern leben in Scheidung, die Folgen dessen für die Kinder haben sich in der Corona-Krise für die Kinder verschärft. Das sind alles sehr extreme Situationen und es ist schwer für die Kinder, da sie ja jetzt oft auf sich alleine gestellt sind, einen klaren Kopf zu behalten.

Was macht das mit den SchülerInnen, da sie sich nicht mehr treffen können?

Novak-Sabotnik: Ich denke schon, dass Kinder vereinsamen können. Sie haben jetzt oft nicht die Möglichkeit, Face-to-Face mit wem zu sprechen. Gott sei Dank kontaktieren mich meine SchülerInnen nicht nur wegen des Stoffes, sondern auch, wenn es ihnen schlecht geht. Es geht jetzt darum, dass die Erwachsenen den Kindern Mut machen. Man sollte Eltern und LeherInnen sagen, dass jetzt nicht die Zeit ist, um zu Jammern. Was die Jugend jetzt braucht, ist eine Perspektive, gute Laune, Lachen und alternative Angebote, wie man auch in der Krise die Zeit sinnvoll und vor allem freudvoll gestalten kann. Kinder und Jugendliche haben das Recht auf ein sorgenfreies Leben, da kann jeder von uns etwas beitragen.

Was haben sie konkret ihren SchülerInnen geraten?

Novak-Sabotnik: Ich habe meinen SchülerInnen die Aufgabe gegeben, ein Tagebuch zu führen. Das Distance Learning ging ja oft über Wochen. Die Schüler haben mir ihre Einträge und Fotos per Mail zugeschickt und um ehrlich zu sein, diese Tagebucheinträge hauen mich im Grunde meines Herzens um. Sie sind so faszinierend, so wunderschön und so tiefgründig. Ich habe meinen SchülerInnen geraten, diese Tagebücher aufzuheben, denn sie sind große Dokumente ihres Lebens. Es sind Zeugnissen dessen, wie es ihnen während der Krise ging, was sie für Gefühle hatten und was sich im Laufe der Wochen veränderte. Da ist auch viel Potenzial für echtes Lernen darin.

Monika Novak-Sabotnik ist Professorin für Religion und Geschichte am BG/BRG für Slowenen in Klagenfurt / Slovenska gimnazija v Celovcu.