Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen bei ihrer ersten Rede zur Lage der Union vor dem Europäischen Parlament. (16.9.2020)
JOHN THYS / AFP / picturedesk.com
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Europäische Union

Seenotrettung als Pflicht und nicht optional

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat gefordert, dass die Rettung von Flüchtlingen aus Seenot Teil der EU-Migrationspolitik sein muss.

Die Seenotrettung sei Pflicht und nicht optional, sagte von der Leyen heute vor dem Europaparlament.

Neues und von EU mitverwaltetes Lager auf Lesbos

Nach dem Brand im griechischen Flüchtlingslager Moria bekräftigte sie gleichzeitig den Plan, als Pilotprojekt auf der Insel Lesbos ein neues und von der EU mitverwaltetes Lager aufzubauen. Die Bilder des abgebrannten Flüchtlingslagers Moria seien „eine schmerzliche Erinnerung an die Notwendigkeit, dass Europa zusammenkommt“, sagte von der Leyen in ihrer ersten Rede zur Lage der Europäischen Union. Hier müsse jeder in Europa Verantwortung übernehmen. Länder, die mehr belastet seien, müssten auf die Solidarität der anderen EU-Mitglieder zählen können.

„Neuer Pakt zu Migration“

Die EU-Kommission will kommenden Mittwoch einen „neuen Pakt zu Migration“ mit einem Vorschlag für die seit Jahren umstrittene EU-Asylreform vorlegen und dabei die Dublin-Regeln über Bord geworfen werden. „Wir werden die Dublin-Verordnung abschaffen“, sagte von der Leyen vor dem Europaparlament. „Wir werden es durch ein neues europäisches System zur Migrationssteuerung ersetzen.“ Dieses werde „gemeinsame Strukturen zu Asyl und Rückführen“ haben und „einen neuen starken Solidaritätsmechanismus“ beinhalten. „Wir müssen eine klare Unterscheidung treffen zwischen denen, die ein Bleiberecht haben, und denen, die kein Bleiberecht haben“, sagte sie. Zudem gehe es darum, Menschenschmuggler stärker zu bekämpfen, den Schutz der Außengrenzen zu stärken und legale Wege nach Europa zu schaffen.

Dublin-Regeln

Die bisherigen Dublin-Regeln legen fest, dass für Asylanträge grundsätzlich das EU-Land zuständig ist, in dem ein Flüchtling zuerst europäischen Boden betritt. Dies führte dazu, dass Länder an den Außengrenzen der Union in der Flüchtlingskrise vollkommen überlastet waren und dann vielfach die Ankommenden in andere EU-Staaten weiterreisen ließen.

Reform bisher an der Frage der Verteilung gescheitert

Seitdem strebt die EU eine Reform ihres Asylsystems an. Alle Versuche waren bisher aber an der Frage der Verteilung von Flüchtlingen gescheitert. Insbesondere osteuropäische Regierungen, aber auch Österreich, lehnen die Aufnahme von Menschen kategorisch ab, um Hauptankunftsländer an den EU-Außengrenzen wie Griechenland oder Italien zu entlasten.

„Irini“ abseits der Flüchtlingsrouten

Bei der Seenotrettung hatte die EU-Marinemission „Sophia“ vor Libyen zwischen 2015 und Anfang 2019 rund 45.000 Menschen aus Seenot gerettet. Sie wurde aber eingestellt, weil sich Italien nicht mehr bereit erklärte, die Schiffe mit den geretteten Menschen in seine Häfen zu lassen. Das Einsatzgebiet der 2020 ins Leben gerufenen Nachfolge-Mission „Irini“ liegt nun abseits der Flüchtlingsrouten von Libyen nach Europa.