Mit der Unterschrift stoppte der rechte Staatschef heute vorläufig ein Gesetz, das die Behörden verpflichten würde, Indigenen und einer Gruppe von Schwarzen Zugang zu Trinkwasser, Desinfektionsmitteln und ärztlicher Versorgung zu garantieren.
Veto gegen „Indigene, indigene Dörfer und Quilombolas“
Wie die österreichische Brasilien-Expertin Ursula Prutsch von der Universität München der APA mitteilte, habe der Präsident sein Veto gegen „Indigene, indigene Dörfer und Quilombolas“ eingelegt. „Die Quilombolas sind Nachfahren ehemaliger Sklaven, die entflohen waren und Land besetzt hatten (die Quilombos). In Brasilien gibt es etwa 200 solcher Quilombolas, das sind Mini-Gemeinden, deren Landrechte durch die Verfassung geschützt sind. Freilich sind die Nachfahren Afro-Brasilianer. Doch das ist eine marginale Gruppe. Quilombolas gelten als eigene Ethnie.“
Sterblichkeit in diesen Gruppen fast doppelt so hoch
Ein Richter am Obersten Gerichtshof verpflichtete die Regierung daraufhin zu einer Reihe von Maßnahmen zum Schutz der indigenen Bevölkerung. So sollen ein Krisenkomitee eingerichtet, ein Pandemieplan zum Schutz der Ureinwohner ausgearbeitet und der Zugang der Indigenen zum Gesundheitswesen garantiert werden, ordnete Luís Roberto Barroso heute an. Indigenen-Verbände hatten zuvor erklärt, dass bereits mehr als 10.000 Ureinwohner mit dem Coronavirus infiziert seien und die Sterblichkeit in dieser Gruppe fast doppelt so hoch sei wie im Rest der Bevölkerung.
Bolsonaro mit Coronavirus angsteckt
Am Tag zuvor hatte Bolsonaro mitgeteilt, sich mit dem Coronavirus angesteckt zu haben. „Schaut mich an, mir geht es gut“, sagte er, als er nach seiner Ansprache vor Journalisten ein paar Schritte zurückging und die Maske abnahm. „Das Leben geht weiter.“ Er will in den kommenden Tagen in seiner Residenz in Brasília bleiben und die Regierungsgeschäfte über Videoschalten führen. Für diese Woche geplante Reisen nach Bahia und Minas Gerais sagte Bolsonaro ab.
Brasilien einer der Brennpunkte der Corona-Pandemie
Die Zahl der Corona-Toten im größten Land Lateinamerikas stieg indes binnen 24 Stunden um 1.254 – das ist einer der höchsten Werte der vergangenen Wochen. Brasilien ist neben den USA derzeit einer der Brennpunkte der Corona-Pandemie. Bislang haben sich in dem lateinamerikanischen Land 1,6 Millionen Menschen nachweislich mit dem Coronavirus infiziert, 66.741 Patienten sind im Zusammenhang mit der Lungenkrankheit Covid-19 gestorben. Experten gehen davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen noch deutlich höher liegen, da in Brasilien nur recht wenig getestet wird.
Laxer Umgang Bolsonaros mit Pandemie
Wegen seines laxen Umgangs mit der Pandemie steht Bolsonaro schon seit langem in der Kritik. Er bezeichnete die Lungenkrankheit Covid-19 immer wieder als „leichte Grippe“ und stemmte sich gegen Schutzmaßnahmen. Er zeigte sich häufig ohne Mundschutz in der Öffentlichkeit, löste Massenaufläufe aus und machte Selfies mit Anhängern. Seine eigene Erkrankung könnte ihm politisch jetzt sogar nützen. Nimmt sie bei ihm einen leichten Verlauf, dürfte er sich als lebender Beweis inszenieren, dass das Virus nicht besonders gefährlich sei. Erwischt es ihn doch heftiger, kann er zumindest auf Solidarität und Mitgefühl setzen.