Der Vorsitzende des Zentralkomitees der Juden in Österreich , Gideon Eckhaus , im Interview mit der APA (12.3.2005)
APA/Wolfgang Sablatnig
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Israel

Gideon Eckhaus in Tel Aviv gestorben

Gideon Eckhaus, langjähriger Präsident des Zentralkomitees der Juden aus Österreich in Israel, ist heute, wenige Tage vor seinem 97. Geburtstag, in Tel Aviv gestorben.

Dies teilte Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) in einer Aussendung mit. Auch Bundespräsident Van der Bellen, Politiker und Politikerinnen sowie die Generalsekretärin des Nationalfonds äußerten sich tief betroffen.

Präsident des Zentralkomitees der Juden aus Österreich

Gideon Eckhaus wurde am 3. Juli 1923 als Sohn des Kaufmanns Karl Eckhaus und dessen Frau Sabine in Wien geboren. 1935 schloss er sich dem zionistischen Jugendverband an. 1938 konnte er nach Palästina fliehen. Sein Vater wurde in Auschwitz ermordet. Seine Mutter war bereits 1934 verstorben, sein Bruder überlebte in den USA. Eckhaus selbst beteiligte sich später als glühender Zionist am Aufbau des Staates Israel und arbeitete später an der Integration jugendlicher Einwanderer. Einen Großteil seines Lebens widmete er sich als Präsident des Zentralkomitees der Juden aus Österreich den aus Österreich stammenden Israelis. Seit 1994 war Eckhaus maßgeblich an den Restitutionsverhandlungen mit der österreichischen Regierung beteiligt. Er war auch Vorsitzender der Israelisch-Österreichischen Gesellschaft Tel Aviv.

„Wenn er gesprochen hat, wurde es ruhig um ihn herum“

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bekundete seine Trauer mit den Worten: „Ich erinnere mich noch gut an meine Begegnungen mit ihm in Tel Aviv im Café der Altösterreicher, die wie er vor den Nazis fliehen konnten. Wenn er gesprochen hat, wurde es ruhig um ihn herum. Seinen Angehörigen möchte ich meine tief empfundene Anteilnahme in dieser schweren Stunde aussprechen“, sagte der Nationalratspräsident.

„Wird uns als Mahner und Zeitzeuge sehr fehlen“

„Österreich verdankt Gideon Eckhaus sehr viel. Er war für einen Dialog mit unserem Land offen und trug maßgeblich dazu bei, dass wir heute ein ehrlicheres Bild über unsere Geschichte und die Rolle der Österreicher in der Shoah haben und unserer historischen Verantwortung nachkommen“, betonte Außenminister Schallenberg. "Gideon Eckhaus wird uns als Mahner und Zeitzeuge sehr fehlen. Es liegt nun immer mehr an uns, die Erinnerung und die Lehren, die wir aus der Vergangenheit ziehen müssen, zu bewahren. Gideon Eckhaus wird uns auch als warmherziger und engagierter Mensch fehlen.“

„Sich stets für die Gerechtigkeit stark gemacht“

Die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) erinnerte an die Flucht von Eckhaus vor den Nazis: „Hastig floh er aus Wien, bestieg in Triest ein Schiff und flüchtete nach Palästina. Gideon Eckhaus musste 1938 seine Heimat zurücklassen – um zu überleben. (…) Vor drei Jahren habe ich Gideon Eckhaus in Jerusalem getroffen. In Israel engagierte er sich als Vorsitzender der Vereinigung der aus Österreich stammenden Juden und Jüdinnen in Israel. Er war ein Kämpfer, ein starker und selbstbestimmter Mensch, der sich stets für die Gerechtigkeit stark gemacht hat.“ Auf Hebräisch fügte Bures den jüdischen Totensegen hinzu: „Toda, Gideon. Baruch Dayan HaEmet (Danke, Gideon. Gelobt sei der wahrhaftige Richter).“

„Die Verantwortung unseres Landes einzumahnen“

Auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat Gideon Eckhaus heute gewürdigt. „Mit Gideon Eckhaus ist ein großer Österreicher gestorben. Er war einer der vielen jüdischen Österreicherinnen und Österreicher, die vertrieben wurden, denen die Heimat, Hab und Gut, vor allem aber Verwandte und Freunde von den Nazis und Mitläufern geraubt wurden“, erklärte der Bundespräsident in einer Aussendung. Eckhaus habe sich Zeit seines Lebens für die Rechte von nach Israel geflüchteten Österreicherinnen und Österreichern eingesetzt und nicht davor zurückgescheut, „die Verantwortung unseres Landes einzumahnen“. Er sei für die Menschen, für deren Rechte er kämpfte und für das Bewusstsein Österreichs „eine unverzichtbare und unvergessliche Persönlichkeit“, betonte Van der Bellen.

Österreich verliert „wortgewaltigen Zeitzeugen und Mahner“

„Die Nachricht vom Tod von Gideon Eckhaus erfüllt mich mit großer Traurigkeit“, betonte auch Hannah Lessing, die Generalsekretärin des Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus. „Gideon Eckhaus, der große Kämpfer für die Anliegen der Überlebenden des Holocaust, war mir mit seiner unermüdlichen Kraft immer ein Vorbild. Österreich verliert mit ihm einen wortgewaltigen Zeitzeugen und Mahner, die Schrecken des Nationalsozialismus nicht zu vergessen.“ In eindrücklicher Erinnerung bleibt sein Engagement, mit dem er aus Österreich stammende Überlebende in Israel unterstützte – sei es in sozialer Hinsicht durch Treffen in dem kleinen Vereinslokal in Tel Aviv oder durch Unterstützung bei der Beantragung von Entschädigungsleistungen oder Pensionen aus Österreich, betonte der Nationalfonds in einer Aussendung.

Vermächtnis von „Nie wieder“ weitertragen

Gideon Eckhaus sei in all den Jahren ein wichtiger Partner und Wegbegleiter gewesen, so weiter. Anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Nationalfonds sagte er: "Unsere Hoffnung besteht darin, dass der Nationalfonds seine bisherige Arbeit weiterhin ausführt und zusätzlich durch Austausch sowohl von Jugend- als auch Pensionistengruppen und durch Organisationen weltweit für die Nachkommen der Opfer die Erinnerung wachhält, um eine Wiederholung des Geschehens mit aller Kraft zu vermeiden. „Nie Wieder“ – Ein Vermächtnis, das es weiterzutragen gilt, so Hannah Lessing.