Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) anlässlich der PK „Coronavirus: Aktuelles“ im Bundeskanzleramt in Wien. (6.4.2020)
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com
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Coronavirus

Schrittweise Wiederaufnahme des Normalbetriebs

Die Regierung hat heute bei einer Pressekonferenz einen Stufenplan zur Wiederaufnahme des wirtschaftlichen und sozialen Normalbetriebs vorgestellt, wobei der Handel Mitte April zumindest teils wieder startet.

Für Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ist die Osterwoche „die entscheidende Woche“, die „ausschlaggebend dafür ist, ob eine Wiederauferstehung nach Ostern stattfinden kann“, sagte er.

„Situation nach wie vor extrem angespannt“

Er betonte außerdem, dass „die Situation nach wie vor extrem angespannt“ ist. „Nur weil die Zahlen zurückgehen, ist die Gefahr nicht gebannt“, sagte der Bundeskanzler. Österreich sei noch nicht „über den Berg“, es wäre „fahrlässig das anzunehmen“. „Jeder der glaubt, dass die Situation gelöst ist, der irrt. Jeder der glaubt, dass Leid ein Ende hat und Menschen nicht mehr sterben werden, der irrt. Die Zahlen der Toten wird es weiter geben, Gott sei Dank auf deutlich niedrigerem Niveau als in Italien, Spanien, Frankreich und anderen Ländern“, sagte Kurz. Es müsse aber das soziale und wirtschaftliche Leben weitergehen.

Kleine Geschäfte öffnen nach Ostern

Die Bevölkerung habe in den vergangenen drei Wochen, seit die strengen Ausgangsbeschränkungen in Kraft sind, „großes geleistet“. Nun gehe es darum, sich noch „eine Woche zu 100 Prozent zusammenzureißen“. Nach vier Wochen Einschränkung „gibt es dann den ersten großen Schritt“ mit der Öffnung der kleinen Geschäfte „am Dienstag nach Ostern“. Dann gehe es darum, die Zahlen weiterhin genau zu beobachten. „Wenn sie sich weiter in die richtige Richtung entwickeln, erfolgt der nächste Schritt mit 1. Mai“, kündigte Kurz an. An diesem Tag können alle Geschäfte für den Verkauf von Waren, also auch größere als jene mit bis zu 400 Quadratmetern, die schon nach Ostern öffnen können, sowie Friseure unter strengen Auflagen den Betrieb wieder aufnehmen.

Abstandsmaßnahmen und die maximale Kundenanzahl

Wenn die Geschäfte in Österreich wieder öffnen, liege es an den Betreibern selbst, sicherzustellen, dass die Abstandsmaßnahmen und die maximale Kundenanzahl von einer Person pro 20 Quadratmeter eingehalten werden: „Wir haben weder die Kapazität noch die Lust vor jedes Geschäft einen Polizisten zu stellen. Wir glauben an Eigenverantwortung und vertrauen darauf, dass die Betreiber von Geschäftslokalen kein Interesse haben, dass sie selbst krank werden und schon gar kein Interesse daran, dass ihre Kunden krank werden“, sagte Kurz. Natürlich werde es aber stichprobenartige Kontrollen geben. Für Hotellerie und Gastronomie wurde eine Wiederaufnahme des Betriebs Mitte Mai in Aussicht gestellt.

Schulen bis Mitte Mai geschlossen

Ausgesetzt bleibt bis Mitte kommenden Monats auch der Schulunterricht. Matura und Lehrabschlussprüfungen sollen aber unter Sicherheitsvorkehrungen wie etwa Mundschutz stattfinden. Auch an den Unis kann es Prüfungen geben, die Lehrveranstaltungen bleiben jedoch online.

Keine Veranstaltungen bis Ende Juni

„Wir haben Großartiges geleistet. Ich bin überzeugt, dass wir stärker und besser aus dieser Krise herauskommen werden als andere“, ergänzte Vizekanzler Werner Kogler. „Es wird eine große Kunst sein, diesen Weg fortzusetzen und ständig abzuwägen, was die nächsten günstigen Schritte sind“, sagte Kogler und bedankte sich bei der Bevölkerung, die mitmacht. „Hätten wir zu langsam und unkonkret gehandelt, wären die Zahlen völlig anders“, verwies Kogler auf Modellrechnungen mit bis zu 100.000 Toten. Österreich habe mit einem Mix aus Freiwilligkeit und verordneten Maßnahmen und Empfehlungen den richtigen Weg gewählt, dieser müsse nun weitergegangen werden, sagte Kogler. Dass Veranstaltungen bis Ende Juni nicht stattfinden können, sei zwar eine „schmerzliche Erkenntnis“, Kogler betonte aber, dass damit ein „verantwortungsvoller Weg“ beschritten werde.

Auch wenn Österreich bei den Zahlen der Infizierten den „stärksten Rückgang in der Europäischen Union“ verzeichnen würde, sei dies nur ein Etappenerfolg, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Die Gesundheit stehe im Mittelpunkt, die kontrollierte Öffnung erfolge Schritt für Schritt. Dadurch sei man in der Lage, „wenn etwas schief gehen würde die Notbremse ziehen zu können“, sagte der Gesundheitsminister, der heute auch seinen umstrittenen „Oster-Erlass“ zurückzog. Dieser sei nicht notwendig, die Verkehrsbeschränkungen alleine reichten, um Corona-Partys aufzulösen.

Auch zu Ostern an Ausgangsbeschränkungen halten

Mit Blick auf die bevorstehenden Osterfeiertage appellierte Kurz, sich an die Ausgangsbeschränkungen zu halten. Es gebe in einem Staat Bereiche, die man nicht mehr regeln kann und wo man auf den Einzelnen vertrauen muss, konstatierte der Bundeskanzler. „Die Polizei wird nicht in Wohnungen nachschnüffeln“, sagte er. „Ich vertraue darauf, dass jeder Einzelne ein Interesse daran hat, Familienmitglieder nicht zu gefährden“, sagte Kurz.

Weitere Entscheidungen Ende April

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) stellte klar, dass die Lockerungsmaßnahmen sofort zurückgenommen werden, wenn die Fallzahlen wieder entsprechend steigen sollten. Dann werde die „Stopptaste“ gedrückt, ergänzte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Wenn notwendig würde nachgeschärft. Für die nächsten vier Wochen nach Ostern gebe es eine „fixe Perspektive“, alle weiteren Entscheidungen „werden Ende April getroffen“, kündigte Kurz an.

Neuer Erlass bezüglich Veranstaltungen

Die Österreicher würden sich vorbildlich verhalten, sagte der Innenminister. Das müsse die nächsten acht Tage auch so bleiben. Noch heute will das Gesundheitsministerium einen neuen Erlass den Behörden übermitteln, der klar regelt, dass keine Veranstaltungen, dies übrigens bis Ende Juni, erlaubt sind und Begräbnisse nur im familiären Kreis mit maximal 30 Personen sowie Hochzeiten nur im kleinsten Kreis mit höchstens zehn Personen erlaubt sind. Mit dem neuen Erlass soll für die Exekutive auch die Möglichkeit geschaffen werden, bei Verstößen gegen die Ausgangsbeschränkungen „Organstrafen zu verhängen“, kündigte Nehammer an. Der Strafrahmen nach dem Covid-19-Maßnahmengesetz reicht bis zu 3.600 Euro. Die Verwaltungsstrafen gehen bis zu 3.600 Euro. Die Verwaltungsstrafen werden jedoch nicht von den Landespolizeidirektionen, sondern von den zuständigen Bezirksverwaltungsbehörden verhängt.

Keine Reisefreiheit

Der Bundeskanzler hatte am Wochenende für Aufregung gesorgt, indem er in mehreren Interviews betonte, dass es bis zur Entwicklung einer Impfung oder einer Therapie gegen das Coronavirus „die Reisefreiheit, wie wir sie gekannt haben, nicht geben“ werde. Das werde jedenfalls, so lange das Coronavirus die Welt beschäftigt, so bleiben, betonte er heute. In viele Länder der Welt dürfen Österreicher derzeit nicht reisen, in einigen Nachbarländern müsse man in Quarantäne, in andere können nicht gereist werden. „Die Situation ist wie sie ist, da gibt es nichts schönzureden, das ist die Realität“, sagte Kurz. Primäres Ziel sei nunmehr, „dass wir die Krankheit im Idealfall ausrotten oder auf ganz niedrigem Niveau in Schach halten“, betonte der Bundeskanzler.