Die Situation im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos, aufgenommen am 8.3.2020. Moria besteht seit 2015 und beherbergt derzeit laut Schätzungen 23.000 Menschen, obwohl es nur für wenige Tausend ausgerichtet ist.
TINA SCHWAHA / APA / picturedesk.com
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Coronavirus

EU-Politiker warnt vor Katastrophe auf Lesbos

Angesichts der Coronavirus-Pandemie hat Erik Marquardt, grüner EU-Parlamentarier aus Deutschland, vor einer Katastrophe in den griechischen Flüchtlingslagern gewarnt.

Mit Blick auf das überfüllte Flüchtlingscamp Moria auf der Insel Lesbos nannte Marquardt es im Interview mit der Nachrichtenagentur AFP „absurd, dass es auf der einen Seite in Griechenland eine Straftat ist, sich mit mehr als zehn Leuten auf der Straße zu treffen, wenn wir andererseits Orte in Europa haben, an denen 20.000 Menschen eng zusammengepfercht“ leben müssten.

Hygienische Situation „grausam“

„Wenn die Menschen nicht von der Insel evakuiert werden, wird es in absehbarer Zeit zu einer Katastrophe kommen“, warnte Marquardt. Die hygienische Situation in Moria nannte Marquardt, der sich seit rund drei Wochen auf Lesbos aufhält, „grausam“. In „weiten Teilen des Lagers“ gebe es keine Toiletten, die Bewohner seien teilweise gezwungen, Windeln zu tragen. Allein deshalb seien viele Bewohner von Moria gesundheitlich geschwächt. „Unabhängig von der Altersstruktur gehören viele Menschen zur Risikogruppe, weil man sie in einer humanitären Notlage jahrelang zurückgelassen hat“, kritisierte Marquardt.

Helfer könnte Coronavirus einschleppen

Um auf die Probleme aufmerksam zu machen, habe er eine Kampagne unter dem Hashtag „LeaveNoOneBehind“ mit initiiert. Lösungen für die sich anbahnende „Menschheitskrise“ müssten „vom Staat getroffen werden, mit einer europäischen Kraftanstrengung“, forderte der Grünen-Politiker weiter. Hilfsorganisationen hätten zwar derzeit noch Zugang zu dem für weniger als 3000 Menschen ausgelegten Flüchtlingslager. Marquardt sprach jedoch von einer „schwierigen Lage“. Einerseits gebe es einen Mangel an humanitärer Hilfe, andererseits drohe die Gefahr, dass ehrenamtliche Helfer aus dem Ausland das Coronavirus in das Flüchtlingslager einschleppen könnten. „Das muss man vermeiden“, betonte Marquardt.

Massive Versäumnisse bei Rechtsstaatlichkeit in Griechenland

Marquardt prangerte auch massive Versäumnisse bei der Rechtsstaatlichkeit in Griechenland an. Er sei „als EU-Parlamentarier, aber auch als Europäer beschämt“ angesichts des Umgangs der griechischen Sicherheitsbehörden mit den Geflüchteten. Griechenland habe ohne Not das Asylrecht außer Kraft gesetzt, zudem gebe es in dem Land „teilweise versteckte Einrichtungen, in denen illegale Abschiebungen und Folter“ stattfänden.